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Selbst-Organisation: Selbstorganisation bezieht sich auf das spontane Entstehen von Ordnung, Mustern oder Strukturen in Systemen ohne externe Steuerung oder Kontrolle. Sie entsteht durch Wechselwirkungen zwischen den Komponenten und führt zu organisiertem Verhalten oder Strukturen in einem größeren Maßstab. Die in biologischen, sozialen und physikalischen Systemen übliche Selbstorganisation zeigt die Fähigkeit von Systemen, sich anzupassen, sich weiterzuentwickeln und aus einfachen Interaktionen Komplexität zu schaffen.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Elinor Ostrom über Selbstorganisation – Lexikon der Argumente

Brocker I 730
Selbstorganisation/Ebenen/Wirtschaft/Soziale Güter/Ostrom: Marktlichen und staatlichen Organisationen wohnt geradezu zwangsläufig eine Mehrebenen-Problematik inne: es gibt Regeln auf operativer, kollektiver oder konstitutioneller Ebene.
Brocker I 731
Problem: zum Ausprobieren von Regeln und ihren Wirkungen in der Theorie wird angenommen, dass wenn Regeln geändert werden, diejenigen auf den unteren Ebenen konstant gehalten werden. (1)
Selbstorganisation: in Systemen mit selbstorganisierenden Akteuren kann diese Annahme nicht aufgestellt werden. Die Akteure müssen zwischen den Ebenen hin- und herwechseln können, um Probleme zu lösen.
Individuen, die über keine Autonomie zur Selbstorganisation und Selbstverwaltung verfügen, bleiben in ihrer Eine-Ebene-Welt verhaftet. (2)
Brocker I 732
Für die Untersuchung von Strategien nachhaltiger Bewirtschaftung von Allmendegütern (sozialen Gütern) wählt Ostrom höchst unterschiedliche Beispielen aus verschiedenen Weltregionen (Schweiz, Japan, Philippinen, Spanien) mit unterschiedlichen Kulturen und Umweltbedingungen. (3)
Frage: gibt es allgemeine Prinzipien für das Aufstellen von Regeln der Bewirtschaftung und Kooperation zwischen den Akteuren, die an diesen unterschiedlichen Fällen erkannt werden können?
Operative Regeln/Ostrom: (siehe auch Organisation/Ostrom
): hier gibt es auch Bauprinzipien , die maßgeblichen Einfluss auf die Nachhaltigkeit der vorgestellten Ressourcenbewirtschaftungs-Systeme haben:
1. Klar definierte Grenzen für Haushalte oder Personen, die das Recht zur Entnahme von Einheiten aus der Allmende haben.
2. Kongruenz zwischen Aneignungs- und Bereitstellungsregeln und lokalen Bedingungen
3. Arrangements für kollektive Entscheidungen: die meisten Personen können über Änderungen der operativen Regeln mitbestimmen.
4. Überwachung: die Überwacher sind den Aneignern (von Allmendegütern) gegenüber rechenschaftspflichtig oder selbst Aneigner.
5. Abgestufte Sanktionen von Regelverletzungen
6. Konfliktlösungsmechanismen: die Beteiligten haben raschen Zugang zu kostengünstigen lokalen Arenen, die Konflikte schlichten.
7. Minimale Anerkennung des Organisationsrecht: das Recht der Aneigner, eigene Institutionen zu entwickeln, wird von keiner externen staatlichen Behörde in Frage gestellt.
8. Eingebettete Unternehmen: (für größere, komplexere Systeme): hier sind Aneignung, Bereitstellung, Überwachung, Durchsetzung, Konfliktlösung und Verwaltung in mehrere Ebenen eingebettet.
Allmendegüter/Übernutzung: Für sich genommen ist keine der obigen Regeln ausreichend, um Hardins „Tragik der Allmende“ (siehe Soziale Güter/Hardin) - also die zwangsweise Übernutzung gemeinschaftlicher Güter - zu verhindern.
Brocker I 734
Trittbrettfahrerproblem/Lösung/Ostrom: erst Investitionen in kostengünstige, selbst organisierte Überwachung machen die Zusagen der einzelnen Nutzer glaubwürdig. Gleichzeitig nehmen sie selbst Teil an der Überwachung, um Ausbeutung durch ihre Nachbarn zu verhindern.
Lernen/Sanktionen: zum Lernen ist es wichtig, dass die Sanktionen am Anfang nicht existentiell bedrohend sind.
Brocker I 734
Staatliche Eingriffe: Problem: Selbstregulierung und Eigeninitiative werden durch staatliche Intervention und Regulierung bedroht. (4)(5) Siehe Soziale Güter/Ostrom, >Trittbrettfahrer.

1. Elinor Ostrom, Governing the Commons. The Evolution of Institutions for Collective Action, Cambridge 1990. Dt.: Elinor Ostrom, Die Verfassung der Allmende. Jenseits von Staat und Merkt, Tübingen 1999, S 68.
2. Ebenda S. 70
3. Ebenda S. 72f
4. Hanisch „Cooperatives in Rural Devolopment and Poverty Alleviation“, in: Jos Bijman/Roldan Muradian/Jur Schuurman (Ed.) Cooperatives, Economic Democratization and Rural Development, Cheltenham/Northampton 2016, S. 55
5. Helen Markelova Ruth Meinzen-Dick/Jon Hellin/Stephan Dohrn, „Collective Action for Smallholder Market Access“, in: Food Policy 34/1, 2009, S. 5

Markus Hanisch, „Elinor Ostrom Die Verfassung der Allmende“, in: Manfred Brocker (Hg.) Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert. Frankfurt/M. 2018

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

EconOstr I
Elinor Ostrom
Governing the commons: The evolution of institutions for collective action Cambridge 1990

Brocker I
Manfred Brocker
Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert Frankfurt/M. 2018

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