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Kreationismus: Der Kreationismus ist eine Ansicht, die versucht, die wissenschaftliche Evolutionstheorie mit dem Glauben an einen Schöpfergott in Einklang zu bringen. Kreationisten glauben in der Regel, dass Gott das Universum und alles Leben erschaffen hat, dass er aber die Evolution als einen Mechanismus dazu benutzt hat. Es ist wichtig zu wissen, dass der Kreationismus keine wissenschaftliche Theorie ist. Es handelt sich um eine religiöse Überzeugung, die nicht durch wissenschaftliche Beweise gestützt wird. Siehe auch Evolution, Darwinismus.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Stephen Jay Gould über Kreationismus – Lexikon der Argumente

II 12
Kreationismus/Gould: In den USA gibt es seit Beginn der 80er Jahre eine Wiederbelebung der Pseudowissenschaft des "Kreationismus", der tatsächlich ein genau bemessenes Zeitkontigent im Unterricht an Schulen beanspruchen darf.
II 251 ff
Kreationismus/Gould: Dass der Kreationismus neuerdings wieder in der Diskussion ist, ließe Außenstehende vermuten, dass etwas Neues entdeckt worden ist. Ist es aber nicht.
Def Kreationismus/Gould: Kreationismus ist die Lehre, nach der die Welt als Ganzes geschaffen wurde.
Nach der Entdeckung der Fossilien hieß es dann, die Fossilien seien zusammen mit der Welt geschaffen worden, von der man annahm, sie sei erst wenige Jahrtausende alt.
Der jüngste Aufstieg des Kreationismus ist ganz einfach Politik als Resultat der wiedererstarkten Aktivitäten der evangelikalen Gruppierung. Reagan unterstützte das.
"Theorie" bedeutet in der amerikanischen Umgangssprache so etwas wie "unvollkommene Tatsache". So können die Kreationisten argumentieren, die Evolution sei "nur" eine Theorie unter anderen. So kommt es zu einem scheindemokratischen Gestus, verschiedene Theorien nebeneinander "zuzulassen".
II 252
Theorie/Gould: Nun, die Evolution ist eine Theorie. Sie ist auch eine Tatsache.
Tatsachen und Theorien sind verschiedene Dinge, nicht Stufen innerhalb einer Hierarchie zunehmender Sicherheit.
>Theorien
.
II 253
Die endgültigen Beweise der Mathematik und Logik erlangen ihre endgültige Sicherheit gerade, weil sie sich nicht mit der empirischen Welt befassen.
Die Evolutionisten erheben keinen Anspruch auf letztgültige Wahrheit, obwohl Kreationisten das im Allgemeinen tun.
"Tatsache" kann im wissenschaftlichen Bereich nur bedeuten, dass "etwas in einem solchen Ausmaß bestätigt ist, dass es widernatürlich wäre, die völlige Zustimmung vorzuenthalten." Bsp Ich nehme an, dass Äpfel morgen anfangen könnten, zu schweben, aber diese Möglichkeit rechtfertigt nicht, dass im Physikunterricht dieser Möglichkeit der gleiche Zeitaufwand gewidmet wird.
II 254
Die Vertreter des Kreationismus behaupten, ihre Theorie sei "wissenschaftlich" im Sinne Poppers, weil er versucht, die Evolution zu zerstören.
Gould: Der "wissenschaftliche Kreationismus" ist genau deswegen gerade eine sich selbst widersprechende Lehre, weil er nicht widerlegt werden kann.
II 255
Unschlagbare Systeme sind Dogmen, keine Wissenschaften.
Die Kreationisten haben in letzter Zeit ihre Argumentation gestrafft. Sie sagen jetzt: These: Dass Gott nur "Grundtypen" geschaffen hat. Und beschränkte Abweichungen im Rahmen der Evolution unter diesen Typen zugelassen habe. So stammen Zwergpudel und Doggen vom Hundetypus ab, aber der Mensch nie und nimmer von Affen, so wie ein Hund sich nicht in eine Katze verwandeln kann.
Überprüfbarkeit/Verifikation/Gould: Wir könnten durch wissenschaftliche Untersuchungen nichts über den kreativen Prozess herausbringen, der vom Schöpfer angewandt worden ist.
- - -
IV 81
Kreationismus/Gould: Wenn Adam von Gott dennoch mit einem Nabel ausgestattet wurde, so dann deshalb, weil Gott uns mit einer geordneten Vergangenheit ausgestattet hat. Auch wenn die Erde nur ein paar tausend Jahre alt ist, die Fossilien geben uns das Bild einer viel älteren Erde, aber nur, weil Gott uns dieses Bild verschaffen will.(1)
IV 83
GouldVsGosse: Problem: Gott hat bei der Erschaffung der Fossilien gelogen, indem er uns den Eindruck einer viel älteren Erde vorspiegelt.
Philip Henry Gosse: These: Alle natürlichen Prozesse spielen sich in einem endlosen Kreis ab. Gott musste als Schöpfer irgendwo in diesen Kreis einbrechen. Wo immer das geschah, musste sein Werk die Spuren vorheriger Stadien des Kreises tragen. Huhn und Ei sind zu Gottes Vergnügen gleichzeitig da, und jedes mit den Vorgängerspuren des anderen.
IV 86
Gould: Problem: Die Fossilien sind erst vor kurzem erschaffen, inklusive des Abriebs an den Zähnen! Das Flusspferd hätte seinen Mund gar nicht schließen können, ohne dass sein Gebiss abgeschliffen gewesen wäre.
IV 90
Kreationismus: heute: Kreationisten weisen Gosse deswegen zurück. Die heutige Theorie ist aber noch lächerlicher: Sämtliche Fossilien seien Überreste der Sintflut.
IV 91/92
Gosse: Wir können überraschenderweise gar nicht beweisen dass Gosse Unrecht hatte, aber auch nicht, dass er recht hatte: Theorien, die aber prinzipiell nicht überprüfbar sind, werden in der Wissenschaft abgelehnt. Gosse selbst katapultierte sich aus der Wissenschaft heraus: "Es gibt keinen sichtbaren Unterschied zwischen der prochronischen und der diachronischen Entwicklung".(2)
IV 92
J. L. BorgesVsGosse: unfreiwilliger Nachweis, dass eine Schöpfung aus dem Nichts absurd ist: Gosse beweist indirekt, dass das Universum endlich und ewig ist, wie es sich die Vedanta, Heraklit, Spinoza und die Atomisten vorgestellt haben."(3).
IV 281
Kreationismus/Art/Gould: Der Kreationismus glaubt, dass jede Art mit einer Reihe nicht reduzierbarer Merkmale ausgestattet ist. Dagegen Darwinismus: Es gibt keine feststehenden Merkmale.
>Evolution, >Erklärung, >Darwinismus.



1. Philip Henry Gosse. Omphalos: an Attempt to Untie the Geological Knot. 1857.
2. Ebenda
3. J. L. Borges. "The Creation and P.H.Gosse". in: Other Inquisitions, 1937-1952. 1964 University of Texas Press.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Gould I
Stephen Jay Gould
Der Daumen des Panda Frankfurt 2009

Gould II
Stephen Jay Gould
Wie das Zebra zu seinen Streifen kommt Frankfurt 1991

Gould III
Stephen Jay Gould
Illusion Fortschritt Frankfurt 2004

Gould IV
Stephen Jay Gould
Das Lächeln des Flamingos Basel 1989

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