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Erfahrung: reflektierte Wahrnehmung, die z.B. mit früheren Wahrnehmungen verglichen und sprachlich verarbeitet werden kann. Siehe auch Erlebnisse, Ereignisse, Wahrnehmung, Empfindung, Empirie._____________Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente. | |||
Autor | Begriff | Zusammenfassung/Zitate | Quellen |
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Aristoteles über Erfahrung - Lexikon der Argumente
Gadamer I 356 Erfahrung/Aristoteles/Gadamer: Aristoteles beschreibt (...) im Anhang seiner zweiten Analytiken(1) (und ganz ähnlich im 1. Kapitel der Metaphysik), wie sich aus vielen einzelnen Wahrnehmungen durch das Behalten des vielen Einzelnen schließlich Erfahrung, die eine Einheit der Erfahrung, ergibt. Was ist das für eine Einheit? >Induktion/Aristoteles, >Einheit/Aristoteles. GadamerVsAristoteles: Das Verhältnis von Erfahren, Behalten und der sich daraus ergebenden Einheit der Erfahrung bleibt dabei in auffallender Weise unklar. Offenbar stützt sich hier Aristoteles auf eine Gedankenfolge, die zu seiner Zeit schon Gadamer I 357 eine gewisse klassische Prägung besaß. Wir können sie in ihrer ältesten Bezeugung für Anaxagoras nachweisen, von dem uns Plutarch überliefert hat, dass die Auszeichnung des Menschen gegenüber den Tieren durch Empeiria, Mneme, Sophia und Techne bestimmt sei.(2) Einen ähnlichen Zusammenhang finden wir bei der Hervorhebung der „Mneme“ im Prometheus des Aischylos(3) und wenn wlr auch im platonischen Protagoras-Mythos die entsprechende Hervorhebung der „Mneme“ vermissen, so zeigt doch Platon(4) ebenso wie Aristoteles, daß es sich hier bereits um eine feste Theorie handelt. Das Bleiben wichtiger Wahrnehmungen (moné) ist offenbar das verbindende Motiv, durch das sich aus der Erfahrung des Einzelnen das Wissen des Allgemeinen zu erheben vermag. Wissenschaft/Methode: Aristoteles hat für die Logik [des] Verfahrens [der Induktion] ein sehr schönes Bild. Er vergleicht die vielen Beobachtungen, die einer macht, mit einem fliehenden Heer. (...) wenn in dieser allgemeinen Flucht doch einmal eine Beobachtung sich in wieder- Gadamer I 358 holter Erfahrung bestätigt, dann bleibt sie stehen. Damit setzt an diesem Punkt gleichsam ein erster Stillstand in der allgemeinen Flucht ein. Wenn sich ihm nun andere anreihen, so kommt am Ende das ganze Heer der Fliehenden zum Stehen und gehorcht wieder der Einheit des Kommandos. GadamerVsAristoteles: Wenn man nun, wie Aristoteles, das Wesen der Erfahrung nur im Blick auf die „Wissenschaft“ denkt (die allerdings nicht die Wissenschaft ist, sondern „Wissen“), dann simplifiziert man den Vorgang, in dem sie zustande kommt. Das Bild beschreibt zwar gerade diesen Vorgang, aber es beschreibt ihn unter vereinfachenden Voraussetzungen, die so nicht gelten. Als ob sich die Typik der Erfahrung widerspruchslos von selbst ergäbe! Aristoteles setzt hier das Gemeinsame, das in der Flucht der Beobachtungen zum Bleiben kommt und sich als Allgemeines herausbildet, immer schon voraus; die Allgemeinheit des Begriffs ist für ihn ein ontologisches Prius. Was Aristoteles an der Erfahrung interessiert, ist lediglich ihr Beitrag zur Begriffsbildung. Wird so Erfahrung auf ihr Resultat hin betrachtet, so wird damit der Gadamer I 359 eigentliche Prozess der Erfahrung übersprungen. >Erfahrung/Gadamer. 1. An. Post. B 19 (99ff.) 2. Plut. de fort. 3 p. 98 F = Diels, Vors. Anaxag. B 21 b. 3. Aisch. Prom. 461. 4. Phaid. 96._____________ Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der ArgumenteDer Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente. |
Gadamer I Hans-Georg Gadamer Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik 7. durchgesehene Auflage Tübingen 1960/2010 Gadamer II H. G. Gadamer Die Aktualität des Schönen: Kunst als Spiel, Symbol und Fest Stuttgart 1977 |