Psychologie Lexikon der Argumente

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Selbst, Philosophie: Der Begriff des Selbst ist nicht exakt von dem Begriff des Ich zu trennen. Im Verlauf der letzten Jahre wurden mehr und mehr traditionelle Bestimmungen beider Begriffe relativiert. Insbesondere eine unveränderliche Beschaffenheit des Selbst bzw. des Ich wird heute nicht mehr angenommen. Siehe auch Gehirn/Gehirnzustand, Geist, Geistzustand, Ich, Subjekte, Wahrnehmung, Person.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Entwicklungspsychologie über Selbst - Lexikon der Argumente

Upton I 82
Selbst/Entwicklungspsychologie/Upton:
A. Empirisches Selbst: Der erste Schritt auf dem Weg zum Selbstverständnis ist die Erkenntnis, dass "Ich" als Individuum existiert und über Selbstwirksamkeit (agency) und ausgeprägte und einzigartige Erfahrungen verfügt. Es wird angenommen, dass sich dieses Bewusstsein im Säuglingsalter zu entwickeln beginnt, wenn Babys beginnen zu zeigen, dass sie Verständnis dafür haben, dass sie Selbstwirksamkeit besitzen, d.h. dass sie Dinge bewirken können und die Fähigkeit haben, Objekte zu kontrollieren (Cooley, 1902)(1) Auf diese Weise entsteht ein Sinn für Selbstwirksamkeit im Alter von etwa vier Monaten und wird allmählich gefestigt.
Ein zweijähriges Kind ist durchsetzungsfähiger, anspruchsvoller und wählerischer als ein vier Monate altes Baby. Tatsächlich werden die Wutausbrüche, die so oft mit den "terrible twos" in Verbindung gebracht werden, als Ausdruck der Frustration der Kleinkinder empfunden, wenn Versuche, die Welt um sie herum zu kontrollieren, scheitern. Empirische Untersuchungen des existentiellen Selbst bei Säuglingen und Kleinkindern sind begrenzt und die Studien sind tendenziell eher spekulativ (Damon und Hart, 1988)(2).
>Entwicklungsphasen
.
B. Kategorisches Selbst: Empirische Unterstützung für die Entstehung des kategorischen Selbst im späten Säuglingsalter/der frühen Kindheit bietet eine Untersuchung von Lewis und Brooks-Gunn (1979)(3).
Rouge-Test: Bei diesem Test setzt ein Untersucher heimlich einen Rougepunkt auf die Nase des Kindes, welches dann
Upton I 83
vor einen Spiegel gesetzt wird und dessen Reaktionen dann überwacht werden. Selbsterkennung zeigt sich, wenn das Kind seine Nase berührt oder versucht, das Rouge abzuwischen. Lewis und Brooks-Gunn fanden heraus, dass Selbsterkennung mit etwa 18-24 Monaten auftritt; nach dem 18. Monat erkannten 50 Prozent der Gruppe die Reflexion im Spiegel als ihre eigene, und nach dem 20.-24. Monat stieg diese auf 65 Prozent. Es ist jedoch wichtig, sich daran zu erinnern, dass dies lediglich behaviorale Beweise für das Bewusstsein sind; es sagt uns nichts über die subjektive Erfahrung, die mit diesem Bewusstsein verbunden ist.
Das Selbstverständnis der Kinder als aktiver Agens (...) zeigt sich in ihren Versuchen, mit anderen im Spiel zusammenzuarbeiten. Sie nutzen ihr Wissen über ihre eigene Macht, um auf ihre Welt einzuwirken, wenn sie anbieten, ein Spielzeug zu teilen oder sich an einem Scheinspiel mit einem Freund zu beteiligen. In diesen routinemäßigen Beziehungen und Interaktionen wächst das Verständnis des Kindes für sich selbst weiter (Dunn (1988))(4).
Sobald Kinder ein gewisses Bewusstsein für das existentielle Selbst erlangt haben, beginnen sie, ein zunehmendes Bewusstsein für ihr kategorisches Selbst zu entwickeln, indem sie beginnen, sich selbst in verschiedene Kategorien (z.B. Geschlecht, Nationalität) einzuordnen und auch von anderen eingeordnet werden.
>Symbolischer Interaktionismus/Mead, >Selbstbewusstsein.


1. Cooley, C.H. (1902) Human Nature and the Social Order, New York: Charles Scribner’s Sons.
2. Damon, W. and Hart, D. (1988) Self-understanding in Childhood and Adolescence. New York: Cambridge University Press.
3. Lewis, K and Brooks-Gunn, J (1979) Social Cognition and the Acquisition of the Self. New York: Plenum.
4. Dunn, J (1988) The Beginnings of Social Understanding. Oxford: Blackwell.

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Upton I 121
Selbst/Entwicklungspsychologie/Upton: Es wird angenommen, dass das Selbstverständnis (...) durch die jugendliche Beteiligung an Cliquen und Ansammlungen beeinflusst wird. Laut Erikson (1950)(1) ist die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft von zentraler Bedeutung für die Verwirklichung der Identität, da sie die Solidarität mit den Idealen einer Gruppe erfordert. Die Identifikation mit Cliquen und Menschengruppen soll Jugendlichen helfen, sich gegen den Identitätsverlust zu wehren, der durch die Identitätskrise hervorgerufen werden kann. So gehen Jugendliche mit den Schwierigkeiten um, die sie bei der Bindung an erwachsene Identitäten (Identitätskrise) haben, indem sie übertriebene Verpflichtungen gegenüber bestimmten Stilgruppen eingehen und sich von anderen Stilgruppen abgrenzen.
>Jugendkultur/Entwicklungspsychologie, >Selbstwissen.


1. Erikson. EH (1950) Childhood and Society, New York: WW Norton.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Entwicklungspsychologie

Upton I
Penney Upton
Developmental Psychology 2011

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