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Tyrannei: Eine Tyrannei ist eine Regierungsform, in der ein Herrscher die absolute Macht innehat und sie auf unterdrückerische und grausame Weise ausübt. In einer Tyrannei wird die Macht des Herrschers nicht durch Gesetze oder andere Institutionen eingeschränkt. Siehe auch Diktatur, Staat.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Achille Mbembe über Tyrannei – Lexikon der Argumente

Brocker I 917
Tyrannei/Postkolonialismus/Mbembe/Herb: (...) [Mbembe liefert] eine minutiöse Analyse der spezifischen Unterwerfungsverhältnisse, die in der Subsahara nach dem Abzug der Kolonialmächte etabliert wurden. Mbembe fasst diese Verhältnisse unter den Begriff der »Befehlsgewalt« (»Commandement«), das neue Grundwort kolonialer und postkolonialer Herrschaft. Koloniale Souveränität ist für Mbembe – im Anschluss an Derrida – in dreifacher Hinsicht bestimmbar: als gründende, sinnstiftende und ratifizierende Gewalt. Ihr Zusammenwirken sorgt dafür, dass die ursprüngliche Gewalt in rechtmäßige Herrschaft transformiert wird. Solch autorisierende Autorität kommuniziert ständig die Legitimität ihres eigenen Handelns, ohne damit die »Ungerechtigkeit der Mittel und die Illegalität der Zwecke« (2016(1),75 f.) kaschieren zu können. Willkür und Gewalt des kolonialen Regimes zeigt Mbembe beispielhaft am sogenannten
Brocker I 918
»Indigenatsregime« (78) auf. Es beraubt den Einheimischen nicht nur jeder politischen Teilhabe, sondern unterzieht ihn einer durchgängigen staatlichen Dressur. Im Rahmen umfassender Überwachungsdispositive und Strafpraktiken wird der Indigene gezähmt und abgerichtet (83). Er wird zu einem völlig rechtlosen Subjekt in animalischer Gestalt, das »niemals wirklich in den Bereich der menschlichen Möglichkeiten eintreten« (78) kann.
Statt der rule of law herrscht die personal rule (102). Diese Rechtlosigkeit des Kolonisierten wird durch die Abhängigkeit des Marktes vom Staat noch vergrößert. Die Arbeit des Kolonisierten fungiert hier nicht nur als Ware auf dem Markt. Die Entlohnung der Arbeit dient vielmehr als »Ressource, um Gehorsam und Dankbarkeit zu kaufen und die Bevölkerung an disziplinäre Dispositive zu koppeln« (106).
>Postkolonialismus/Mbembe
.
Brocker I 921
Für Mbembe setzt die postkoloniale Befehlsgewalt (...) nicht allein auf Überwachen und Strafen.
>Simulakrum/Mbembe, >Regierungspolitik/Mbembe.
Vielmehr errichtet sie eine »intime Tyrannei« (Mbembe 2016(1), 208) zwischen Befehlenden und Untertanen. Diese Intimität gehört geradezu zu den »Triebfedern der Tyrannei in Schwarzafrika« (216), ohne freilich die Tyrannen der Loyalität ihrer Untertanen zu versichern. Die Anerkennung der Staatsmacht als Fetisch ist nur »gespielt«. So weist Mbembe darauf hin, »dass der Körper des postkolonisierten Subjekts, indem er für die Macht öffentlich tanzt, seine Unterwerfung beteuert und im Vorbeigehen die Existenz einer unhinterfragbaren Institution ratifiziert, um eben besser mit ihr spielen und sie bei der ersten Gelegenheit ändern zu können« (209).
MbembeVsBachtin: In diesem Spiel von Treue und Verrat sind, wie Mbembe gegenüber dem »Irrtum von Bachtin« (216) geltend macht, alle Insassen der Postkolonie gefangen: Beherrschte und Herrscher. Alle sind ohne Ausnahme am Spiel um Leben und Tod beteiligt.

1. Achille Mbembe, De la postcolonie. Essai sur l’imagination politique dans l’Afrique contemporaine, Paris 2000. Dt.: Achille Mbembe, Postkolonie. Zur politischen Vorstellungskraft im Afrika der Gegenwart, Wien/Berlin 2016

Karlfriedrich Herb, „Achille Mbembe, Postkolonie (2000)“. In: Manfred Brocker (Hg.) Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert. Frankfurt/M. 2018

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Mbembe, Achille

Brocker I
Manfred Brocker
Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert Frankfurt/M. 2018

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