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Aggression: In der Psychologie bezeichnet Aggression ein Verhalten das darauf abzielt, eine andere Person körperlich oder verbal zu schädigen oder zu verletzen. Sie kann sich in Form von feindseligen Handlungen, Drohungen oder Äußerungen von Wut äußern. Siehe auch Verhalten, Soziales Verhalten, Soziale Kognition, Soziale Kompetenz.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Psychologische Theorien über Aggression - Lexikon der Argumente

Slater I 178
Aggression/Imitation/Psychologische Theorien: Die Idee, dass Kinder durch Imitation lernen, wird als selbstverständlich angesehen. Das war bei weitem nicht der Fall, als die Bobo-Puppenstudie in Bandura (1961)(1) veröffentlicht wurde >Bobo-Doll-Studie/Bandura
, >Aggression/Bandura.
Vor allem heute noch haben mehrere Bereiche eine heftige Debatte darüber ausgelöst, ob Kinder durch imitative Prozesse aggressives Verhalten lernen. Im Falle von Kindern, die gewalttätige Fernsehprogramme schauen oder gewalttätige Videospiele spielen, hat die Unterhaltungsindustrie beispielsweise versucht zu argumentieren, dass es keine Beweise dafür gibt, dass die Exposition gegenüber gewalttätigen Medien zu einer Zunahme des aggressiven Verhaltens von Kindern führt (siehe Buschmann und Anderson, 2001)(2).
Slater I 179
Während Bandura et al. noch keine adäquate Theorie hatten, um die Mechanismen des imitativen Lernens zu beschreiben, entwickelten Anderson und Buschmann (2001)(2) ein General Aggression Model, das beschreibt, wie die Kognition, der Einfluss und das Arousal von Individuen durch wiederholten Kontakt mit gewalttätigen Medien verändert werden und so zu aggressivem Verhalten beitragen. Gemäß dem Modell lehrt jede Exposition gegenüber gewalttätigen Medien Einzelpersonen Wege zur Aggression, beeinflusst Überzeugungen und Einstellungen über Aggression, präpariert aggressive Wahrnehmungen und Erwartungen, desensibilisiert Einzelpersonen für Aggressionen und führt zu einem höheren Grad an physiologischer Erregung.
Diese vermittelnden Variablen führen dann zu einem aggressiveren Verhalten. Obwohl aggressivere Kinder dazu neigen, gewalttätige Medien zu suchen, gibt es auch überzeugende empirische Beweise dafür, dass selbst die Kontrolle über anfängliche Aggressionen, die Exposition gegenüber gewalttätigen Medien, zu einer Zunahme des aggressiven Verhaltens beiträgt (Huesmann, Eron, Berkowitz, & Chafee, 1991)(3).
>Aggression/Entwicklungspsychologie, >Aggression/Moffit.
Slater I 184
Einige Kritiker haben in Frage gestellt, ob die Bobo-Puppenstudie Beweise für die Nachahmung von Aggression durch Kinder oder nur Verhaltensweisen darstellt, die die Kinder als Spiel betrachteten. Dieses Argument hängt davon ab, wie Aggression definiert wird. Zeitgenössische Forscher definieren Aggression im Allgemeinen als eine Handlung, die von einer Person begangen wird und die dazu bestimmt ist, einer anderen Person physischen, psychischen oder sozialen Schaden zuzufügen (Anderson & Bushman, 2002)(4). Es ist plausibel, dass die Absicht, Schaden anzurichten, in den imitativen Verhaltensweisen der Kinder gegenüber der Bobo-Puppe fehlte, auch wenn sie von Natur aus (z.B. treten, schlagen) aggressiv wirken.
Slater I 185
Formen der Aggression: Einige (...) Fortschritte im Verständnis von Aggression seit der Zeit der Bobo-Puppenstudien waren im Verständnis verschiedener Formen von Aggression. Bandura et al. unterschieden zwischen physischer und verbaler Aggression. Forscher machen heute noch diese Unterscheidung, haben aber auch eine Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Aggression (manchmal auch soziale oder relationale Aggression genannt) hinzugefügt.
Relationale Aggression: wurde definiert als Schädigung anderer durch gezielte Manipulation und Schädigung ihrer sozialen Beziehungen (Crick & Grotpeter, 1995)(5). Relationale Aggression kann viele Formen annehmen, wie z.B. Gerüchte über jemanden zu verbreiten, gemeine Dinge hinter dem Rücken eines anderen zu sagen und jemanden aus einer Peergroup auszuschließen. Für Unterschiede zwischen den Geschlechtern siehe >Aggression/Gender Studies.
Formen der Aggression: Forscher unterscheiden heute auch zwischen proaktiver und reaktiver Aggression (Dodge & Coie, 1987)(6).
Proaktive Aggression: wird als unprovoziert und zielgerichtet beschrieben (Crick & Dodge, 1996)(7), und wird durch aggressive Vorbilder (Bandura, 1983)(8), Freundschaften mit anderen proaktiv aggressiven Kindern (Poulin & Boivin, 2000)(9) und physiologisches Arousal(Scarpa & Raine, 1997)(10) vorhergesagt.
Reaktive Aggression: wird beschrieben als eine wütende Vergeltungsreaktion auf wahrgenommene Provokation (Dodge & Coie, 1987)(6). Zu den Vorläufern reaktiver Aggressionen gehören eine Entwicklungsgeschichte körperlicher Misshandlung (Dodge, Lochman, Harnish, Bates, & Pettit, 1997)(11), Peer-Ablehnung (Dodge et al., 1997)(11), reaktiveres Temperament (Vitaro, Brendgen, & Tremblay, 2002)(12) und physiologisches Über-Arousal (Scarpa & Raine, 1997)(9).
Proaktive Aggression ist damit verbunden, Aggressionen positiv zu bewerten (Smithmyer et al., 2000)(13) und instrumentale (z.B. ein Spielzeug zu erhalten) statt relationaler (z.B. Freunde zu werden) Ziele in sozialen Interaktionen (Crick & Dodge, 1996)(7) zu haben, während reaktive Aggression mit unangemessenen feindlichen Zuschreibungen angesichts mehrdeutiger oder gutartiger sozialer Reize verbunden ist (Dodge & Coie, 1987)(6).

