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Utilitarismus: Eine Lehre der Ethik, die den angenommenen größten Nutzen für die größte Anzahl Betroffener als das moralisch Anzustrebende annimmt. Siehe auch Hedonismus, Gut/Das Gute, Präferenz-Utilitarismus, Regel-Utilitarismus, Ethik, Moral, Deontologie, Konsequentialismus, Nutzen.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

John Stuart Mill über Utilitarismus – Lexikon der Argumente

Höffe I 348
Utilitarismus/Mill/Höffe: Def Utilitarismus/Mill(1): (...) die Ansicht, die Grundlage der Moral bilde das größte Glück, wobei das Glück im Begriff von Lust bzw. Freude (pleasure) und dem Freisein von Unlust bzw. Leid zu verstehen ist.
Weil «Lust» im Griechischen hédoné heißt, handelt es sich um einen Hedonismus.
>Hedonismus
.
MillVsBentham: Im Vergleich zu Mills Vorbild, Bentham, fällt auf, dass der zweite Teil dessen utilitaristischen Prinzips «die größte Zahl», für die das «größte Glück» zu suchen ist, hier fehlt.
>Utilitarismus/Bentham, >J. Bentham.
Freiheit/MillVsBentham: Für Mill als leidenschaftlichen Anwalt individueller Freiheit ist dieses Defizit kaum ein Zufall.
>Freiheit.
Im Text taucht zwar später die Formel «Glück aller Betroffenen» doch auf, allerdings ohne Benthams zweifache Maximierung: «größtes» Glück der «größten» Zahl. Wegen dieses Defizits setzt sich Mill nicht mit Benthams Vorschlag und dessen erheblichen Schwierigkeiten auseinander, das gesuchte Kollektivwohl mit einem einfachen Verfahren, einem «hedonischen Kalkül» (hedonic calculus), zu berechnen.
MillVsBentham:
1) Die erste und bedeutsamste Veränderung, der qualitative Hedonismus, tritt
dem gegen Bentham erhobenen Vorwurf entgegen, der Utilitarismus sei eine Ethik für Genussmenschen. Der britische Schriftsteller und Historiker Thomas Carlyle hatte ihn zum Einwand zugespitzt, der Utilitarismus sei eine Philosophie für Schweine (pig philosophy).
Bentham: Nach Benthams provokativem Aphorismus, bei gleicher Qualität der Lust sei ein anspruchsloses Kinderspiel so gut wie Poesie, zählen die qualitativen Unterschiede zwischen den verschiedenen Anlässen und Arten von Freude ausdrücklich nicht.
Höffe I 349
Mill: Gegen diesen vulgarisierten Hedonismus vertritt Mill die pointierte Gegenthese, es sei besser, ein unzufriedener Sokrates als ein zufriedenes Schwein zu sein. Er betont den unterschiedlichen Rang der Freuden, die man genießen kann, und zugleich den Vorrang wissenschaftlicher, künstlerischer und humanitärer Tätigkeiten.
2) (...) beim Versuch, das utilitaristische Prinzip zu beweisen, lehnt Mill zu Recht die Möglichkeit eines direkten Beweises ab. Denn wahrhafte Prinzipien sind schlechthin erste Sätze, die sich
genau deshalb nicht beweisen lassen.
>Theorie/Mill.
Lösung/Mill: a) Den Kern bildet der Ausdruck «wünschens- und begehrenswert» (desirable), der zwei Bedeutungen hat. In einem empirisch-psychologischen Sinn bezeichnet er das, was die Menschen tatsächlich für wünschens- und begehrenswert halten, in einem normativ-ethischen Sinn, was sie so einschätzen sollen.
Naturalistischer Fehlschluss/HöffeVsMIll: Interpretiert man Mills sogenannten Beweis als
logische Ableitung der ethischen Bedeutung von desirable aus der empirischen Bedeutung, so liegt offensichtlich ein Sein-Sollen-Fehlschluss vor.
VsVs: Da aber Mill in seinem
Höffe I 350
System der Logik, dessen letztem Kapitel, deutlich zwischen Sein und Sollen unterscheidet, kann man den sogenannten Beweis wohlwollend auch so interpretieren: Eine erfahrungsoffene Ethik versteht das Wünschenswerte im Sinne von jenen aufgeklärten Menschen, die die unterschiedlichen Freuden kennen und die in humaner Sicht höherrangigen vorziehen.
Vgl. >Präferenzutilitarismus.
3) Ist Gerechtigkeit mit dem Utilitarismus vereinbar? Mill erkennt hier die Existenz eines natürlichen Gerechtigkeitsgefühls an, hält dieses aber nicht für ein ursprüngliches, sondern abgeleitetes Gefühl. Um diese These zu verteidigen, unterscheidet er verschiedene Ansichten von Gerechtigkeit, beispielsweise das Gebot, gesetzlich verbürgte Rechte einer Person zu achten, jedem das, was er verdient, zu geben, ferner die Gedanken der Unparteilichkeit und der Gleichheit.
Er erkennt dann die traditionelle Unterscheidung von vollkommenen (Gerechtigkeits-) und unvollkommenen (Wohltätigkeits-)Pflichten an. Schließlich behauptet er, ein Recht zu haben bedeute, etwas zu haben, das die Gesellschaft aus keinem anderen Grund als der allgemeinen Nützlichkeit (general utility) schützen sollte.
Gemeinwohl/Mill/Höffe: In diesem Argument steckt entweder die These, zwischen dem Kollektivwohl, der allgemeinen Nützlichkeit, und den Rechten einer Person könne es keine Konflikte geben, Oder die Behauptung, im Konfliktfall habe das Kollektivwohl Vorrang vor subjektiven Rechten wie den Grund- und Menschenrechten.
HöffeVsMill: Auch wenn es dem Kollektivwohl dient, darf man das Recht eines Unschuldigen,
nicht bestraft zu werden, Oder das Recht eines Verdächtigen, nicht gefoltert zu werden, auf keinen Fall verletzen.
>Gemeinwohl.

1. J.St. Mill, Utilitarianism 1861

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Mill I
John St. Mill
Von Namen, aus: A System of Logic, London 1843
In
Eigennamen, Ursula Wolf Frankfurt/M. 1993

Mill II
J. St. Mill
Utilitarianism: 1st (First) Edition Oxford 1998

Höffe I
Otfried Höffe
Geschichte des politischen Denkens München 2016

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