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Propensitäten: Propensität ist eine Interpretation von Wahrscheinlichkeit, die dieser eine objektivistische Ausrichtung gibt. Der Ausdruck bezeichnet die Tendenz in einem Versuchsaufbau, zukünftige Ereignisse zu begünstigen. Vorgeschlagen wurde der Begriff von K. Popper (K. Popper, The propensity interpretation of probability. In British Journal for the Philosophy of Science. X(37), 1959). Siehe auch Wahrscheinlichkeit, Subjektive Wahrscheinlichkeit, Objektive Wahrscheinlichkeit, Bayesianismus, Quantenmechanik.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

J. Bigelow über Propensitäten – Lexikon der Argumente

I 333
Funktionale Erklärung/vorwärtsblickende Theorie/Funktion/Bigelow/Pargetter:
1. ätiologische Theorie/Bigelow/Pargetter:
I 334
Bsp Angenommen, ein Muster hat normalerweise eine bestimmte Wirkung und ist durch natürliche Selektion entstanden. Dann sagt die ätiologische Theorie, dass dies jetzt eine Funktion dieses Musters ist.
>Funktion
, >Ursache, >Wirkung, >Kausalität, >Kausalerklärung, >Funktionale Erklärung, >Funktionale Analyse, >Selektion.
Dazu muss es in der Vergangenheit eine relevante Wirkung in einer hinreichenden Anzahl von Fällen gegeben haben.
>Relevanz.
Pointe: Die entsprechenden Situationen sind keine, die zufällig ausgesucht wurden, sondern solche, in denen der Effekt angemessen war. In diesen Situationen trägt er zum Überleben bei.
Propensität/Überleben/Bigelow/Pargetter: Obwohl die Wahrscheinlichkeits--Gesetze zulassen, dass es eine lange Reihe von Zufällen gibt, ist das sehr unwahrscheinlich. Normalerweise wird es eine Propensität hin zum Überleben des Individuums geben.
Funktion/Bigelow/Pargetter: Wenn es nur eine Reihe von Zufällen gibt, sprechen wir sicher nicht von Funktion.
>Zufall.
I 335
Ätiologische Theorie/Bigelow/Pargetter: Die ätiologische Theorie interpretieren wir so, dass sie die Funktion für die ganze Zeit zuschreibt, auch schon, bevor sie zum Überleben beitrug! Damals trug sie zu einer Propensität bei.
Umwelt: auch dies muss auf die Umwelt relativiert werden. Wenn diese plötzlich wechselt, kann es Mehrdeutigkeiten der Angepasstheit geben.
>Adaption, >Umwelt, >Nischen.
I 336
Funktion/Bigelow/Pargetter: Funktionen können beschrieben werden als Komponenten eines Organismus in absteigender Hierarchie von Komplexität. Bsp Körperteile, aber auch Zellen haben Funktionen.
>Komplexität, >Teile.
Propensitäts-Theorie/Bigelow/Pargetter: nach ihr sind die Funktionen daher relationale Eigenschaften.
>Eigenschaften.
Und sie sind dispositional.
>Dispositionen.
Das ist auch dann wahr, wenn das Individuum nicht überlebt oder niemals in seiner normalen Umwelt ist.
>Individuen, >Natürliche Arten.
I 337
Erklärung/Bigelow/Pargetter: Die so (als Propensitäten) interpretierten Funktionen erklären das Überleben durch kausale Information, als Warum-Erklärung.
>Erklärung, >Kausalerklärung, >Funktionale Erklärung, >Warum-Fragen.
Propensitäts-Theorie/Artefakte/Bigelow/Pargetter: Kann die Theorie auch auf Artefakte angewendet werden, ebenso gut wie auf biologische Muster? Sie kann Teil einer übergreifenden Theorie sein, aber bei Artefakte gibt es wieder das Problem des Rückwärts-Blickens (s.o.).
>Artefakte.
Lösung/Bigelow/Pargetter: These wir schlagen als vorwärtsblickende Theorie für biologische Muster wie für Artefakte eine Theorie der Propensität für Selektion vor.
>Selektion.
I 338
Damit haben alle Funktionen, seien sie biologische oder die von Artefakten, etwas gemeinsam.
I 338
Funktion/Fitness/Kausalerklärung/Propensitäts-Theorie/Bigelow/Pargetter: Es kann sein, dass ein Organismus nicht überlebt, obwohl er eine Funktion zum Überleben ausgebildet hat. Aber wenn er überlebt, dann wegen dieser Funktion.

