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Zahlen: Ob Zahlen Gegenstände oder Begriffe sind, ist in der philosophischen Diskussion über Jahrtausende umstritten gewesen. Die heute am weitesten akzeptierte Definition stammt von G. Frege (G. Frege, Grundlagen der Arithmetik 1987, S. 79ff). Von Frege inspirierte Redeweisen stellen Zahlen als Klassen von Klassen dar oder als Begriffe zweiter Stufe bzw. als das, womit man die Mächtigkeit von Mengen misst. Bis heute ist in der Diskussion von Zahlen eine Zweideutigkeit zwischen Begriff und Gegenstand auffindbar. Siehe auch Zählen, Mengen, Messen, Mathematik, Abstrakte Gegenstände, Mathematische Entitäten, Theoretische Entitäten, Anzahl, Platonismus.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

John Bigelow über Zahlen – Lexikon der Argumente

I 352
Reelle Zahlen/Bigelow/Pargetter: These: Reelle Zahlen sind Universalien höherer Stufe.
>Universalien, >Reelle Zahlen
, >Stufen/Ebenen, >Beschreibungsebenen.
I 353
Sie sind Relationen zwischen Relationen (oder zwischen Eigenschaften).
Und zwar sind sie genau die Relationen höherer Stufe oder Proportionen; mit denen wir Quantitäten verglichen hatten (s.o. 2. 5).
>Relationen.
Proportionen/Bigelow/Pargetter. sollten mit reellen Zahlen identifiziert werden.
>Proportionen.
Reelle Zahlen/Bigelow/Pargetter: Reelle Zahlen sind dann selbst physikalisch! So wie andere Proportionen und Relationen. Sie werden von physikalischen Quantitäten wie z.B. Länge instanziiert.
Instanziierung/Bigelow/Pargetter: Quantitäten wie Länge, Masse, Geschwindigkeit sind wiederum instanziiert von Individuen wie Photonen, Elektronen, makroskopischen Gegenständen.
>Instanziierung.
Instanziierung/Bigelow/Pargetter: instanziiert zu sein, macht einen kausalen Unterschied. Sie sind dann zwar abstrakt als Universalien, aber nicht abstrakt in dem Sinn, dass sie kausal inaktiv wären.
>Abstraktion, >Abstraktheit.
Abstraktion/Bigelow/Pargetter: Abstraktion ist nur ein Prozess, die Aufmerksamkeit auf das eine oder andere Universale zu lenken, die um uns herum instanziiert sind. Damit wird aber nicht ein neues Ding geschaffen.
I 354
Zahlen/Bigelow/Pargetter: Es gibt eine starke Tendenz anzunehmen, dass Zahlen Objekte sind, die Relationen und Eigenschaften instanziieren, aber nicht selbst Eigenschaften oder Relationen sind. Sie scheinen „abstrakte Gegenstände“ zu sein.
>Zahlen/Frege.
Bigelow/Pargetter: pro: das können sie sein, ohne dass sie aufhören, Universalien zu sein.
Zahlen/Frege/Bigelow/Pargetter: Bei der Theorie, die wir hier besprechen, geht es um Relationen von Relationen. Das gilt dann vermutlich auch für Relationen zwischen Eigenschaften. Bsp Längenvergleiche usw.
>Eigenschaften, >Messen.
Eigenschaften/Bigelow/Pargetter: Wenn wir Eigenschaften vermeiden wollen, können wir auch die Endpunkte vergleichen, statt der Längen zweier Gegenstände.
Relation/Bigelow/Pargetter: Wir können allgemein von Eigenschaften zu Relationen kommen, indem wir sagen, dass eine Relation zwischen Gegenständen kraft einer geteilten Eigenschaft (Bsp Länge) besteht. Bsp „kleiner als“ usw. das ist dann eine abgeleitete Relation.
>Definitionen/Frege.
Abgeleitete Relation/Bigelow/Pargetter: wird dann zwischen den Eigenschaften bestehen, die diese Relationen generieren.
Frege/Bigelow/Pargetter: Freges Theorie beruht nun auf Relationen zwischen Relationen. Bsp Eltern-Relation und Großeltern-Relation. (Lit. Quine 1941(1), 1961(2)).
>Relationen/Frege.
I 355
Eltern/Großeltern/Bigelow/Pargetter: Die Relationen sind unterschieden, aber eng verwandt, wenn zwei Dinge durch die Großelternrelation verbunden sind, werden dieselben zwei Dinge durch eine Kette verbunden sein, die zwei Instanzen der Elternrelation involviert.
Wenn a Großelter von b ist, gibt es ein c so dass a ein Elter von c und c ein Elter von b ist.
Schreibweise (s.o. 2.6): Rn: n-fache Relation: Bsp (s) Großeltern-R = (Eltern-R)².
x Rn y
Bedeutet, dass wir von x nach y gelangen durch n Anwendungen der Relation R
x R x1
x1 R x2

xn-1 R y.
Großeltern/formal/Schreibweise/Bigelow/Pargetter : wenn x Großelter ist von y dann ist x Elter² von y.
Ahne/Ahnenrelation/Bigelow/Pargetter: ist bloß eine Verallgemeinerung davon.

