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Geschmack: Geschmack in der Kunst bezieht sich auf Vorlieben oder Urteile über die ästhetischen Qualitäten und Vorzüge von Kunstwerken. Er wird durch den kulturellen Hintergrund, die Bildung, die individuellen Erfahrungen und den Kontakt mit verschiedenen Arten von Kunst beeinflusst. Siehe auch Kunst, Kunstwerke, Ästhetik, Ästhetische Erfahrung, Ästhetisches Bewusstsein.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Immanuel Kant über Geschmack – Lexikon der Argumente

Gadamer I 40
Geschmack/Kant/Gadamer: Die lange Vorgeschichte, die dieser Begriff hat, bis er von Kant zum Fundament seiner Kritik der Urteilskraft gemacht wird, lässt erkennen, daß der Begriff des
Geschmacks ursprünglich eher ein moralischer als ein ästhetischer Begriff ist. Er beschreibt ein Ideal echter Humanität und verdankt seine Prägung dem Bestreben, sich gegen den Dogmatismus der Schule« kritisch abzuheben. Auf das „Schöngeistige“ wird der Gebrauch des Begriffs erst später eingeengt. >Geschmack/Gracian
.
Gadamer I 41
Es gibt in Geschmackssachen bekanntlich keine Möglichkeit zu argumentieren (Kant sagt richtig, es gebe Streit, aber nicht Disputation in Geschmacksdingen(1)), aber nicht nur, weil sich keine begrifflich allgemeinen Maßstäbe
Gadamer I 42
finden lassen, die alle anerkennen müssen, sondern weil man solche nicht einmal sucht, ja, es nicht einmal richtig fände, wenn es solche gäbe.
Gadamer I 43
Der Geschmack ist (...) nicht in dem Sinne ein gemeinschaftlicher Sinn, daß er sich von einer empirischen Allgemeinheit, der durchgängigen Einhelligkeit der Urteile Anderer, abhängig macht. Er sagt nicht, daß jedermann mit unserem Urteil übereinstimmen werde, sondern damit zusammenstimmen solle (wie Kant feststellt(2)).
Mode: Gegenüber der Tyrannei, die die Mode darstellt, bewahrt der sichere Geschmack daher eine spezifische Freiheit und Überlegenheit. Darin liegt seine eigentliche und ganz ihm eigene Normkraft, sich der Zustimmung einer idealen Gemeinschaft sicher zu wissen. >Mode/Gadamer.
Gadamer I 48
Kant selbst hat es als eine Art geistiger Überraschung empfunden, daß ihm im Zusammenhang dessen, was dem Geschmack unterliegt, ein über die empirische Allgemeinheit hinausgehendes apriorisches Moment aufging(3). Die „Kritik der Urteilskraft“ ist aus dieser Einsicht entstanden. >Urteilskraft/Kant).
Sie ist nicht mehr bloße Kritik des Geschmacks in dem Sinne, in dem der Geschmack Gegenstand der kritischen Beurteilung durch den anderen ist. Sie ist Kritik der Kritik, d. h. sie fragt nach dem Rechte solchen kritischen Verhaltens in Geschmacksdingen.
Nachahmung/Kant: Im Bereich des ästhetischen Geschmacks hat das Vorbild und Muster zwar seine bevorzugte Funktion, aber, wie Kant richtig sagt, nicht in der Weise der Nachahmung, sondern der Nachfolge(4). Das Vorbild und Beispiel gibt dem Geschmack eine Spur, seinen eigenen Gang zu nehmen, nimmt ihm aber die eigentliche Aufgabe nicht ab. »Denn der Geschmack muss ein selbsteigenes Vermögen sein«(5).
Erkenntnis/Geschmack/Kant/Gadamer: man wird anerkennen können, dass Kants Begründung der Ästhetik auf das Geschmacksurteil
Gadamer I 49
den beiden Seiten des Phänomens gerecht wird, seiner empirischen Nicht-Allgemeinheit und seinem apriorischen Anspruch auf Allgemeinheit. Aber der Preis, den er für diese Rechtfertigung der Kritik im Felde des Geschmacks zahlt, besteht darin, daß er dem Geschmack jede Erkenntnisbedeutung abspricht. Es ist ein subjektives Prinzip, auf das er den Gemeinsinn reduziert. In ihm wird nichts von den Gegenständen erkannt, die als schön beurteilt werden, sondern es wird nur behauptet, daß ihnen a priori ein Gefühl der Lust im Subjekt entspricht.
Gadamer I 51
Kunst/Schönheit/Kant/Gadamer: Die Anerkennung der Kunst scheint von der Grundlegung der
Ästhetik im „reinen Geschmacksurteil“ aus unmöglich - es sei denn, daß der Maßstab des Geschmacks zu einer bloßen Vorbedingung herabgesetzt wird. >Ästhetik/Kant, >Schönheit/Kant.
Gadamer I 63
Geschmack/Kant/GadamerVsKant: Man tut dem Begriff des Geschmacks Gewalt an, wenn man die Wandelbarkeit des Geschmacks nicht in ihn aufnimmt. Wenn etwas, so ist der Geschmack ein Zeugnis für die Wandelbarkeit aller menschlichen Dinge und die Relativität aller menschlichen Werte.
Kants Begründung der Ästhetik auf den Geschmacksbegriff kann von da aus nicht recht befriedigen. Es liegt weit näher, den Geniebegriff, den Kant als transzendentales Prinzip für das Kunstschöne entwickelt, als universales ästhetisches Prinzip zu verwenden. Er erfüllt weit besser als der Begriff des Geschmacks die Forderung, gegen den Wandel der Zeit invariant zu sein. >Genie/Kant.


1. Kant, Kritik der Urteilskraft, 1799, S. 233.
2. Ebenda S. 67
3. Vgl. Paul Menzer, Kants Ästhetik in ihrer Entwicklung, 1952.
4. Kant, Kritik der Urteilskraft, 1799, S. 139, vgl. 200.
5. Kritik der Urteilskraft, § 17 (S. 54).

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
I. Kant
I Günter Schulte Kant Einführung (Campus) Frankfurt 1994
Externe Quellen. ZEIT-Artikel 11/02 (Ludger Heidbrink über Rawls)
Volker Gerhard "Die Frucht der Freiheit" Plädoyer für die Stammzellforschung ZEIT 27.11.03

Gadamer I
Hans-Georg Gadamer
Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik 7. durchgesehene Auflage Tübingen 1960/2010

Gadamer II
H. G. Gadamer
Die Aktualität des Schönen: Kunst als Spiel, Symbol und Fest Stuttgart 1977

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