Philosophie Lexikon der ArgumenteHome | |||
| |||
Naturzustand: In der Philosophie ist der Naturzustand ein hypothetischer Zustand, in dem die Menschen ohne Regierung oder soziale Ordnung leben. Er wird häufig als Ausgangspunkt für Überlegungen über die Ursprünge der Gesellschaft und die Rolle der Regierung verwendet. Siehe auch Staat, Regierung, Gesellschaft, Gemeinschaft._____________Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente. | |||
Autor | Begriff | Zusammenfassung/Zitate | Quellen |
---|---|---|---|
John Locke über Naturzustand – Lexikon der Argumente
Höffe I 249 Naturzustand/Locke/Höffe: (...) den Naturzustand [versteht Locke] nicht als Gedankenexperiment, sondern historisch (...): frühe politische Einheiten wie Rom und Venedig und jeder andere «friedliche Anfang von Regierungen ist durch die Übereinkunft des Volkes gelegt worden»(1). Vernunft: Locke führt allerdings nicht bloß geschichtliche Belege an, sondern beruft sich in argumentativer Zweideutigkeit Höffe I 250 immer wieder auf eine zweite Instanz, die Vernunft, die «offensichtlich auf unserer Seite» (ebd.) steht. >Vernunft/Locke. Naturzustand: Der Naturzustand besteht in einem «Zustand des Friedens, des Wohlwollens, des gegenseitigen Beistands und der Erhaltung»(2). Anders als die älteren Vertragstheoretiker kann Locke den Naturzustand so positiv, beinahe idyllisch bestimmen, weil er ihn schon unter ein Naturgesetz (law of nature), das moralische Gesetz der Natur, stellt. Ursprung: Darunter versteht Locke wie in den frühen Versuchen über das Naturgesetz eine überpositive, absolut verbindliche praktische Norm göttlichen Ursprungs. >Frieden. Pflichten: Nach ihrem Inhalt ist es eine Pflicht, die laut Locke sowohl durch die Vernunft als auch durch die Offenbarung erkennbar ist: das Schädigungsverbot. Hobbes: In Hobbes' Naturzustand hat jeder «ein Recht auf alles, selbst auf den Körper eines anderen»(3), womit Rechtlosigkeit herrscht. LockeVsHobbes: Locke hingegen leitet aus dem Schädigungsverbot den Rechtsanspruch auf die Unverletzlichkeit der drei Grundgüter Leben, Freiheit und >Eigentum ab. Mit diesen Gedanken greift er zweifellos Grundbedingungen des modernen Rechts- und Verfassungsstaates vor. Göttlicher Ursprung: Mit der Berufung auf einen göttlichen Ursprung, also eine vernunftexterne Autorität, lässt er sich aber nicht wie Hobbes (...) auf eine tiefere Begründung ein. Freiheit: Wegen des genannten Naturgesetzes leben die Menschen im Naturzustand in «vollkommener Freiheit». Jeder Mensch ist als absoluter Herr seiner eigenen Person und Besitztümer («absolute Lord of his own person and possessions»(4): den Göttern gleich und niemandem untertan. Gleichwohl unterliegt er einer Einschränkung: Nur innerhalb der Grenzen des Naturgesetzes darf er seine Handlungen so lenken (Prinzip Freiheit) und über seinen Besitz (Prinzip Besitz/Eigentum) und seine Person (Prinzip Leib und Leben) so verfügen, wie es ihm am besten erscheint. >Krieg/Locke, > Gesellschaftsvertrag/Locke. Höffe I 251 Vorvertraglicher Zustand: Zu den Verbindlichkeiten, die in Lockes vorvertraglichem Naturzustand herrschen, gehört das Recht, mangels einer öffentlichen Gewalt die Verletzung der einschlägigen göttlichen und natürlichen Gebote selbst zu ahnden. Den einzigen Ausweg, den Naturzustand zu verlassen, sieht Locke im Einrichten einer politischen oder bürgerlichen Gesellschaft(5). Sie besteht in einem «politischen Körper», sprich: staatsförmigen Gemeinwesen, das seine Legitimation durch die freie Zustimmung der Mitglieder, vernunftbegabter Lebewesen, also durch einen Gesellschaftsvertrag erhält. >Gesellschaftsvertrag/Locke. Höffe I 252 Bei Locke zeichnet sich der Naturzustand nicht wie bei vorangehenden Vertragstheoretikern durch einen latenten Krieg, sondern durch eine zweifache Rechtsunsicherheit aus: Die Menschen haben nicht immer genügend Macht, um ihr Recht durchzusetzen, und falls sie die Macht haben, droht die Gefahr, dass sie sich zu viel nehmen. >Macht, >Vertragstheorie. 1. Locke, Second treatise of Government, 1689/90, § 104 2. Ebenda § 19 3. Hobbes, Leviathan I 14 4. Second treatise of Government, 1689/90, §123 5. Ebenda, Kap VII_____________ Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der ArgumenteDer Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente. |
Loc III J. Locke An Essay Concerning Human Understanding Höffe I Otfried Höffe Geschichte des politischen Denkens München 2016 |