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Politik: Politik ist der Prozess der Entscheidungsfindung in Gruppen. Es geht darum, wie Menschen zusammenkommen, um Ressourcen zu verteilen, Streitigkeiten beizulegen und Entscheidungen darüber zu treffen, wie sie zusammenleben wollen. Siehe auch Demokratie, Gesellschaft.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Karl Barth über Politik – Lexikon der Argumente

Brocker I 234
Politik/Barth: Zur großen Überraschung von Gegnern wie Sympathisanten ersetzte Barth (…) im Sommer und Herbst 1938 seine bisher lediglich implizit politische Theologie durch eine dezidiert explizite. In mehreren Schriften (vgl. besonders Barth 1938b, 203-215; 1945a, 13-107) vertrat er nun die Auffassung, dass der nationalsozialistische Staat sich definitiv als durch und durch antichristlich, (auch weil!) antisemitisch und inhuman erwiesen habe und darum mit allen Mitteln, gegebenenfalls auch mit dem entschlossenen Einsatz militärischer Gewalt, zu bekämpfen sei.
>Nationalsozialismus/Barth
.
Barths Wende führte dazu, dass die meisten Protagonisten der Bekennenden Kirche sich von ihm abwandten. (1)
Brocker I 236
Politik/Glauben/Barth: Der Glaubende steht mit innerer Notwendigkeit im Bewusstsein »der politischen Verantwortung. Er weiß, dass das Recht, dass jeder wirkliche Anspruch, den ein Mensch dem Andern und den Andern gegenüber hat, unter dem besonderen Schutz des gnädigen Gottes steht. […] Er kann sich der Frage nach dem menschlichen Recht nicht entziehen. Er kann nur den Rechtsstaat wollen und bejahen. Mit jeder andern politischen Haltung würde er die göttliche Rechtfertigung von sich stoßen«.(2)
Brocker I 237
Herrschaft/BarthVsReformatoren/BarthVsLuther: Barth kritisiert die Rede ((s) der Reformatoren) von der „weltlichen Obrigkeit“ (3) als systematisch defizitär. Es sei unklar geblieben, »ob sie nämlich auch das Recht auf die Rechtfertigung, auch die politische Gewalt auf die Gewalt Christi begründet oder ob sie hier nicht heimlich auf einem anderen Grund gebaut« (4) hätten.
>Säkularisierung/Barth.
Brocker I 245
Theologie/Staat/Rechtfertigung/Barth: Barths Grundidee:, dass die Theologie »den verschiedenen politischen Gestalten und Wirklichkeiten gegenüber keine ihr notwendig eigentümliche Theorie zu vertreten« (5) habe. Christlich-theologisch sei stets nur »von Fall zu Fall, von Situation zu Situation [zu] urteilen«(6).
Politisches System: Wenn (…) von einem ethisch-theologisch legitimen politischen System nicht die Rede sein dürfe, so gebe es gleichwohl »eine unter allen Umständen zu erkennende und innezuhaltende Richtung und Linie der im politischen Raum zu vollziehenden christlichen Entscheidungen«. Diese dürften jedoch »nicht aus einem Rückgriff auf die problematische Instanz des sogenannten Naturrechts« (7) gewonnen werden, sondern mit Blick auf die »Gleichnisfähigkeit und Gleichnisbedürftigkeit des politischen Wesens«, als welches von Barth das »von der Kirche verkündigte[…] Reich Gottes« (8) verstanden wird.
Politisches System/Begründung/VsBarth: Argumentationslogisch wie politiktheoretisch sind gewisse strukturelle Schwächen von Barths theologischer Theorie des Politischen nicht zu übersehen. Weder die in Rechtfertigung und Recht
Brocker I 246
zu Hilfe genommene Redefigur von den Engelmächten noch die Analogielehre der späteren Schrift vermögen das Problem zu lösen, dass jenes »ewige Christus-Recht« als Ursprung und Orientierung legitimer Rechtsstaatlichkeit sich in den Raum des Politischen und vor allem der Politiktheorie nicht wirklich übersetzen lässt. An moderne Begründungsdiskurse des Politischen im Raum des säkularen Staates wird ein intrinsischer Anschluss gerade nicht hergestellt. Barth verweigert jede Reflexion auf eine subjekt- und vernunfttheoretische Deutung seiner eigenen theologischen Grundbegriffe, vor allem der fundamentalen Figur göttlicher Selbstoffenbarung (trotz mehr oder weniger offenkundiger ideengeschichtlicher und systematischer Konvergenzen).
>Rechtfertigung, >Letztbegründung, >Methode, >Theorien.

1. Martin Rohkrämer, »Karl Barth in der Herbstkrise 1938«, in: Evangelische Theologie 48/6, 1988, 521-545.
2. Karl Barth 1982, S. 434f
3. Karl Barth, Rechtfertigung und Recht, in: Theologische Studien 1, Zollikon 1938. Karl Barth, Rechtfertigung und Recht, in: ders., Rechtfertigung und Recht, Christengemeinde und Bürgergemeinde, Evangelium und Gesetz, Zürich 1998, S. 6
4. Ebenda S. 7
5. Karl Barth, »Christengemeinde und Bürgergemeinde« (1946), in: ders., Rechtfertigung und Recht, Christengemeinde und Bürgergemeinde, Evangelium und Gesetz, Zürich 1998 (b), S. 56
6. Ebenda S. 58
7. Ebenda
8. Ebenda S. 63.

Georg Pfleiderer, „Karl Barth, Rechtfertigung und Recht 1938)“ in: Manfred Brocker (Hg.) Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert. Frankfurt/M. 2018.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Barth, Karl

Brocker I
Manfred Brocker
Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert Frankfurt/M. 2018

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