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Geschichte: Geschichte ist die Lehre von der Vergangenheit, insbesondere von den Menschen, Ereignissen und Entwicklungen, die unsere Welt geprägt haben. Dabei geht es um den Teil der Vergangenheit, der durch das Bewusstsein bestimmt und erlebt wurde. Siehe auch Historiographie, Kultur.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Friedrich Nietzsche über Geschichte – Lexikon der Argumente

Höffe I 375
Geschichte/Nietzsche/Höffe: Nietzsche(1) gibt einem Grundphänomen des Politischen, dem Streben nach Macht, eine umfassendere, zugleich tiefere Bedeutung. Er unterwirft nämlich die
gesamte menschliche Kultur, hier exemplarisch die Geschichtsbetrachtung, dem Prinzip der Steigerung des Lebens: Als Wille zur Macht muss das Leben sich ständig überwinden und produktiv über Sich selbst hinauswachsen. Mit dem Grundsatz: «Nur soweit die Historie dem Leben dient, wollen wir ihr dienen» (Vorwort), führt Nietzsche drei Arten einer lebensdienlichen Historie
ein: die «monumentalische Historie» (2. Kap.), die dem «Tätigen und Streben-
den» «Vorbilder, Lehrer, Tröster» liefert; die «antiquarische Historie» (3. Kap.),
die «dem Bewahrenden und Verehrenden» erlaubt, «mit Treue und Liebe» auf
seine Herkunft zurückzublicken; schließlich die «kritische Historie», die «dem
Leidenden und der Befreiung Bedürftigen» die Kraft schenkt, eine Vergangenheit
nach einer peinlichen Prüfung am Ende zu verurteilen (ebd.).
1m Sinne des stillschweigenden Motivs vom Willen zur Macht warnt
Höffe I 376
Nietzsche vor Übersättigung mit Historie, da sie in fünffacher Hinsicht dem Leben
schade:
(1) Durch den Kontrast von Innerlich und Äußerlich schwächt sie die
Persönlichkeit;
(2) Sie nährt die Illusion, die höchst seltene Tugend, die Gerechtigkeit, besäße die Gegenwart in höherem Maß als jede andere Zeit;
(3) Sie stört «die Instinkte des Volkes», womit sowohl der Einzelne als auch das Ganze «am
Reifwerden verhindert» wird;
(4) Es wird der schädliche «Glaube, Spätling und Epigone zu sein» gepflanzt; und
(5) implizit NietzscheVsHegel: Eine Epoche gerät in die Verherrlichung der Gegenwart als Vollendung der Weltgeschichte.
Höffe: Mit Kants Gedanke der Geschichte als einem zur Zukunft hin offenen Rechtsfortschritt setzt sich Nietzsche nicht auseinander.
>Geschichte/Hegel
, vgl. >Geschichts-Philosophie/Kant.

1. F. Nietzsche, Unzeitgemäße Betrachtungen II: «Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben» (1874)
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Ries II 36
Geschichte/NietzscheVs: VsHistorismus
VsTeleologie, Vs teleologische Sinndeutung.
>Historismus, >Teleologie, >Geschichtsschreibung, >Geschichtsphilosophie.
Ries II 38
Geschichte/NietzscheVsStrauß, Friedrich David: Strauß‘ »Leben Jesu« (1835) hatte den jungen Nietzsche einst begeistert. Das erste Stück der unzeitgemäßen Betrachtungen richtet sich gegen ihn.
Ries II 39/40
Geschichte/Unzeitgemäße Betrachtungen /Nietzsche:
Zweites Stück: »Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben«: die Unmittelbarkeit des Lebens setzt sich »zuinnerst« dem historischen Wissen entgegen. Jene »Unmittelbarkeit« ist im Vergessen garantiert.
Geschichte/Unzeitgemäße Betrachtungen/NietzscheVsHistorismus: gegen die unreflektierte ideologische Implikation einer Philosophie, deren wissenschaftstheoretisches Postulat einer Trennung von Theorie und Praxis die Anpassung an das Tatsächliche verschleiert.
Ries II 42
Es ist unmöglich, aus der Geschichte als der bloßen Abfolge ihrer Begebenheiten eine Notwendigkeit des Geschehens nachzuweisen. Wissenschaftlicher Anspruch auf Erkennbarkeit eines Weges muss aufgegeben werden. Auch der Gedanke an einen Fortschritt!
Ries II 43
Geschichtskonstruktion versucht die Sinnlosigkeit des Todes zu eliminieren.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Nie I
Friedrich Nietzsche
Sämtliche Werke: Kritische Studienausgabe Berlin 2009

Nie V
F. Nietzsche
Beyond Good and Evil 2014

Höffe I
Otfried Höffe
Geschichte des politischen Denkens München 2016

Ries II
Wiebrecht Ries
Nietzsche zur Einführung Hamburg 1990

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