VsPropensitätstheorie/Bigelow/Pargetter: Bsp Angenommen, eine Struktur dient überhaupt keinen Zwecken, angenommen, die Umwelt ändert sich, und plötzlich dienen seine Funktionen dem Überleben. Dann müsste unsere Propensitätstheorie sagen, dass die Struktur neuerdings eine Funktion hat. Bsp Angenommen, man könnte sagen, dass Herztöne die Funktion haben, Ärzte zu alarmieren. Aber erst in diesem Jahrhundert; das scheint falsch.
Ätiologische Theorie: sagt, dass Herztöne keine solche Funktion haben, weil sie nicht dafür entwickelt wurden.
Bigelow/Pargetter: Dennoch, der Grund, warum wir den Herztönen eine Funktion absprechen möchten ist nicht, dass sie keine Evolutionsgeschichte der gewünschten Art haben,
I 339
sondern weil die Herztöne eine unvermeidliche Verbindung mit der Funktion des Blutpumpens haben. Die Herztöne produzieren keine Propensität zum Überleben.
>Funktionale Analyse.
Dem entsprechen Beispiele für Funktionen, die es früher gab, die heute aber ihre Funktion verloren haben:
VsPropensitäts-Theorie/Bigelow/Pargetter: Diese nimmt an, dass das Muster keine Funktion hat.
Ätiologische Theorie: nimmt an, dass es eine Funktion hat, egal wofür sie gebraucht wurde, und wofür sie entwickelt wurde.
Propensitäts-Theorie/Bigelow/Pargetter: gibt im Allgemeinen bessere Erklärungen. Wir können sagen, dass es früher diese Funktion gab, diese aber unglücklicherweise schädlich für das Individuum wurde.
I 340
Erklärung/Bigelow/Pargetter: Eine Propensität kann eine erklärende kausale Rolle spielen, während die Tatsache, dass etwas einen historischen Ursprung hat, keine spielt. Das zeigt uns, dass die Propensitätstheorie so starke Vorteile hat, dass es gerechtfertigt scheint, Gegenbeispiele wegzudiskutieren.

Paul GriffithsVsPropensitäts-Theorie/Bigelow/Pargetter: Eben weil Fitness vorwärtsblickend ist, sollten Funktionen rückwärtsblickend sein. Und den Begriff „Funktion“ können wir überhaupt zugunsten von „Fitness“ aufgeben.
BigelowVsVs: Funktion und Fitness können unabhängige Rollen spielen.
Fitness: Eigenschaft eines Organismus
Funktion: Funktionen spezifizieren die Eigenschaften, die zusammen zur Fitness beitragen. Und hier können wir auch fragen, warum sie das tun.
Information/Bigelow/Pargetter: Eine Zuschreibung von Fitness bricht auseinander in die Zuschreibung vieler Funktionen. So sind Funktionen in einer Hinsicht informativer, in anderer Hinsicht weniger informativ als Fitness.
a) Funktionen sagen uns nichts über den Grad von Fitness, aber
b) jede Funktion sagt uns nicht nur, welche Merkmale beitragen, sondern auch warum.
I 341
Artefakt/Fitness/Bigelow/Pargetter: Bei Artefakten geht es nicht um Fitness, also kann Funktion nicht durch sie überflüssig gemacht werden. Daher kann Fitness bei ihr auch nicht redundant sein. Aber statt dessen kann hier in analoger Weise Nützlichkeit redundant sein.
Propensitätstheorie/Lösung/Bigelow/Pargetter: Die Propensitätstheorie liefert einen einheitlichen Begriff von Funktion der auch auf Artefakte zutrifft.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Big I
J. Bigelow, R. Pargetter
Science and Necessity Cambridge 1990

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