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Suggestibilität: Unter Suggestibilität versteht man in der Psychologie das Ausmaß, in dem Personen Ideen oder Informationen, die von anderen vorgeschlagen werden, akzeptieren und verinnerlichen. Sie beinhaltet die Tendenz, sich den Meinungen anderer anzupassen oder irreführende Informationen in das eigene Gedächtnis und die eigenen Überzeugungen zu übernehmen. Die Suggestibilität variiert von Person zu Person und kann durch Faktoren wie Autorität, Überredungstechniken und den mentalen Zustand oder die Empfänglichkeit des Einzelnen beeinflusst werden. Siehe auch Überzeugungen, Denken, Gruppendenken, Zeugenbefragungen, Überredung, Gruppendominanz, Autorität, Macht, Konformität, Selbst.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Psychologische Theorien über Suggestibilität - Lexikon der Argumente

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Suggestibilität/Kinder/Psychologische Theorien: In den 1980er Jahren gab es eine Reihe von falschen Aussagen von Kindern, die zu Verurteilungen in Fällen von angeblichem Kindesmissbrauch führten. Dies führte zu psychologischen Studien über Interviewmethoden, die Kindern falsche Aussagen oder Erinnerungen suggerieren könnten. (Goodman 2006)(1).
Einige Fälle wurden von Ceci und Bruck (1993)(2) überprüft.
VsBruck/VsCeci: Für Kritik an Ceci und Brucks Beschreibung dieser Fälle siehe Cheit & Mervis (2007)(3) und Myers (1995)(4).
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Der Beginn der systematischen Forschung über die Suggestibilität von Kindern wird oft den europäischen Psychologen zugeschrieben, insbesondere Binets (1900)(5) Veröffentlichung von La suggestibilité. Zu den Ergebnissen von Binets Experimenten und denen seiner Zeitgenossen wie Stern, Varendock und Lipmann gehörten die schädlichen Auswirkungen wiederholter führender Befragungen und die Vorteile der Verwendung von "Free Recall" gegenüber geschlossenen Ja-Nein-Fragen. Obwohl viele der Ergebnisse zeigten, dass Fehler in den Aussagen von Kindern zum großen Teil das Ergebnis einer nicht optimalen Befragung sind, bestanden viele Fachleute damals darauf, dass Kinder nicht als Zeugen dienen sollten (Goodman, 1984)(6).
Für die Forschung in den USA siehe >Suggestibilität/Ceci/Bruck
. (Ceci & Bruck 1993)(2)
Erklärung der Falschaussage/Suggestibilität: Spurentheorie (ein Vorläufer von Brainerd und Reyna's aktueller Fuzzy Trace Theory; siehe Brainerd, Reyna, & Ceci, 2008(7)) und Theorie der Quellenüberwachung
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(Johnson & Raye, 1981(8); Mitchell & Johnson, 2009(9)), bezogen auf Fragen der Gedächtnisformbarkeit und Suggestibilität bei Kindern im Vergleich zu Erwachsenen.

A. Trace Theory: Die Spurentheorie (Tracde Theory), die auf das falsche Gedächtnis von Kindern angewendet wird, legt nahe, dass Erinnerungen in zwei separaten "Spuren" ("traces") gespeichert werden. Eine davon ist die "wortgetreue Spur", die aus reichen Oberflächendetails über das Ereignis besteht. Die andere ist die "Quintessenz-Spur". Diese Spur ist eine allgemeinere, zusammengefasstere Version der Bedeutung des Ereignisses. Die wortgetreue Spur zerfällt schnell, und so kann man sich im Laufe der Zeit nur auf seine "Quintessenz-Spur" für einen Erinnerungsbericht verlassen. Nach dieser Theorie bestehen Entwicklungsunterschiede in der Abhängigkeit von wortgetreuen versus Quintessenz-Spuren.

