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Kollektive Intelligenz: Kollektive Intelligenz bezieht sich auf die Fähigkeit einer Gruppe, Probleme zu lösen, Entscheidungen zu treffen und Ideen gemeinsam zu entwickeln, was oft zu Ergebnissen führt, die die Anstrengungen des Einzelnen übertreffen. Siehe auch Intelligenz, Künstliche Intelligenz.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Cass R. Sunstein über Kollektive Intelligenz – Lexikon der Argumente

I 23
Kollektive Intelligenz/Sunstein: Bei Befragungen von zufällig ausgeählten Gruppen erfährt man meist sehr genau, was Leute denken, Bsp Wahlprognosen, Beliebtheit von TV-Sendungen usw.
Etwas anderes ist es, wenn man erfahren möchte, was wahr ist, nicht was die Leute glauben. Hier gibt es berühmte Beispiele:
Hazel Knight fragte schon vor viele Jahren Studenten, wie warm es im Raum sei. Schätzungen differierten stark, das Mittel traf den korrekten Wert aber ziemlich genau.(1)
Wenn Leute die Anzahl von Bohnen in einem Gefäß schätzen sollen, ist es ähnlich.(2)
I 24
Der Britische Wissenschaftler Francis Galton ließ das Gewicht eines Ochsen auf einer Versteigerung schätzen. Das Ergebnis war auf ein Pfund genau.(3)
Sunstein: Frage: sollte sich eine Firma bei der Neueinstellung von Mitarbeitern auf das Urteil der bisherigen Mitarbeiter verlassen? Und sollten Menschen bei Entscheidungen über ihr Leben andere befragen und das Durchschnittsergebnis befolgen? Wie ist es bei Umweltmaßnahmen?
I 25
Durchschnitt/Sunstein: In welchen Situationen ist ein Durchschnitt gebildet aus vielen Meinungen sinnvoll? Siehe Zufälligkeit:
I 27
Zufälligkeit: Die Wahrscheinlichkeit, dass Gruppen richtig liegen, ist höher, wenn diese Gruppen zufällig zusammengestellt sind.
>Entscheidungstheorie/Condorcet
.
I 33
Problem/Sunstein: Man muss leider Expertise bei den Beteiligten voraussetzen, damit das Ergebnis kollektiver Entscheidungen im Sinn tatsächlicher Gegebenheiten ausfällt. In zwei Arten von Fällen wird das Urteil einer statisch ausgewählten Gruppe falsch sein:
a) wenn es eine Tendenz im Hinblick auf ein bestimmtes Ergebnis bei den Mitgliedern gibt
b) wenn die Antworten schlechter ausfallen, als es bei zufälligen Antworten der Fall wäre.
I 34
Versuchspersonen werden oft durch sogenannte Anker fehlgeleitet, z.B. Zahlen, die in eine Erklärung eingestreut werden. Genauso werden Richter beeinflusst. Je größer nun Gruppen werden, desto größer ist die Gefahr, dass ein solcher Anker sich auswirkt ((s) da für jedes Mitglied ja derselbe Anker wirksam ist).(4)
>Ankereffekt.
I 41
Statistik: Sollten Statistische Erkenntnisse stärkere Berücksichtigung finden? Das hängt davon ab, ob die befragten Experten in einer Position waren, gute Antworten zu liefern, die dann statistisch ausgewertet werden können.
I 49
Gemeinschaft/Aristoteles: Wenn mehrere zusammenkommen (…) kann jeder seinen Teil beitragen an Tugend und moralischer Klugheit (…) und einige werden etwas, andere etwas anderes einsehen und alle zusammen werden alles einsehen.(5)
I 54
Sunstein: Hier ist das Ganze die Summe seiner Teile und das ist auch das, was angestrebt wurde. Das ist eine Lesart von Aristoteles Vorschlag, dass eine Gruppe besser funktioniert als einige Wenige der Besten. Aber es gibt auch die Sicht, dass eine Gruppendiskussion mehr liefert als die Summe der Teile. Eine Form der Informationsgewinnung, bei der der Austausch von Ansichten kreative Lösungen erbringt.
Es kann aber noch andere Formen geben, sodass durch Synergieeffekte und Lernen die Leistung einer Gruppe die der besten Mitglieder übertrifft.(6)
I 56
Da aber bei Beratungen Uniformität herbeigeführt und Vertrauen in ein Ergebnis wird, kann dieses am Ende favorisiert werden, auch wenn es Fehler birgt.
>Diskurs, >Diskurstheorie.
I 66
Gruppendruck/Solomon Asch: in einem berühmt gewordenen Experiment zeigte Asch, wie Gruppenmitglieder auf eine eindeutig falsche Einschätzung der Gruppe einschwenkten, nachdem sie zuvor richtige Einschätzungen (in Bezug auf die Länge von Linien) abgegeben hatten.(7)
>Konformität, >Konformität/Asch.
Investmentclubs treffen manchmal schlechte Entscheidungen, wenn die Mitglieder durch zu enge soziale Bindungen verknüpft sind und abweichende Meinungen zensiert werden.(8), (9)
I 70
Vertreter von Minderheiten in Gruppen verhalten sich oft zurückhaltender und entwickeln weniger Gewicht (10). Konkret: sie sprechen weniger und üben weniger Einfluss aus.(11)
>Minderheiten, >Mehrheiten.

1. Lorge et al., “A Survey of Studies Contrasting the Quality of Group Performance and Individual Performance, 1920–1957,” 344.
2. See Surowiecki, The Wisdom of Crowds, p. 5
3. Surowiecki, pp. xi–xiii.
4. Lorge et al. P. 346.
5. Aristotle, Politics, trans. E. Barker (London: Oxford University Press, 1972), 123.
6. See David J. Cooper and John H. Kagel, “Are Two Heads Better Than One? Team versus Individual Play in Signalling Games,” American Economic Review 95 (2005): 477; Gigone and Hastie, “Proper Analysis,” 143–53 (offering some examples of group success, while showing that such success is not typical).
7. See the overview in Solomon Asch, “Opinions and Social Pressure,” in Readings about the Social Animal, ed. Elliott Aronson (New York: W. H. Freeman, 1995), 13.
8. See Brooke Harrington, Pop Finance: Investment Clubs and the New Ownership Society (Princeton, NJ: Princeton University Press, forthcoming).
9. See José M. Marques et al., “Social Categorization, Social Identification, and Rejection of Deviant Group Members,” in Hogg and Tindale, Group Processes, pp. 400, 403.
10. See Glenn C. Loury, Self-Censorship in Public Discourse: A Theory of “Political Correctness” and Related Phenomena, Boston University, Ruth Pollak Working Paper Series on Economics (1993), p 3.
11. See Caryn Christensen and Ann S. Abbott, “Team Medical Decision Making,” in Decision Making in Health Care, ed. Gretchen B. Chapman and Frank A. Sonnenberg (Cambridge, UK: Cambridge University Press, 2000), 272–76 (discussing effects of status on exchange of information in group interactions).

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Sunstein I
Cass R. Sunstein
Infotopia: How Many Minds Produce Knowledge Oxford 2008

Sunstein II
Cass R. Sunstein
#Republic: Divided Democracy in the Age of Social Media Princeton 2017

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