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Generationengerechtigkeit : Unter Generationengerechtigkeit versteht man die Vorstellung, dass die heutigen Generationen eine moralische Verpflichtung gegenüber den künftigen Generationen haben. Siehe auch Gerechtigkeit.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

John Rawls über Generationen-Gerechtigkeit – Lexikon der Argumente

I 128
Generationengerechtigkeit/Rawls: es ist die Frage, ob die Personen in einem angenommenen Anfangszustand einer zu errichtenden Gesellschaft Pflichten und Verpflichtungen gegenüber Dritten, insbesondere ihrer direkten Nachkommen haben. Das Prinzip der Gerechtigkeit als Fairness möchte seine Prinzipien aber nicht aus solchen Erwägungen ableiten.
>Fairness/Rawls
, >Gesellschaft/Rawls, >Gerechtigkeit/Rawls.
Dennoch nehme ich an, dass die Personen zwar nicht ihre eigene Lebensspanne in Kontinuität berücksichtigen, aber dennoch wird sich ihr Goodwill über wenigstens zwei Generationen erstrecken.
I 208
Generationengerechtigkeit/Rawls: Da die Mitglieder der Gesellschaft ein Interesse haben, ihren Abkömmlingen gleiche Freiheitsrechte zu sichern, gibt es keinen Konflikt über die Wahl des Prinzips gleicher Freiheiten. Ein Sohn könnte z.B. nicht argumentieren, dass der Vater seine Interessen vernachlässigte, würde er das Prinzip gleicher Freiheiten akzeptieren. Der Vater müsste bei einer Abweichung davon zuungunsten anderer argumentieren, dass diese anderen Vorteile entstünden, wenn sie erwachsen werden.
I 284
Generationengerechtigkeit/Rawls: Diese Frage fordert jede ethische Theorie heraus. Sie hängt davon ab, wie die sozialen Mindeststandards definiert werden.
I 286
Soziale Mindeststandards/Rawls: hier gibt es zwei Probleme:
a) es kann nicht genug angespart werden oder
b) die Besteuerung greift bei einer Anhebung des Minimums zu stark.
Dann beginnt die Situation der am schlechtesten Gestellten, sich zu verschlechtern.
Die Frage der Sparrate ist oft diskutiert worden(1)(2)(3)(4)(5).
I 287
Generationengerechtigkeit/Rawls: Die Schlussfolgerung ist, dass die größeren Vorteile künftiger Generationen hinreichend groß sein werden, um die gegenwärtigen Opfer zu kompensieren. Das kann allein deshalb schon wahr sein, weil spätere Generationen bessere Technologie zur Verfügung haben.
RawlsVsUtilitarismus: Der Utilitarismus zwingt uns dazu, den Ärmeren größere Opfer aufzuerlegen für die Späteren, denen es vielleicht schon aufgrund anderer Umstände besser gehen wird.
Das gegenseitige Aufrechnen macht aber zwischen Generationen nicht so viel Sinn wie zwischen Zeitgenossen.
>Utilitarismus, >VsUtilitarismus.
Vertragstheorie/Vertragsdoktrin/Rawls: Die Vertragsdoktrin betrachtet das Problem aus Sicht der Anfangssituation einer zu errichtenden Gesellschaft. Hier wissen die Beteiligten nicht, zu welcher Generation sie gehören, wenn sie sich für die Gesellschaftsform und ihre Ausgestaltung entscheiden sollen. Nun sollen sie sich fragen, wieviel sie bereit sind, anzusparen, wenn alle anderen dasselbe tun. Dadurch sollen sie ein Prinzip des gerechten Sparens aufstellen, dass für alle gilt.
>Vertragstheorie.
I 288
Einzig die Angehörigen der allerersten Generation profitieren nicht davon, aber niemand weiß, zu welcher Generation er gehört.
I 289
Das Prinzip des gerechten Sparens zwingt aber nicht dazu, auf ewig weiter zu sparen. Details sind zu späteren Zeitpunkten zu klären.
Jede Generation hat ihre eigenen, angemessenen Ziele. Generationen sind einander ebenso wenig unterworfen wie Individuen es sind. Keine Generation hat besondere Ansprüche.
I 290
Sparen/Sparrate/Wohlstand/Rawls: Das letzte Stadium muss keines des Überflusses sein. Das Prinzip der Gerechtigkeit fordert nicht frühere Generationen zu sparen, damit spätere mehr haben. Vielmehr geht es beim Sparen um die Ermöglichung einer besseren Ausprägung einer gerechten Gesellschaft und gleicher Freiheiten. Wenn mehr angespart wird, ist es für andere Zwecke. Es wäre ein Missverständnis zu denken, die Verwirklichung einer guten und gerechten Gesellschaft müsse warten bis ein hoher Lebensstandard erreicht ist.
I 291
Generationengerechtigkeit/Alexander Herzen/Rawls: Herzen These: Die menschliche Entwicklung ist eine Art chronologischer Unfairness, denn die Späteren profitieren von der Arbeit der Früheren, ohne denselben Preis zu zahlen.(6)
>A. Herzen.
Generationengerechtigkeit/Kant: Kant sah es als befremdlich an, dass frühere Generationen ihre Last lediglich zugunsten der späteren tragen und das diese als einzige das Glück haben werden, in einem vollendeten Gebäude wohnen zu dürfen(7).
>Generationengerechtigkeit/Kant.

1. Siehe A. K. Sen „On Optimizing the Rate of Saving“, Economic Journal, Bd. 71, 1961.
2. J. Tobin, National Economic Policiy, New Haven, 1966, Kap. IX.
3. R.M. Solow, Growth Theory, New York, 1970, Kap. V.
4. Frank P. Ramsey, „A Mathematical Theory of Saving“, Economic Journal, Bd. 38, 1928, Nachdruck in Arrow and Scitovsky, Readings in Welfare Economics.
5. T.C. Koomans, „On the Concept of Optimal Economic Growth“ (1965), In: Scientific Papers of T. C. Kopmans, Berlin, 1970.
6. Zitat aus Isaiah Berlin’s Einführung zu Franco Venturi, Roots of Revolution, New York, 1960 S. xx.
7. Kant: „Idea for a Universal History with a Cosmopolitan Purpose“, Zitiert aus Hans Reiss (Hrsg.) Kant, Political Writings, Cambridge, 1970, S. 44.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Rawl I
J. Rawls
A Theory of Justice: Original Edition Oxford 2005

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