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Grundrechte: Die Grundrechte sind die Rechte und Freiheiten, die jedem Menschen auf der Welt von der Geburt bis zum Tod zustehen. Sie gelten unabhängig davon, woher Sie kommen, was Sie glauben oder wie Sie Ihr Leben gestalten. Siehe auch Menschenrechte.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Ernst-Wolfgang Böckenförde über Grundrechte – Lexikon der Argumente

Brocker I 774
Grundrechte/Böckenförde: Grundrechte haben eine Doppelstruktur: als
a) subjektive Abwehrrechte
Brocker I 775
und
b) objektive Grundsatznormen.(1)
Brocker I 778
Objektivrechtliche Normen: in diesem Verständnis erwächst den Grundrechten ein Optimierungscharakter zu.(2) Hier strahlen die Grundrechte in andere Rechtsgebiete aus – wobei ihnen ein Vorrang zukommt, da es sich bei den Grundrechten um Verfassungsrecht handelt.(3)
Verhältnis Grundrechte/Spielraum der Rechtsprechung: Böckenförde kritisiert den Begriff der „objektiven Wertordnung“ des Grundgesetzes (so gebraucht im sogenannten Lüth-Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1958.(4) Darin hatte des Gericht die Meinungsäußerungsfreiheit als relevant auch für das Privatrecht angesehen. Danach entfalten die Grundrechte eine mittelbare Drittwirkung.
>Rechtsprechung
.
Werte/Wertinterpretation/Recht/BöckenfördeVs: Die Wertinterpretation der Grundrechte wird von Böckenförde als eine ständige facon de parler des Gerichts gekennzeichnet und als eine Verhüllungsformel gekennzeichnet und als eine Verhüllungsformel für richterlichen bzw. interpretatorischen Dezisionismus scharf kritisiert.(5)
>Werte.
Brocker I 779
Problem: Eine rationale Begründung für Werte und deren Fangordnung sei nicht erkennbar, daher liefere die Wertordnungsformel keine Begründung, sondern verdecke im Gegenteil vielmehr, dass Richter in Fällen kollidierender Grundrechte Entscheidungen treffen müssen, die sie dann mit dem Hinweis auf die Wertordnungsformel nicht weiter begründeten. Der Spielraum des Gerichts wird damit zulasten des demokratisch legitimierten Gesetzgebers erheblich größer.
Weiteres Problem: Werden Grundrechte als objektivrechtlich Norm aufgefasst, erwächst daraus auch eine Pflicht des Staates, diese zu schützen.(6) Das Problem sei nun, dass aus der Verfassung Inhalt und Umfang der staatlichen Schutzpflichten nicht ableitbar seien. Die Schutzpflicht sei genauso unbestimmt wie die Figur des Wertes und eine ebensolche Einladung, nun in die Handlungssphäre des Bürgers reglementierend einzugreifen.
>Normen.
Brocker I 780
Da nun aber die Schutzfunktion eher durch ein Tun als durch ein Unterlassen ausgeübt wird, besteht die Gefahr, im Prinzip alle Konflikte über genuin politische Fragen zu verrechtlichen.
Problem: Das führt zu einer Verschiebung innerhalb der Gewaltenteilung vom demokratischen Gesetzgeber (dem Parlament) hin zur Verfassungsgerichtsbarkeit. Diese würde dann die Rolle des Gestalters des Rechtssystems übernehmen statt das gesetzte Recht anzuwenden und sich damit auf die Kontrollfunktion zu beschränken.(7)

1. Ernst-Wolfgang Böckenförde, Staat – Verfassung – Demokratie. Studien zur Verfassungstheorie und zum Verfassungsrecht, Frankfurt/M. 1992 (zuerst 1991), Abschn. 1.
2. Ebenda, Abschn. 2. „Rechtsstaatliche Freiheitsgewähr“.
3. Ebenda, S. 166f.
4. BVerfGE 7, 198ff.
5. Böckenförde 1992, S. 135.
6. Ebenda S. 173f.
7. Ebenda S. 183f

Tine Stein, „Ernst-Wolfgang Böckenförde, Staat – Verfassung- Demokratie“, in: Manfred Brocker (Hg.) Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert. Frankfurt/M. 2018

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Böckenf I
Ernst-Wolfgang Böckenförde
Staat, Gesellschaft, Freiheit. Studien zur Staatstheorie und zum Verfassungsrecht Frankfurt 1976

Brocker I
Manfred Brocker
Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert Frankfurt/M. 2018

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