B. Source Monitoring Theory: Die Quellenüberwachungs-Theorie (Source Monitoring Theory) geht davon aus, dass die Suggestibilität aus der Unfähigkeit eines Individuums entsteht, den richtigen Ursprung der gespeicherten Informationen zu bestimmen. These: Fehler können auftreten, wenn ein Kind es versäumt, die Informationsquelle zu unterscheiden (z.B. ein Interviewer, der dem Kind mündlich nachträgliche Fehlinformationen zur Verfügung stellt, die als eine Informationsquelle gelten würden, gegenüber dem Kind, das das Ereignis tatsächlich gesehen oder erlebt hat, was als eine alternative Informationsquelle gelten würde).
Vgl. >Suggestibilität/Sozialpsychologie, >Suggestibilität/Biologische Theorien.

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Stress/Arousal/Suggestibilität/Psychologische Theorien: Ältere Literatur, wie sie von Ceci und Bruck untersucht wurde, benutzte oft den Begriff "Arousal" oder "Stress" auf eine Weise, die heute als ziemlich unpräzise gilt. Derzeit würden die Forscher wahrscheinlich zwischen einer Valenzdimension (von positiv zu negativ) und einer Arousal-Dimension (von langweilig zu aufregend; Bradley & Lang, 1994)(10) unterscheiden. Erfahrungen, die Auswirkungen an der Schnittstelle von negativer Valenz und hohem Arousal hervorrufen, wären für die Erforschung von Zeugen im Kindesalter von größter Bedeutung. Im Gegensatz zum dimensionalen Ansatz behaupten andere Theoretiker nun, dass diskrete Emotionen, wie "Not", "Angst" oder "Wut", in Bezug auf die Erinnerung und Suggestibilität von kindlichen Zeugen untersucht werden sollten (Davis, Quas, & Levine, 2008)(11).

1. Goodman, G. S. (2006). Children’s eyewitness memory: A modern history and contemporary commentary. Journal of Social Issues, 62, 811–832.
2. Ceci, S. J., & Bruck, M. (1993). The suggestibility of the child witness: A historical review and synthesis. Psychological Bulletin, 113, 403–439.
3. Cheit, R., & Mervis, D. (2007). Myths about the country walk case. Journal of Child Sexual Abuse, 16, 95–115.
4. Myers, J. E. B. (1995). New era of skepticism regarding children’s credibility. Psychology, Public Policy, and Law, 1, 387–398.
5. Binet, A. (1900). La suggestibility (Suggestibility). Paris: Schleicher Frères.
6. Goodman, G. S. (1984). Children’s testimony in historical perspective. Journal of Social issues, 40, 9-31
7. Brainerd, C. J., Reyna, V. F., & Ceci, S. J. (2008). Developmental reversals in false memory: A review of data and theory. Psychological Bulletin, 134, 343–382.
8. Johnson, M. K., & Raye, C. L. (1981). Reality monitoring. Psychological Review, 88, 67–85.
9. Mitchell, K. J., & Johnson, M. K. (2009). Source monitoring 15 years later: What have we learned from fMRI about the neural mechanisms of source memory? Psychological Bulletin, 135, 638–677.
10. Bradley, M. M., & Lang, P. J. (1994). Measuring emotion: The self-assessment manikin and the semantic differential. Journal of Behavioral Therapy and Experimental Psychiatry, 25, 49–59.
11. Davis, E. L., Quas, J. A., & Levine, L. (2008). Children’s memory for stressful events: Exploring the role of discrete emotions. In M. L. Howe, G. S. Goodman, & D. Cicchetti (Eds), Stress, trauma, and children’s memory development (pp. 236–264). New York: Oxford University Press.


Kelly McWilliams, Daniel Bederian-Gardner, Sue D. Hobbs, Sarah Bakanosky, and Gail S. Goodman, „Children’s Eyewitness Memory and Suggestibility. Revisiting Ceci and Bruck’s (1993) Review“, in: Alan M. Slater & Paul C. Quinn (eds.) 2012. Developmental Psychology. Revisiting the Classic Studies. London: Sage Publications

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Psychologische Theorien

Slater I
Alan M. Slater
Paul C. Quinn
Developmental Psychology. Revisiting the Classic Studies London 2012

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