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Schleier des Nichtwissens: Der Schleier der Unwissenheit ist ein Gedankenexperiment, das der amerikanische Philosoph John Rawls 1971 in seinem Werk Eine Theorie der Gerechtigkeit (Deutsch 1975) vorstellte. Es dient als leistungsfähiges Instrument zur Bewertung der Fairness und Unparteilichkeit gesellschaftlicher Strukturen und Institutionen. Wir sind dabei gebeten uns vorzustellen, dass wir uns unserer eigenen sozialen Position, wie z. B. unserer Rasse, unseres Geschlechts, unseres sozioökonomischen Status und unserer natürlichen Talente, nicht bewusst sind. In diesem hypothetischen Zustand haben wir die Aufgabe, die Prinzipien zu entwerfen, die unsere Gesellschaft leiten sollen. Siehe auch Gerechtigkeit, Fairness, Unparteilichkeit, Gesellschaft.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Michael Sandel über Schleier des Nichtwissens – Lexikon der Argumente

Brocker I 672
Schleier des Nichtwissens/SandelVsRawls/Sandel: Rawls „Schleier des Nichtwissens“ in einem angenommenen >Ausgangszustand einer zu errichtenden Gesellschaft
, bei dem die Menschen nicht wissen, welche Rolle sie später spielen werden, ist der Versuch, Kants transzendentales Subjekt ohne metaphysische Annahmen zu rekonstruieren. Siehe Schleier des Nichtwissens/Rawls.
SandelVsRawls: Problem: auf welchem Weg kommen die Bedingungen des Urzustands zustande, wenn sie nicht wie bei Kant das Ergebnis einer transzendentalphilosophischen Reflexion auf die nichtempirischen Bedingungen der Möglichkeit von Freiheit sein sollen?
Rawls: geht von einem „gegenseitigen Desinteresse“ der Menschen im Urzustand aus.
Sandel: Frage: was ist das Kriterium für „Plausibilität“ bzw. „Vernünftigkeit“, das dieser Konstruktion eines Ausgangszustands zugrunde liegt? (1) Siehe Anfang/Sandel, Intersubjektivität/Sandel.
Brocker I 675
SandelVsRawls: hinter dem Schleier des Nichtwissens wird gar nicht verhandelt, da die von Rawls angenommenen Subjekte gar keine unterschiedlichen Interessen haben. Der „Vertragsschluss“ beruhe daher nicht auf einer freien Übereinkunft sondern – eigentlich ganz im kantischen Sinn – auf der Erkenntnis, was eine derart konzipierte praktische Subjektivität von vorneherein an Gerechtigkeitsprinzipien impliziert. (2) Siehe Vertragstheorie/Sandel.

1. Michael Sandel, Liberalism and the Limits of Justice, Cambridge/New York 1998 (zuerst 1982), S. 48.
2. Ebenda S. 130, 132.

Markus Rothhaar, “Michael Sandel, Liberalism and the Limits of Justice” in: Manfred Brocker (Hg.) Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert. Frankfurt/M. 2018

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Sand I
Michael Sandel
The Procedural Republic and the Unencumbered Self 1984

Brocker I
Manfred Brocker
Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert Frankfurt/M. 2018

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