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Zwang: Zwang ist die Anwendung von Gewalt, Drohungen oder Einschüchterung, um jemanden zu zwingen, gegen seinen Willen oder seine Interessen zu handeln, oft um ein bestimmtes Ergebnis oder die Einhaltung von Vorschriften zu erreichen.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Aristoteles über Zwang - Lexikon der Argumente

Gaus I 304
Zwang/Plato/Aristoteles/Keyt/Miller: Die beiden großen politischen Denker der Antike, Platon und Aristoteles gehen einen anderen Weg, obwohl sie der despotischen Herrschaft über freie Menschen nicht weniger feindlich gegenüberstehen als die athenischen Demokraten (Aristoteles, Poi. 111.6.1279a19-21; Platon, Gesetze V111.832c) ((s) Vgl. >Zwang/Antike Philosophie
).
Sie sind aus zwei Gründen von dem demokratischen Argument unbeeindruckt.
1) Zunächst einmal verstehen sie Freiheit anders. In Anlehnung an Sokrates' Vorbild (Xenophon, Mem. I.3. I l) definieren sie sie nicht als ungehinderte, sondern als rationale Handlungsfähigkeit: Ein Mensch, der einer Leidenschaft versklavt ist, dessen Tätigkeit aber ungehindert ausgeübt werden kann, ist in einem Sinne des Wortes frei, im anderen aber nicht (Platon, Rep. IX.577d, 579d-e; Aristoteles, Metaph. XII.10.1075a18-23).
2) Zweitens denken sie, dass die athenische Demokratie, die in der Praxis, wenn nicht sogar in der Theorie, die Herrschaft der Masse über die Reichen ist, selbst despotisch ist (Platon, Gesetze VIII.832c; Aristoteles, Pol. 111.6.1279a19-21 zusammen mit 7.1279b4-6). In dem Wunsch, die Distanz zwischen Herrscher und Beherrschtem aufrechtzuerhalten, anstatt sie zu minimieren oder zu beseitigen, werden sie dazu gebracht, verschiedene Arten von Herrschaft zu unterscheiden und insbesondere die Herrschaft der Weisen und Tugendhaften von despotischer Herrschaft zu unterscheiden (Platon, Gesetze 111.689e-690d; Aristoteles, Poi. 111.4.1277a33-b11).
(Die Antwort der griechischen Intellektuellen auf die athenische Demokratie ist das Thema von Ober, 1996(1) und 1998(2); Saxonhouse, 1996(3); und Veyne, 1983(4)).

Gaus I 313
Zwang/Artistoteles: Der Begriff der natürlichen Existenz ebnet den Weg für die Vorstellung eines unnatürlichen Zustands und damit auch für die Darstellung des Gegensatzes zwischen Gewalt und Persuasion. Nur ein natürliches Wesen kann sich in einem natürlichen oder einem unnatürlichen Zustand befinden: Ein Pferd kann blind und taub sein, aber nicht die Statue eines Pferdes (siehe Pol. I.5.1254a34-b9). Darüber hinaus identifiziert Aristoteles das Naturwidrige mit dem Erzwungenen (Cal. 1.2.300a23). Er ist auch der Meinung, dass natürliche Gebilde im Gegensatz zu Artefakten durch die Natur und nicht durch Gewalt vereinheitlicht werden (Metaph. X. 1.1052a22-5). Daraus folgt, dass es unnatürlich ist, dass eine Polis, die nach Aristoteles' Ansicht ein natürliches Gebilde ist, durch Gewalt zu einem einheitlichen Ganzen wird. Das bedeutet, dass Zwang und rohe Gewalt einer Polis in einem natürlichen Zustand fremd sind (die Auswirkungen dieses Punktes werden in Keyt, 1996, untersucht)(5). In einem politischen Umfeld ist die Alternative zur Gewalt deren Antithese, die Persuasion, die Quelle des willigen Gehorsams (zur Opposition siehe EE II.8.1224a39). Aristoteles widmet diesem Thema eine ganze Abhandlung und geht speziell auf die Frage der politischen Persuasion ein (Rhet. I.4, 8). >Persuasion/Aristoteles.

EE: Aristoteles Eudämische Ethik
Pol.: Aristoteles Politik
Metaph.: Aristoteles Metaphysik
Cal.: Aristoteles de Caelo

1. Ober, Josiah, Hrsg. (1996) The Athenian Revolution: Essays on Ancient Greek Democracy and Political Theory. Princeton, NJ: Princeton University Press.
2. Ober, Josiah (1998) Political Dissent in Democratic Athens: Intellectual Critics of Popular Rule. Princeton, NJ: Princeton University Press.
3. Saxonhouse, Arlene W. (1996) Athenian Democracy: Modern Mythmakers and Ancient Theorists. Notre Dame, In: University of Notre Dame Press.
4. Veyne, Paul (1983) 'Did the Greeks invent democracy?' Diogenes, 124: 1-32.
5. Keyt, David (1996) 'Aristotle and the ancient roots of anarchism'. Topoi, 15: 129-42.

Keyt, David and Miller, Fred D. jr. 2004. „Ancient Greek Political Thought“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004

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