Philosophie Lexikon der Argumente

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Moral: Eine mehr oder weniger kodierte Menge von Regeln, Handlungsmaximen, Pflichten und Verboten innerhalb einer Gesellschaft oder Gruppe. Die meisten dieser Regeln sind bei den Mitgliedern der Gesellschaft oder Gruppe unbewusst verinnerlicht. Ihre Rechtfertigung und die mögliche Bewertung von Handlungen werden in der Ethik und Metaethik reflektiert. Siehe auch Werte, Normen, Rechte, Ethik.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Friedrich Nietzsche über Moral – Lexikon der Argumente

Ries II 46
Moral/Nietzsche: sozialer Egoismus. "Hauptsatz" in Bezug auf die Krise der Werturteile: Es gibt nur moralische Ausdeutungen von Phänomenen, aber keine moralischen Phänomene "an sich selbst".
Ries II 52
Moral/Nietzsche: Trieb-ökonomische Formen des Tierreichs: Furcht und Macht. Moral als Funktionsprinzip atavistischer Impulse.
Ries II 53
Moral/Nietzsche: "Die eigentliche Circe der Philosophie" Verführung durch den Gedanken eines "wahrhaft Seienden" das "jenseits" der durch Tod, Leid und Ohnmacht bestimmten Erfahrungswelt liegt.
Ries II 79
Moral/Christentum/Zur Genealogie der Moral(1)/Nietzsche: Die ganze christliche Moral ist ein Instrument der Verfälschung und Unterwerfung ursprünglicher Natur durch das, was nicht Natur ist - Gott, Vernunft, Gewissen.
>Christentum/Nietzsche
.
Ries II 80
Moral/NietzscheVsSoziale Natur/Zur Genealogie der Moral(1)/Nietzsche: Der Mensch ist ein soziales »Tier«, das ist im Verlauf der grausamen Geschichte zu einem gesellschaftlichen Wesen wird. Gewissen: Erinnerung an Zwangsakte. (>Freud: Gewissen = idiosynkratische Erinnerung).
Vgl. >Moral/Freud.
Ries II 101
Moral/Mandeville: (1670-1733) Bei Mandeville gibt es bereits triebpsychologische Erklärung der Moralbegriffe.
>Triebe/Psychologie.
Ries II 103
Moral/Nietzsche: Es gibt keine moralischen Phänomene »an sich« immer nur moralische Interpretationen dieser Phänomene. (s.o.).
Vgl. >Kognitivismus, >Emotivismus.
Moral als Welterklärungsmodell: Rückführung von Unbekanntem auf Bekanntes. Regeln des sozialen Verkehrs. Verdrängung und Sublimierung als die beiden konstitutiven Faktoren.
Nietzsche verstand seine Kritik der Moralität selbst als eine »hohe Stufe« der Moralität.

