Philosophie Lexikon der Argumente

Home Screenshot Tabelle Begriffe

 
Trinität: Die Trinität ist ein zentrales theologisches Konzept im Christentum, das die Dreieinigkeit Gottes beschreibt. Gemäß der christlichen Lehre gibt es einen einzigen Gott, der in drei Personen existiert Vater, Sohn und Heiliger Geist. Die Trinität wird in der Bibel nicht explizit erwähnt.

_____________
Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Hans-Georg Gadamer über Trinität – Lexikon der Argumente

I 423
Trinität/Sprache/Gadamer: Die Ausdeutung des Geheimnisses der Trinität, wohl die wichtigste Aufgabe, die dem Denken des christlichen Mittelalters gestellt war, lehnt sich schon bei den Vätern und schließlich in systematischer Durchbildung des Augustinismus in der Hochscholastik an das menschliche Verhältnis von Sprechen und Denken an. Die Dogmatik folgt damit vor allem dem Prolog des Johannes-Evangeliums, und so sehr es griechische Denkmittel sind, mit denen sie ihre eigene theologische Aufgabe zu lösen sucht, so gewinnt doch das philosophische Denken durch sie eine dem griechischen Denken verschlossene Dimension. Wenn das Wort Fleisch wird und erst in dieser Inkarnation die Wirklichkeit des Geistes sich vollendet, so wird damit der Logos aus seiner Spiritualität, die zugleich seine kosmische Potentialität bedeutet, befreit. Die Einmaligkeit des Erlösungsgeschehens führt den Einzug des geschichtlichen Wesens in das abendländische Denken herauf und lässt auch das Phänomen der Sprache aus seiner Versenkung in die Idealität des Sinnes heraustreten und sich dem philosophischen Nachdenken darbieten. Denn im Unterschied zum griechischen Logos gilt: das Wort ist reines Geschehen (verbum proprie dicitur personaliter tantum).(1)
Gewiss ist dabei die menschliche Sprache nur indirekt zum Gegenstand der Besinnung erhoben. Es soll ja nur am Gegenbild des menschlichen Wortes das theologische Problem des Wortes, des verbum dei, nämlich die Einheit von Gottvater und Gottsohn heraustreten. Aber gerade das ist für uns das entscheidend Wichtige, dass das Mysterium dieser Einheit am Phänomen der
Sprache seine Spiegelung hat.
>Sprache/Gadamer
, >Wort/Antike Philosophie, >Schöpfungsmythos/Gadamer, >Wort/Augustinus.
I 425
Wort Gottes/Schöpfung/Sprache: Das Geheimnis der Trinität findet im Wunder der Sprache insofern seinen Spiegel, als das Wort, das wahr ist, weil es sagt, wie die Sache ist, nichts
für sich ist und nichts für sich sein will: nihil de suo habens, sed totum de illa scientia de qua nascitur. Es hat sein Sein in seinem Offenbarmachen. Genau das gilt vom Mysterium der Trinität. Auch hier kommt es nicht auf die irdische Erscheinung des Erlösers als solche an, sondern vielmehr auf seine vollständige Göttlichkeit, seine Wesensgleichheit mit Gott. In dieser Wesensgleichheit dennoch die selbständige personale Existenz Christi zu denken, ist die theologische Aufgabe. Hierzu wird das menschliche Verhältnis aufgeboten, das am Wort des Geistes, dem verbum intellectus, sichtbar wird. Es handelt sich um mehr als um ein bloßes Bild, denn das menschliche Verhältnis von Denken und Sprechen entspricht in aller Unvollkommenheit doch dem göttlichen Verhältnis der Trinität. Das innere Wort des Geistes ist mit dem Denken genauso wesensgleich, wie Gottessohn mit Gottvater.
I 427
Trinität/Gadamer: Der Vorgang und Hervorgang des Denkens ist (...) kein Veränderungsvor-
I 428
gang (motus), also kein Übergang von Potenz in Akt, sondern ein Hervorgehen ut actus ex actu: das Wort wird nicht erst gebildet, nachdem die Erkenntnis vollendet ist, scholastisch gesprochen, nachdem die Information des Intellektes durch die species abgeschlossen ist, sondern es ist der Vollzug der Erkenntnis selbst. Insofern ist das Wort mit dieser Bildung (formatio) des Intellektes zugleich.
>Wort/Thomas, >Wort Gottes/Gadamer.
Wort/Sprache/Denken/Gadamer: So lässt es sich verstehen, dass die Erzeugung des Wortes als ein echtes Abbild der Trinität verstanden wurde. Es handelt sich um wirkliche generatio, und wirkliche Geburt, wenngleich er hier natürlich keinen empfangenden Teil neben einem zeugenden gibt. Gerade dieser intellektuale Charakter der Erzeugung des Wortes ist jedoch für seine theologische Modellfunktion entscheidend. Es gibt wirklich etwas Gemeinsames zwischen dem Prozess der göttlichen Personen und dem Prozess des Denkens.
Trinität/Gadamer: Das Mysterium der Trinität, das durch die Analogie mit dem inneren Wort aufgehellt werden soll, muss vom menschlichen Denken her am Ende doch unverständlich bleiben, Wenn im göttlichen Wort das Ganze des göttlichen Geistes ausgesprochen ist, dann bedeutet das prozessuale Moment an diesem Wort etwas, wofür uns im Grunde jede Analogie im Stich lässt. Sofern der göttliche Geist, indem er sich selbst erkennt, zugleich alles Seiende erkennt, ist das
Wort Gottes das Wort des alles in einem Anschauen (intuitus) schauenden und schaffenden Geistes. Der Hervorgang verschwindet in der Aktualität der göttlichen Allweisheit. Auch die Schöpfung sei kein wirklicher Prozess, sondern lege nur das Ordnungsgefüge des Weltganzen im zeitlichen Schema aus.(2)


1. Thomas I. qu 34
2. Es ist unverkennbar, dass die patristische und scholastische Genesisauslegung in gewissem Umfang die Diskussion um die rechte Auffassung des“Timaios“ wiederholt, die zwischen Platos Schülern geführt worden ist. (Vgl. meine Studie über „ldee und Wirklichkeit in Platos „Timaios““. (Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philos.-histor. Klasse, 2. Abh. Heidelberg 1974; jetzt in Bd. 6 der Ges.
Werke, S. 242-270.)

_____________
Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Gadamer I
Hans-Georg Gadamer
Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik 7. durchgesehene Auflage Tübingen 1960/2010

Gadamer II
H. G. Gadamer
Die Aktualität des Schönen: Kunst als Spiel, Symbol und Fest Stuttgart 1977

Send Link

Autoren A   B   C   D   E   F   G   H   I   J   K   L   M   N   O   P   Q   R   S   T   U   V   W   Y   Z  


Begriffe A   B   C   D   E   F   G   H   I   J   K   L   M   N   O   P   Q   R   S   T   U   V   W   Z