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Geschichte: Geschichte ist die Lehre von der Vergangenheit, insbesondere von den Menschen, Ereignissen und Entwicklungen, die unsere Welt geprägt haben. Dabei geht es um den Teil der Vergangenheit, der durch das Bewusstsein bestimmt und erlebt wurde. Siehe auch Historiographie, Kultur.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Gayatri Chakravorty Spivak über Geschichte – Lexikon der Argumente

Brocker I 713
Geschichte/Geschichtsschreibung/Narration/Spivak: These: In der Geschichtsschreibung der gesamten kolonialen Periode bis hin zur Gegenwart wurden Aufstände immer wieder als ziellose und unorganisierte Gewaltakte verurteilt und in das kriminelle Terrain verschoben. Angesichts des Fehlens jeglicher institutioneller Bestätigung war es den Subalternen (siehe Klassen/Gramsci) nicht möglich, sich selbst zu vertreten oder ihre Interessen geltend zu machen. Die Unabhängigkeit der Widerstandskämpfer wurde als alleiniger Erfolg der nationalen Elite dargestellt. (1)
Lösung/Spivak: eine Erzählung der „Geschichte von unten“, Bsp das Projekt der South Asian Subaltern Studies Group, siehe Guha 1983 (2).
Brocker I 714
SpivakVs: Spivak kritisiert an diesem Projekt wiederum die Konstruktion einer glatten, subversiven und widerständigen subalternen Subjektivität, die in dieser Form nicht existiere. Diese sei vielmehr nach wie vor der Sichtweise eines eher klassisch-marxistischen Ansatzes zu verdanken. Spivak nennt diese Tendenz positivistisch.
SpivakVsPositivismus: Spivak bestreitet die Möglichkeit einer Wederherstellung des subalternen Bewusstseins oder Willens als positive Präsenz aus den kolonialen Archiven heraus.
Problem: die Falle besteht in dem Versuch, eine marxistische Analyse so vorzunehmen, dass die ehemaligen Klassenkämpfe schlicht durch die Aufstände der Subalternen ersetzt werden. (3)
Problem: damit werden die Subalternen erneut instrumentalisiert, und zwar als aufständische Agenten soziopolitischer Transformation innerhalb eines bürgerlich-humanistischen Modells.
Lösung/Spivak: stattdessen sollte es um eine neue Fokussierung gehen, die sich für die Verortung und Einschreibung der heterogenen Subjektpositionen interessiert.

1. Vgl. G. Ch. Spivak, IN other Words. Essays in Cultural Politics, New York/London 1988 S. 245.
2. Ranajit Guha, Elementary Aspects of Peasant Insurgery in Colonial India, Delhi 1983.
3. Vgl. Ileana Rodriguez, “Reading Subalterns across Texts, Disciplines and Theories. From Representation to Recognition”, in: I. Rodriguez (Ed.), The Latin American Subaltern Studies Reader 2001, S. 5f.

Nikita Dhawan, Gayatri Chakravorty Spivak “Can the subaltern speak?” in: Manfred Brocker (Hg.) Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert. Frankfurt/M. 2018
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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

PolSpiv I
Gayatri Ch. Spivak
Subaltern Studies. Deconstructing Historiography New York/Oxford 1988

Brocker I
Manfred Brocker
Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert Frankfurt/M. 2018

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