Abstammung/Vorgänger/Vorgängerrelation/Ahne/Nominalismus/Bigelow/Pargetter: die Vorgängerrelation bzw. die der Abstammung war eins der größten Probleme für den Nominalismus.
Problem: dazu muß man eine realistische Einstellung gegenüber Relationen haben, es müssen hier Relationen existieren.
Frege/Whitehead/Bigelow/Pargetter. Holen aus der Elternrelation viel mehr heraus, als abzusehen war:
I 356
Def Großeltern/Frege/Quine/Bigelow/Pargetter: x GE y gdw. x E² y
Def Urgroßeltern: x UGE y gdw. x E³ y
usw.
Pointe: Weil Großeltern-Relation und Urgroßeltern-Relation in verschiedenen Weisen mit derselben Grundrelation(Eltern) verbunden sind, besteht nun automatisch eine Relation zwischen diesen:
Wenn x UGE² y dann x GE³ y.
Allgemein: Gegeben zwei Relationen R und S, können wir eine Relation zwischen diesen haben, kraft der
x Rn y gdw. x Sm y.
Verhältnis/Proportion/logische Form/Bigelow/Pargetter: Diese Relationen von Relationen nennt man Verhältnisse oder Proportionen. Bsp im obigen Fall steht R zu S im Verhältnis m : n.
Negative Verhältnisse/Bigelow/Pargetter: erhalten wir durch Umstellung der Variablen x und y:
x Rn y gdw. y Sm x.
Bsp Enkel-Relation: hat das Verhältnis –2 :1. ((s) inverse Relation der Großeltern-Relation)
x Enkel y gdw. y E² x.
Rekursive Regel/Relationen/Verhältnis/Bigelow/Pargetter: wenn R und S eine Proportion (Verhältnis) haben in Bezug auf eine andere Relation Q :
Wenn es ein Verhältnis gibt zwischen R und Q,
I 357
und eins zwischen S und Q, dann gibt es eine abgeleitete Relation zwischen R und S.
Wiener: (1912) variiert den Ansatz von Whitehead: wenn
Das Verhältnis von R zu Q ist n : 1
Ist das Verhältnis von S zu Q m : 1
dann schließen wir
das Verhältnis von R zu S ist n : m.
Pointe: Das ermöglicht uns das Verhältnis n : m zwischen R und S aufzustellen, selbst wenn es nicht möglich ist, R oder S zu iterieren.
Bsp Ihre Relation zu Eva und die ihrer Mutter zu Eva. Das Verhältnis dieser beiden Relationen wird dann sein n : (n+1)
Pointe: Solche Verhältnisse können wir nicht einfach durch Iteration erhalten! Bsp Denn niemand steht in einer Relation zu ihnen, wie Sie zu Eva stehen (Sie haben nicht so viele Nachfolger).
Lösung/Wiener/Bigelow/Pargetter: keine Iteration der Relation zu Eva, sondern Iteration der Grundeinheit: hier der Elternrelation.
Rationale Zahlen/Bigelow/Pargetter: um sie in ihrer vollen Komplexität zu erhalten, müssen wir annehmen, dass die gegebene Relation die richtigen Muster von Instanzen hat. Problem: die Elternrelation hat vielleicht nicht genug Instanzen, um unendlich viele rationale Zahlen zu generieren.
((s) Die Elternrelation ist linear).
Verhältnis/Verhältnisse/Proportionen/rationale Zahlen/ Lösung/Bigelow/Pargetter: Mengenlehre.
>Mengen, >Mengenlehre.

1. Quine, W.V.O. (1941). Whitehead and the rise of modern logic. In: The philosophy of Alfred North Whitehead (ed. P.A. Schilpp). pp.125-63. La Salle, Ill. Open Court.
2. Quine, W.V.O. (1961). From a logical point of view. Logico-philosophical essays 2d ed. New York, Harper & Row.
3. Wiener, N. (1912). A simplification of the logic of relations. Proceedings of the Cambridge Philosophical Society 17 (1912-14), pp.387-90.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Big I
J. Bigelow, R. Pargetter
Science and Necessity Cambridge 1990

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