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Strukturelle Linguistik: Die strukturelle Linguistik ist ein theoretischer Ansatz, der die Sprache als ein System miteinander verbundener Elemente betrachtet, von denen jedes durch seine Beziehung zu den anderen Elementen des Systems definiert ist. Sie beschreibt die Struktur der Sprache auf allen Ebenen, einschließlich Phonologie, Morphologie, Syntax und Semantik. Die strukturelle Linguistik entstand im frühen 20. Jahrhundert; zu den einflussreichsten Vertretern gehören Ferdinand de Saussure, Leonard Bloomfield und Noam Chomsky. Siehe auch Phonologie, Morphologie, Syntax, Semantik, N. Chomsky, L. Bloomfield, F. de Saussure.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Paul Ricoeur über Strukturelle Linguistik – Lexikon der Argumente

II 4
Diskurs/strukturelles Modell/strukturelle Lingustik/Ricoeur: Die Verdunkelung des Diskurses wurde (...) gefördert durch die vorsichtige Erweiterung des Strukturmodells über seinen Entstehungsort in der Linguistik hinaus, und durch das systematische Bewusstsein für die theoretischen Anforderungen, die das linguistische Modell als Strukturmodell impliziert.
Die Erweiterung des Strukturmodells betrifft uns insofern direkt, als das Strukturmodell auf dieselben Kategorien von Texten angewandt wurde, die Gegenstand unserer Auslegungstheorie sind. Ursprünglich betraf das Modell Einheiten, die kleiner waren als der Satz, die Zeichen der lexikalischen Systeme und die diskreten Einheiten der phonologischen Systeme, aus denen sich die signifikanten Einheiten der lexikalischen Systeme zusammensetzen. Eine entscheidende Erweiterung erfolgte jedoch mit der Anwendung des Strukturmodells auf sprachliche Entitäten, die größer als der Satz sind, und auch auf nicht-sprachliche Entitäten, die den Texten der sprachlichen Kommunikation ähnlich sind.
Was die erste Art der Anwendung betrifft, so markiert die Behandlung von Volksmärchen durch die russischen Formalisten wie V. Propp(1) eine entscheidende Wende in der Literaturtheorie, insbesondere was die Erzählstruktur literarischer Werke betrifft. Die Anwendung des Strukturmodells auf Mythen durch Claude Lévi-Strauss ist ein zweites Beispiel für eine strukturelle Herangehensweise an lange Diskursstränge; eine Herangehensweise, die der von den russischen Formalisten vorgeschlagenen formalen Behandlung der Folklore ähnlich, aber unabhängig von ihr ist.
II 5
Postulate:
Erstens muss ein synchroner Ansatz jedem diachronen Ansatz vorausgehen, weil Systeme verständlicher sind als Veränderungen.
Zweitens: Der paradigmatische Fall für einen strukturellen Ansatz ist der einer endlichen Menge diskreter Entitäten.
Die paradigmatische Position von Systemen, die aus endlichen Mengen diskreter Entitäten bestehen, liegt in der kombinatorischen Kapazität und den quasi-algebraischen Möglichkeiten, die mit solchen Mengen verbunden sind. Diese Fähigkeiten und Möglichkeiten tragen zu der Art von Verständlichkeit bei, die durch das erste Postulat, die Synchronizität, eingeführt wurde.
Drittens hat in einem solchen System keine Einheit, die zur Struktur des Systems gehört, eine eigene Bedeutung; die Bedeutung eines Wortes ergibt sich zum Beispiel aus seiner Opposition zu den anderen lexikalischen Einheiten desselben Systems.
Viertens sind in solchen endlichen Systemen alle Beziehungen systemimmanent. In diesem Sinne sind semiotische Systeme "geschlossen", d.h. ... ohne Beziehungen zur äußeren, nichtsemiotischen Wirklichkeit.
II 6
Das letzte Postulat allein reicht aus, um den Strukturalismus als eine globale Denkweise jenseits aller technischen Einzelheiten seiner Methodik zu charakterisieren. Die Sprache erscheint nicht mehr als Vermittler zwischen den Menschen und den Dingen. Es stellt eine eigene Welt dar, in der jeder Gegenstand nur auf andere Gegenstände desselben Systems verweist, dank des Zusammenspiels von Gegensätzen und Unterschieden, die für das System konstitutiv sind.
Diskurs/Ricoeur: An diesem extremen Punkt ist die Sprache als Diskurs verschwunden.

II 81
Strukturelle Linguistik/Interpretation/Verständnis/Ricoeur: [der Ansatz der strukturellen Schulen der Literaturkritik] geht von der Anerkennung dessen aus, was ich die Aussetzung oder Unterdrückung des scheinbaren Bezugs genannt habe. (>Referenz/Ricoeur
). Der Text fängt die "weltliche" Dimension des Diskurses - den Bezug zu einer Welt, die gezeigt werden könnte - ebenso ab, wie er die Verbindung des Diskurses mit der subjektiven Absicht des Autors unterbricht. Nach dieser Vorgabe hat der Text nicht mehr ein Äußeres, sondern nur noch ein Inneres. (...) gerade die Konstitution des Textes als Text und des Systems von Texten als Literatur rechtfertigt diese Umwandlung des literarischen Objekts in ein geschlossenes System von Zeichen, analog zu der Art von geschlossenem System, das die Phonologie als allen Diskursen zugrunde liegendes System entdeckt hat und das Saussure als langue bezeichnete. Nach dieser Arbeitshypothese wird die Literatur zu einem Analogon der Sprache. >Langue/Ricoeur.


1. V. Propp, Morphology of the Folktale (Bloomington, Indiana: Indiana University Press, 1958).

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Ricoeur I
Paul Ricoeur
Die Interpretation. Ein Versuch über Freud Frankfurt/M. 1999

Ricoeur II
Paul Ricoeur
Interpretation theory: discourse and the surplus of meaning Fort Worth 1976

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