1. F. Nietzsche Zur Genealogie der Moral, KGW VI. 2
- - -
Danto III 160
Moral/Nietzsche/Danto: Nietzsche will uns von den herrschenden Gewohnheiten des Urteilens und Denkens losreißen, uns diese Einstellungen von außen sehen lassen und uns die Moral ‚als ein Problem‘ erkennen lassen.(1)
Danto III 161
Nietzsche befasst sich insbesondere mit unserem Glauben an die Moral, also einem Glauben zweiter Ordnung über Glaubenssätze.
Erklärung/Nietzsche. Es ist die Frage, wie weit [ein Urteil] lebenfördernd, lebenerhaltend, Art-erhaltend, vielleicht gar Art-züchtend ist‘.(2)
Danto III 162
NietzscheVsTradition: die alten Philosophen haben für Nietzsche niemals das in Frage gestellt, was sie selbst sind.
Danto III 163
Nietzsche versucht, eine Wissenschaft der Moralen zu begründen.
>Psychologie/Nietzsche.
Danto III 165
Nach Nietzsche gibt es keine ‚moralischen Phänomene‘ sondern nur eine moralische Ausdeutung von Phänomenen.(3)
((s) Siehe auch Gilbert Harman: Ethik/Harman).
Es gibt auch keine moralischen Tatsachen.(4)
Ethik/Moral/Nietzsche/Danto: Nietzsche verlangt von uns nicht, unseren moralischen Glaubensgrundsätzen abzuschwören, sondern nur unsere meta-ethischen Überzeugungen aufzugeben.
Danto III 166
Damit eröffnet sich uns die Möglichkeit, aus einer Palette von Moralen auszuwählen.
Danto III 191
Moral/Nietzsche/Danto: Nietzsche unterscheidet „Herren-Moral“ und „Sklaven-Moral“.(5)
Danto III 192
Herren/Nietzsche: Ihre Existenz hängt davon ab, wie weit sie dem Stamm nützlich sind, was wiederum eine Frage äußerer Umstände ist. Die vermeintlich Vornehmen müssen sich nicht verändert haben, um einmal ausgezeichnet und ein andermal verleumdet zu werden: alles hängt von den ihnen gebotenen Möglichkeiten ab, diejenigen Affekte auszuleben, die ihren Charakter prägen und ihre Überlegenheit bestimmen.
Sklaven/Nietzsche: Die Durchschnittsmitglieder des Stammes, für die jene kämpfen, um sie dann in Friedenszeiten zu bedrohen, werden von Nietzsche ‚Sklaven‘ genannt.(6)
Danto III 200
Ressentiment/Sklavenmoral: der Sklave fürchtet nicht nur die Bosheit des Herren und bauscht sie auf: er verübelt (Ressentiment) die Stärke des Herrn ebenso wie seine eigenen verhältnismäßige Ohnmacht.
Danto III 201
Er kann seine Feindseligkeit nicht auf den Wegen ausagieren, die den Aristokraten offenstehen. Strategie des Sklaven: den Herren dazu zu bringen, dass er die Wertetafel des Sklaven akzeptiert und sich selbst aus der Perspektive des Sklaven einschätzt. Schließlich wird der Herr in seinen eigenen Augen böse.
Vgl. >Herrschaft/Knechtschaft.
Danto III 204
Sklavenmoral/Nietzsche/Danto: während es für Hobbes logisch ist, dass es im Naturzustand kein Unrecht gibt, weil das Unrecht ein sozial-juridisches Gebilde voraussetzt, erfordert die Sklavenmoral bei Nietzsche dass es böse Personen, oder zumindest so etwas gebe, mit Bezug auf das „gut“ negativ gekennzeichnet werden kann.(7)
Danto III 205
Der Sklave verlangt eigentlich nicht weniger, als dass jeder jedem gleichen solle und sich alle von außen her einander angleichen sollten. Die Moral eines jeden ist die Moral der Gruppe, der er angehört.
Herrenmoral/Nietzsche/Danto: Die Herrenmoral wird dagegen unabhängig von jedem äußeren Kriterium festgelegt, und der Aristokrat beabsichtigt nicht, sich an andere anzugleichen.(8)
Danto III 217
Auf der obersten Sprosse der Leiter der Zivilisation steht nicht die blonde Bestie, sondern der Asket. Dieser ist ein selbstdisziplinierter Mensch, der sich von anderen darin unterscheidet, dass er seine Macht nicht über andere, sondern über sich selbst ausübt. Der sich selbst beherrschende Asket ist ein Avatar (im Original Avatara), eine persona der Bestie am unteren Ende der Skala. Die Religion ist für die Höherentwicklung verantwortlich, schließlich ist der Asket der von den Sklaven so gefürchtete Aristokrat im gezähmten Zustand. Er ist, was sie im Zuge ihres Ressentiments hervorgebracht haben.
>Zivilisation/Nietzsche.

1. F. Nietzsche, Die Fröhliche Wissenschaft, KGW V.2, S. 232.
2. F. Nietzsche Jenseits von Gut und Böse, KGW VI.2, S. 12
3. Ebenda, S. 92.
4. F. Nietzsche, Götzen-Dämmerung, KGW VI,3 S. 92.
5. F. Nietzsche Jenseits von Gut und Böse, KGW VI.2, S. 218.
6. F. Nietzsche, Menschliches, Allzumenschliches, KGW IV, 2 S. 81f.
7. Vgl. F. Nietzsche Genealogie der Moral, VI. 2,S 284f.
8. Ebenda, S: 284.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Nie I
Friedrich Nietzsche
Sämtliche Werke: Kritische Studienausgabe Berlin 2009

Nie V
F. Nietzsche
Beyond Good and Evil 2014

Ries II
Wiebrecht Ries
Nietzsche zur Einführung Hamburg 1990

Danto I
A. C. Danto
Wege zur Welt München 1999

Danto III
Arthur C. Danto
Nietzsche als Philosoph München 1998

Danto VII
A. C. Danto
The Philosophical Disenfranchisement of Art (Columbia Classics in Philosophy) New York 2005

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