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Sensus communis: Sensus communis oder gesunder Menschenverstand ist die Fähigkeit, auf der Grundlage von Erfahrung und Intuition fundierte Urteile zu fällen. Thomas von Aquin vertrat die Auffassung, dass der sensus communis eine geistige Fähigkeit ist, die es uns ermöglicht, universelle Wahrheiten zu erkennen. John Locke vertrat die Ansicht, dass der sensus communis ein Produkt der Erfahrung ist und eine wesentliche Voraussetzung für fundierte Urteile darstellt.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Hans-Georg Gadamer über Sensus communis – Lexikon der Argumente

I 28
Sensus communis/Geisteswissenschaften/Gadamer: Es hat etwas sofort Einleuchtendes, die philologisch-historischen Studien und die Arbeitsweise der Geisteswissenschaften auf diesen Begriff des Sensus communis zu gründen. Denn ihr Gegenstand, die moralische und geschichtliche Existenz des Menschen, wie sie in seinen Taten und Werken Gestalt gewinnt, ist selbst durch den Sensus communis entscheidend bestimmt. So kann der Schluss aus dem Allgemeinen und der Beweis aus Gründen nicht ausreichen, weil es auf die Umstände entscheidend ankommt. Aber das ist nur negativ formuliert.
Es ist eine eigene positive Erkenntnis, die der Gemeinsinn vermittelt. Die Erkenntnisweise der historischen Erkenntnis erschöpft sich keineswegs darin, „Glauben an fremdes Zeugnis“ (Tetens(1)) statt „selbstbewusstem Schließen“ (>Helmholtz
(2)) zulassen zu müssen. Es ist auch durchaus nicht so, dass solchem Wissen nur ein verminderter Wahrheitswert zukäme.
>Geschichtsschreibung/D'Alembert.
I 32
Sensus communis in Deutschland: Man nahm zwar den Begriff des sensus communis auf, aber indem man ihn völlig entpolitisierte, verlor der Begriff seine eigentliche kritische Bedeutung. Man verstand nun unter sensus communis lediglich ein theoretisches Vermögen, die theoretische Urteilskraft, die neben das sittliche Bewusstsein (das Gewissen) und den Geschmack trat. So wurde er einer Scholastik der Grundkräfte eingeordnet, deren Kritik dann von Herder geleistet worden ist (im vierten kritischen Wäldchen, das gegen Riedel gerichtet ist), und durch die Herder auch auf dem Gebiete der Ästhetik zum Vorläufer des Historismus wurde.
Ausnahme: der Pietismus.
>Sensus communis/Pietismus.


1. Tetens, Philosophische Versuche, 1777, Neudruck der Kant-Gesellschaft, S 515
2. H. Helmholtz, Vorträge und Reden, 4. Aufl. I. Bd., Über das Verhältnis der
Naturwissenschaften zur Gesamtheit der Wissenschaften, S. 167 ff.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Gadamer I
Hans-Georg Gadamer
Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik 7. durchgesehene Auflage Tübingen 1960/2010

Gadamer II
H. G. Gadamer
Die Aktualität des Schönen: Kunst als Spiel, Symbol und Fest Stuttgart 1977

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