Psychologie Lexikon der Argumente

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Selbstwissen, Philosophie: Hier geht es um die Bedingungen für die Fähigkeit eines denkenden Subjekts, sich von anderen Subjekten oder Objekten zu unterscheiden, um sich mit Sprache, Gesten und Handlungen auf sich selbst zu beziehen. Siehe auch Privilegierter Zugang, Erste Person, Identifikation, Individuation, Selbst-Identifikation, Introspektion, Selbst, Ich, Selbst-Beschreibung.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Aristoteles über Selbstwissen - Lexikon der Argumente

Gadamer I 321
Selbstwissen/Techne/Aristoteles/Gadamer: Es liegt auf der Hand, dass der Mensch nicht dergestalt über sich verfügt, wie der Handwerker über den Stoff verfügt, mit dem er arbeitet. Er kann sich offenbar selber nicht so herstellen, wie er etwas anderes herstellen kann. So wird es auch ein anderes Wissen sein müssen, das er von sich selbst in seinem sittlichen Sein hat, ein Wissen, das sich abheben lässt gegen solches Wissen, mit dem man ein Herstellen leitet.
Sich-Wissen: Aristoteles formuliert diesen Unterschied in einer kühnen, ja einer einzigartigen Weise, indem er dieses Wissen ein Sich-Wissen, d. h. ein Für-sich-Wissen nennt.(1) Damit wird das Sich-Wissen des sittlichen Bewusstseins gegen das theoretische Wissen (...) abgehoben (...). Aber auch die Abgrenzung gegen das technische Wissen liegt darin, und eben um die Abgrenzung nach beiden Seiten zu formulieren, wagt Aristoteles den eigenartigen Ausdruck des Sich-Wissens. Die Abgrenzung gegen das technische Wissen ist die schwierigere Aufgabe, wenn man wie Aristoteles den „Gegenstand“ dieses Wissens ontologisch nicht als etwas Allgemeines, das immer ist, wie es ist, sondern als etwas Einzelnes, das auch anders sein kann, bestimmt (...).
>Allgemeines/Aristoteles
, >Sittlichkeit/Aristoteles, >Gesetze/Aristoteles.
Gadamer I 327
Das Sich-wissen, von dem Aristoteles spricht, ist (...) dadurch bestimmt, dass es die vollendete Applikation enthält und in der Unmittelbarkeit der gegebenen Situation sein Wissen betätigt. Es ist also ein Wissen vom Jeweiligen, das erst das sittliche Wissen vollendet, ein Wissen, das gleichwohl kein sinnliches Sehen ist. Wenn man auch einer Situation ansehen muss, was sie von einem verlangt, so bedeutet dieses Sehen doch nicht, dass man das in dieser Situation Sichtbare als solches wahrnimmt, sondern dass man sie als die Situation des Handelns sehen lernt und damit im Lichte dessen, was recht ist.
Gadamer I 328
Das sittliche Wissen ist wirklich ein Wissen eigener Art. Es umgreift in einer eigentümlichen Weise Mittel und Zweck und unterscheidet sich damit vom technischen Wissen. Eben deshalb hat es auch keinen Sinn, hier zwischen dem Wissen und der Erfahrung zu unterscheiden, wie das sehr wohl bei der Techne angängig ist. Denn das sittliche Wissen enthält selbst eine Art der Erfahrung in sich (...).
Verständnis/Verstehen: Verständnis ist als eine Modifikation der Tugend des sittlichen Wissens eingeführt, sofern es hier nicht um mich selbst geht, der zu handeln hat. Danach meint „Synesis“ eindeutig die Fähigkeit des sittlichen Beurteilens.

1. Eth. Nic. Z 8, 1.141 1033, 1142 a30; Eth. Eud. 92, 1246 1036. (Meines Erachtens verfehlt man die
wesentliche methodische Einheit von Ethik und Politik des Aristoteles, wenn man mit Gauthier (Vgl. seine neue Einleitung zur 2. Auflage seines Kommentars zur Nikomachischen Ethik, Louvain 1970) hier die politiki phrosesis nicht mitbegreift. Vgl. auch meine Rezension, die in Bd. 6 der Ges. Werke, S. 304—306 wieder abgedruckt ist.)

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Gadamer I
Hans-Georg Gadamer
Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik 7. durchgesehene Auflage Tübingen 1960/2010

Gadamer II
H. G. Gadamer
Die Aktualität des Schönen: Kunst als Spiel, Symbol und Fest Stuttgart 1977

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