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Toleranz: Toleranz ist die Bereitschaft, Meinungen, Überzeugungen, Verhaltensweisen oder Lebensweisen anderer Menschen zu akzeptieren, selbst wenn sie sich von den eigenen unterscheiden.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

John Rawls über Toleranz – Lexikon der Argumente

I 214
Toleranz/Toleration/Rawls: Das charakteristische Merkmal von Argumenten für Bewusstseinsfreiheit und Gedankenfreiheit ist, dass sie nur auf einem Begriff von Gerechtigkeit basiert sind. Toleranz wird nicht von praktischen Notwendigkeiten oder Staatsräson hergeleitet. Moral und Religionsfreiheit folgen aus dem Prinzip der gleichen Freiheiten für alle. Eine Begrenzung kann nur damit begründet werden, dass sonst größeres Unrecht oder ein Verlust an Freiheit folgen würde.
>Recht
, >Gerechtigkeit, >Ungerechtigkeit, >Moral, >Religion, >Religionsfreiheit, >Religiöser Glaube, >Freiheit.
Argumente für Freiheit leiten sich nicht von speziellen metaphysischen oder philosophischen Doktrinen her. Sie setzen auch nicht voraus, dass alle Wahrheiten auf eine Weise gedanklich hergeleitet werden können, die dem Common Sense entsprechen; auch nicht, dass alles in einem definierbaren Sinn eine logische Konstruktion aus beobachtbaren rationalen wissenschaftlichen Untersuchungen ist.
>Common sense.
Es wird tatsächlich an den Common Sense appelliert, aber ohne diese weiteren Annahmen.
I 216
Toleranz/Locke/Rousseau/Th. Von Aquin/Aquinas/Rawls: Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen Rousseau und Locke, die für begrenzten Toleranz eintraten, und Th v. Aquin und den protestantischen Reformern, die dies nicht taten.(1)(2)
Locke und Rousseau begrenzten die Freiheit auf der Grundlage dessen, was sie als klare und offensichtliche Konsequenzen der öffentlichen Ordnung hielten. Wenn Katholiken und Atheisten nicht zu tolerieren waren, dann deshalb, weil es offensichtlich erschien, dass man sich nicht darauf verlassen konnte, dass solche Leute sich an die Grenzen der Zivilgesellschaft hielten.
>J. Locke, >J.-J. Rousseau, >Zivilgesellschaft.
RawlsVsLocke/RawlsVsRousseau: Vielleicht hätte ein größerer historischer Überblick die beiden davon überzeugt, dass sie sich irrten.
Intoleranz/Protestanten/Th. v. Aquin/Aquinas/Rawls: Für Thomas und die protestantischen Reformer sind die Gründe der Intoleranz dagegen selbst im Glauben verwurzelt. Das ist ein entscheidender Unterschied, dann in diesem Moment können sie nicht mehr mit empirischen Argumenten widerlegt werden.
>Th. v. Aquin.
Intoleranz/Rawls: Muss Intoleranz toleriert werden? Bsp Einige politische Parteien in demokratischen Staaten würden verfassungsrechtliche Freiheiten einschränken, wenn sie die Macht hätten. Bsp Es gibt Menschen, die Positionen an Universitäten innehaben, und die gleichzeitig intellektuelle Freiheiten ablehnen. Es könnte scheinen, dass die Toleranz gegenüber diesen im Widerspruch zu den Prinzipien der Gerechtigkeit stünde. Wir diskutieren das am Beispiel religiöser Toleranz:
I 217
Frage:
1. Hätte eine religiöse Sekte Grund, sich zu beklagen, wenn sie nicht toleriert wird?
2. Unter welchen Umständen haben tolerante Sekten Grund, andere, intolerante Sekten nicht zu tolerieren?
3. Wenn sie dieses Recht haben, zu welchem Zweck sollte es ausgeübt werden?
Ad 1.: Eine Person hat nur das Recht sich beklagen, wenn Prinzipien verletzt werden, die sie selbst respektiert. Ansonsten handelt sie widersprüchlich. Ein Problem kann es sein, wenn eine spezielle Interpretation einer religiösen Wahrheit in ihrer Gültigkeit auf die Gemeinschaft ausgedehnt werden soll.
I 218
Ad. 2.: Tolerante Sekten haben kein Recht, intolerante Sekten zu unterdrücken. Diese hätten aufgrund des Gerechtigkeitsprinzips das Recht, sich zu beklagen, und zwar über eine Verletzung des Gerechtigkeitsprinzips. Frage: rechtfertigt eine Bedrohung der Sicherheit der toleranten Sekten eine Ausnahme? Das folgt aus dem in der Anfangssituation einer zu errichtenden Gesellschaft akzeptierten Recht auf Selbsterhalt.
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Ad 3.: Grundsätzlich wird die Stabilität einer wohlgeordneten Gesellschaft durch die zwei Prinzipien der Gerechtigkeit gewährleistet.
>Prinzipien/Rawls.
Diese Stabilität bewirkt auch, dass die Menschen darauf vertrauen, dass diese Wohlordnung nicht sofort durch intolerante Phänomene bedroht wird. Eine Ausnahme bildet eine Sekte, die sich schnell zu einer Bedrohung ausweitet.

1. Für die protestantischen Reformer siehe J.E.E.D. Acton, „The Protestant Theory of Persecution“ in The History of Freedom and Other Essay, London, 1907;
2. Für Locke siehe J. Locke, A Letter Concerning Toleration, inkl. The Second Treatise of Government, Hrsg. J. W. Gough, Oxford, 1946, S. 156-158.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Rawl I
J. Rawls
A Theory of Justice: Original Edition Oxford 2005

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