1. Bandura, A., Ross, D., & Ross, S. A. (1961). Transmission of aggression through imitation of aggressive models. Journal of Abnormal and Social Psychology, 63, 575—582.
2. Anderson, C. A., & Bushman, B. J. (2001). Effects of violent video games on aggressive behavior, aggressive cognition, aggressive affect, physiological arousal, and prosocial behavior: A meta-analytic review of the scientific literature. Psychological Science, 12, 353—359.
3. Huesmann, L. R., Eron, L. D., Berkowitz, L., & Chafee, S. (1991). The effects of television violence on aggression: A reply to a skeptic. In P. Suedfeld & P. Tetlock (Eds), Psychology and social policy (pp.
19 2—200). New York: Hemisphere.
4. Anderson, C. A., & Bushman, B. J. (2002). Human aggression. Annual Review of Psychology, 53, 27—
51.
5. Crick, N. R., & Grotpeter, J. K. (1995). Relational aggression, gender, and social-psychological adjustment. Child Development, 66, 710—722.
6. Dodge, K. A., & Coie, J. D. (1987). Social information processing factors in reactive and proactive aggression in children’s peer groups .Journal of Personality and Social Psychology, 53, 1146—1158.
7. Crick, N. R., & Dodge, K. A. (1996). Social information-processing mechanisms in reactive and proactive aggression. Chi id Development, 67, 993—1002.
8. Bandura, A. (1983). Psychological mechanisms of aggression. In R. Geen & E. Donnerstein(Eds),
Aggression: Theoretical and empirical reviews, Vol. 1. Theoretical and methodological issues (pp. 1—40). New York: Academic Press.
9. Poulin, F., & Boivin, M. (2000). The role of proactive and reactive aggression in the formation and development of boys’ friendships. Developmental Psychology, 36, 233—240.
10. Scarpa, A., & Raine, A. (1997). Psychophysiology of anger and violent behavior. Psychiatric Clinics of North America, 20, 3 75—394.
11. Dodge, K. A., Lochman, J. E., Harnish, J. D., Bates, J. E., & Pettit, G. S. (1997). Reactive and proactive aggression in school children and psychiatrically impaired chronically assaultive youth. Journal of
Abnormal Psychology, 106,37—51.
12. Vitaro, F., Brendgen, M., & Tremblay, R. E. (2002). Reactively and proactively aggressive children:
Antecedent and subsequent characteristics. Journal of Child Psychology and Psychiatry, 43,495—505.
13. Smithmyer, C. M., Hubbard, J. A., & Simons, R. F. (2000). Proactive and reactive aggression in delinquent adolescents: Relations to aggression outcome expectancies. Journal of Clinical Child Psychology, 29, 86—93.


Jenifer E. Lansford, “Aggression. Beyond Bandura’s Bobo Doll Studies“, in: Alan M. Slater and Paul C. Quinn (eds.) 2012. Developmental Psychology. Revisiting the Classic Studies. London: Sage Publications

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Psychologische Theorien

Slater I
Alan M. Slater
Paul C. Quinn
Developmental Psychology. Revisiting the Classic Studies London 2012

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