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Paradoxien: Widersprüche innerhalb von formal korrekten Aussagen bzw. Aussagenmengen, die dazu führen, dass eine Existenzannahme, die zunächst plausibel erschien, zurückgezogen werden muss. Paradoxien sind keine Fehler, sondern Herausforderungen, die eventuell zur Neuformulierung der Voraussetzungen und Annahmen oder zur Änderung der Sprache, des Gegenstandsbereichs und des logischen Systems führen. Siehe auch Antinomien, Russellsche Paradoxie, Widersprüche, Reichweite, Konsistenz.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Tyler Burge über Paradoxien – Lexikon der Argumente

Grover II 201
Paradoxien/Antinomien/verstärkter Lügner/Burge/Grover: (Burge 1979(1), S. 178):
II 202
In allen Varianten begannen wir mit
a) einem Vorkommnis mit einem Lügner-ähnlichen Satz.
b) dann argumentierten wir, dass der Satz pathologisch ist und schlossen daraus, dass er nicht wahr ist, in dem Wortlaut des pathologischen Satzes. ((s) Hier ist von "nicht wahr" und nicht von "falsch" die Rede).
Dann stellten wir fest, dass uns das auf folgendes festzulegen scheint:
c) dass der Satz am Ende wahr ist!
Burge: These: Es scheint kein Wechsel in der Grammatik oder der sprachlichen Bedeutung der Ausdrücke involviert zu sein. >Grammatik
, >Bedeutung.
Grover: Das suggeriert, dass die Änderungen in der Bewertung in pragmatischen Begriffen vor sich gehen. >Pragmatik.
Burge: Weil der Wahrheitswert sich ändert ohne dass sich die Bedeutung ändert, muss ein indexikalisches Element am Werk sein. >Indexikalität.
Paradoxien/Parsons/Grover: ähnlich: These: Der Gebrauch von "wahr" und anderer semantischer Ausdrücke im Zusammenhang mit Paradoxien bringt einen Wechsel des Bereichs (des Diskursbereichs). >Bereiche.
KripkeVsBurge/Grover: (Kripke 1975)(2): Der Wechsel zu b) findet zu einem späteren Zeitpunkt in der Entwicklung der natürlichen Sprache statt. >Kripkesche Fixpunkte.
GroverVsBurge: Es ist tatsächlich ein Übergang zu machen, aber wenn der prosententiale Ansatz (>Prosatz-Theorie) richtig ist, dann ist die Inferenz von Burge nicht gültig:
Burge/Grover: der Übergang zu b) hat die Form:

"S" ist pathologisch, daher "S" ist nicht wahr.

das müsste durch folgendes gerechtfertigt werden:

Wenn "S" pathologisch ist, ist der Satz keine Behauptung.

und

Wenn "S" keine Behauptung ist, dann ist "S" weder wahr noch falsch.

denn dann:

(14) Wenn "S" pathologisch ist, ist "S" nicht wahr und "S" ist nicht falsch.

Problem/Grover: Wenn "wahr" nun eigenschafts-zuschreibend wäre (Wahrheit als Eigenschaft aufgefasst würde) und zwar ein und dieselbe Eigenschaft für "wahr" und "nicht wahr" ((s) Die Eigenschaft wird dann zu- oder abgesprochen) und einer Eigenschaft für "falsch" und "nicht falsch" dann müssen wir in der Lage sein, den Übergang zu "„S“ ist nicht wahr“ zu vollziehen.
((s) Bei "wahr" oder "falsch" ginge es nur um Zu- oder Absprechen einer einzigen Eigenschaft! Grover: will natürlich gar keine Eigenschaft.)
Grover: Egal ob nun "wahr" eigenschafts-zuschreibend ist, wenn (14) eine notwendige Bedingung für einen Ausdruck darstellt, pathologisch zu sein, dann sieht es so aus als ob Burge recht hätte. Denn dann könnten wir schließen, dass dass „S“ nicht wahr ist. Aber:
GroverVsBurge: Vielleicht sind "wahr" und "falsch" nicht eigenschafts-zuschreibend und vielleicht stellt (14) keine notwendige Bedingung für Pathologisch-sein dar:
II 203
Dann können wir argumentieren, statt

Wenn "S" pathologisch ist, dann ist "S" nicht wahr

Haben wir nur etwas wie

Vorausgesetzt "S" ist nicht pathologisch, entweder S oder nicht S.

Ausdrückbarkeit/Pointe/Grover: dann brauchen wir nicht die Ausdrückbarkeit ((s) Lückenlosigkeit) die wir zu brauchen schienen.
Paradoxien/Lügner/GroverVsBurge: These: Wir können schließen, dass Lügnersätze pathologisch sind, aber das zwingt uns nicht dazu anzunehmen, dass sie nicht wahr sind.
GroverVsBurge: Ich sagte zwar, sein Schluss sei nicht gültig, aber ich denke, eigentlich gibt es hier gar keinen Schluss, weder gültig noch ungültig: Denn wenn "wahr" prosentential ist, dann drückt ""S" ist nicht wahr" gar keine >Proposition aus! ((s) Hat kein Antezedens aus "S" und das steht für einen beliebigen Satz und daher für keinen Inhalt (>„alles was er sagte“).)


1. Tyler Burge: 1979. Individualism and the Mental. Midwest Studies in Philosophy 4: 73–121.
2. Saul A. Kripke 1975, Outline of a Theory of Truth, The Journal of Philosophy, 72: 690–716.)

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Burge I
T. Burge
Origins of Objectivity Oxford 2010

Burge II
Tyler Burge
"Two Kinds of Consciousness"
In
Bewusstein, Thomas Metzinger Paderborn/München/Wien/Zürich 1996

Grover I
D. L. Grover
Joseph L. Camp
Nuel D. Belnap,
"A Prosentential Theory of Truth", Philosophical Studies, 27 (1975) pp. 73-125
In
Theories of Truth, Paul Horwich Aldershot 1994

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