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Tradition: Der Begriff Tradition bezieht sich auf Bräuche, Gewohnheiten, Überzeugungen, Rituale oder Praktiken, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Sie bilden das kulturelle Erbe einer Gemeinschaft, einer Familie, einer Gesellschaft oder einer wissenschaftlichen Community und sind oft tief in der Geschichte und den Werten einer Gruppe verwurzelt. Siehe auch Kultur, Kulturelle Überlieferung.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Hans-Georg Gadamer über Tradition – Lexikon der Argumente

I 285
Tradition/Gadamer: Eben das ist es (...), was wir Tradition nennen: ohne Begründung zu gelten. Wir verdanken in der Tat der Romantik diese Berichtigung der Aufklärung, dass außerhalb der Vernunftgründe auch Tradition ein Recht behält und in weitem Maße unsere Einrichtungen und Verhalten bestimmt.
Es kennzeichnet geradezu die Überlegenheit der antiken Ethik über die Moralphilosophie der Neuzeit, dass sie im Blick auf die Unentbehrlichkeit der Tradition den Übergang der Ethik in die „Politik“ die Kunst der rechten Gesetzgebung, begründet.(1)
Die moderne Aufklärung ist im Vergleich dazu abstrakt und revolutionär. Indessen ist der Begriff der Tradition nicht minder zweideutig geworden, wie der Begriff der >Autorität
, und aus dem gleichen Grunde, weil es nämlich der abstrakte Gegensatz zum Prinzip der Aufklärung ist, der das Verständnis der Romantik für Tradition bestimmt. Sie denkt Tradition im Gegensatz zur
I 286
vernünftigen Freiheit und sieht in ihr eine geschichtliche Gegebenheit von der Art der Natur. Ob man sie nun revolutionär bekämpft oder konservieren möchte, sie erscheint als das abstrakte Gegenteil der freien Selbstbestimmung, da ihre Geltung keiner vernünftigen Gründe bedarf, sondern uns fraglos bestimmt.
Gadamer: Nun ist freilich der Fall der romantischen Kritik an der Aufklärung kein Beispiel für die selbstverständliche Herrschaft von Tradition, in der sich das Überkommene ungebrochen durch Zweifel und Kritik bewahrt. Es ist vielmehr eine eigene kritische Besinnung, die sich hier der Wahrheit der Tradition erst wieder zuwendet und sie zu erneuern sucht und die man Traditionalismus nennen kann.
I 393
Überlieferung/Tradition/Gadamer: Sprachliche Überlieferung mag noch so sehr an anschaulicher Unmittelbarkeit etwa hinter Monumenten der bildenden Kunst zurücktreten. Aber ihr Mangel an Unmittelbarkeit ist nicht ein Defekt. Was auf dem Wege sprachlicher Überlieferung auf uns gekommen ist, ist nicht übrig geblieben, sondern es wird übergeben, d. h. es wird uns gesagt (...).
>Schrift/Gadamer.
I 394
Träger: Der Träger der Überlieferung ist ja nicht diese Handschrift als ein Stück von damals, sondern die Kontinuität des Gedächtnisses. Durch sie wird die Überlieferung ein Teil der eigenen
Welt, und so vermag das, was sie mitteilt, unmittelbar zur Sprache zu kommen.

1. Vgl. Aristoteles, Eth. Nic. K 10

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Gadamer I
Hans-Georg Gadamer
Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik 7. durchgesehene Auflage Tübingen 1960/2010

Gadamer II
H. G. Gadamer
Die Aktualität des Schönen: Kunst als Spiel, Symbol und Fest Stuttgart 1977

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