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Platon: Platon (ca. 428/427 - 348 v. Chr.) war ein griechischer Philosoph, Schüler von Sokrates, Verfasser philosophischer Dialoge und Gründer der Akademie in Athen, wo auch Aristoteles studierte. Seine Hauptwerke sind Die Republik, Apologie, Krito, Phaido, Symposion, Meno, Gorgias, Protagoras, Theaetetus, Parmenides, Timaios. Siehe auch Antike Philosophie, Aristoteles.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Politische Theorien über Platon - Lexikon der Argumente

Gaus I 309
Platon/Politische Philosophie/Keyt/Miller: Nach 2.400 Jahren gibt es immer noch keine einheitliche Interpretationsstrategie für die Lektüre Platons. Da er eher Dialoge als Abhandlungen schrieb, wird es problematisch bleiben, inwieweit seine Figuren für ihren Autor sprechen. Die größte Kluft besteht zwischen Dolmetschern, die die platonische Anonymität respektieren, und solchen, die sie nicht respektieren (siehe D.L. III.50-1).
A. Platon als anonymer Autor:
[Diese Interpreten Platons] sind beeindruckt von der literarischen "Distanzierung", die Platon zwischen sich und seinen Lesern herstellt. (Die Ideen, die Protagoras im Theaitetos zugeschrieben werden, sind zum Beispiel dreimal von Platon entfernt: Sie werden von Sokrates ausgedrückt, dessen Reden wiederum von Euklides, dem Erzähler des Dialogs, gelesen werden).
Charakteristik: Interpreten, die eine solche Distanzierung ernst nehmen, könnte man als "Charakterologen" bezeichnen, da sie davon ausgehen, dass die Figuren in den Dialogen literarische Charaktere sind, die für sich selbst sprechen, nicht für Platon. Charakterologen nehmen die Dialoge eher als "skeptisch" oder aporetisch denn als "dogmatisch" oder doktrinär wahr und betonen ihre dramatischen und literarischen Elemente.
Leo Strauss: So behauptet Leo Strauss, ein besonders eifriger Charakterologe, dass die Dialoge als Dramen gelesen werden müssen: "Wir können nicht", sagt er, "Platon irgendeine Äußerung einer seiner Figuren zuschreiben, ohne große Vorsichtsmaßnahmen getroffen zu haben" (1964(1): 59) (...).
B. Platonische Personen als für sich selbst sprechend:
Die gegnerische Gruppe von Interpreten geht davon aus, dass Platon in jedem Dialog einen identifizierbaren Sprecher hat: Sokrates in der Gorgias und der Republik, der eleatische Fremde im Staatsmann und der athenische Fremde in den Gesetzen (D.L. III.52). Solche Interpreten fallen in drei Lager
(1) Die Unitarier gehen davon aus, dass Platons Sprecher in allen vier Dialogen eine einheitliche Doktrin vertreten.
(2) Entwicklungstheoretiker gehen davon aus, dass die von Platons Sprechern vertretene Doktrin sich von einem Dialog zum nächsten entwickelt. Sie glauben natürlich, dass die Reihenfolge der Zusammensetzung unserer vier Dialoge festgelegt werden kann, wobei in der Regel die Reihenfolge vom frühesten bis zum spätesten bevorzugt wird: Gorgias, Republik, Staatsmann, Gesetze.
(3) Partikularisten interpretieren jeden Dialog für sich. Sie erlauben jedoch, dass es thematische Verbindungen zwischen den vier Dialogen geben kann,
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sie machen sich keine allzu großen Sorgen über das Verhältnis eines Dialogs in der Gruppe zu den anderen. Griswold (1988)(2) und Smith (1998(3): Bd. I) sind zwei nützliche Aufsatzsammlungen über Interpretationsstrategien und Tarrant (2000)(4) ist hierbei ein wichtiges neues Werk über die platonische Interpretation.
Dialoge:
Nomoi: In den Gesetzen zählt der athenische Fremde sieben Herrschaftsansprüche auf - den Anspruch der Gutgeborenen, über die Niedriggeborenen zu herrschen, den Anspruch der Starken, über die Schwachen zu herrschen usw. - und kommt zu dem Schluss, dass der größte Anspruch von allen der Anspruch der Weisen ist, über die Unwissenden zu herrschen (Gesetze III.690a-d). Diese Schlussfolgerung ist die belebende Idee der vier politischen Dialoge.
Gorgias: In der Gorgias behauptet Sokrates, dass wahre Staatskunst (politiké) sich vom öffentlichen Reden (rhetoriké) dadurch unterscheidet, dass sie eine Kunst (techné) und nicht ein empirischer Kniff (empeiria) ist - wobei eine Kunst, im Gegensatz zu einem empirischen Kniff, ein rationales Prinzip (logos) hat und die Ursache (aitia) für jede Sache geben kann (Gorg. 465a). Er argumentiert, dass keiner der Männer, die als große athenische Staatsmänner gelten, wahre Staatskunst praktizierte (Gorg. 503b-c, 517a), und behauptet, er selbst sei der einzig wahre Staatsmann in Athen (Gorg. 521d6-9).
Republik: In der Republik ist die Rolle der Vernunft und des Wissens in der Politik sauber im Gleichnis vom Staatsschiff eingefasst: So wie ein Steuermann auf Himmel, Sterne und Wind achten muss, wenn er wirklich qualifiziert sein soll, ein Schiff zu steuern, so muss ein Staatsmann das Reich der Formen kennen, ein Reich der körperlosen Paradigmen, die jenseits von Raum und Zeit existieren, wenn er wirklich qualifiziert sein soll, eine Polis zu regieren (Rep. VI.488a7-489a6).
Politikos: Im Staatsmann behauptet der Eleatische Fremde, dass die einzig richtige Verfassung diejenige ist, in der die Herrscher wahre Staatskunst besitzen, wobei alle anderen Verfassungen bessere oder schlechtere Imitationen dieser Verfassung sind (Plt. 293c-294a, 296e4-297a5); und in den Gesetzen bekräftigt der Athener Fremde dasselbe Prinzip (IX.875c3-d5). (Die Beziehungen zwischen diesen Dialogen werden von Owen, 1953(5); Klosko, 1986(6); Laks, 1990(7); Gill, 1995(8); Kahn, 1995(9); und Kahn, 1996(10) diskutiert).
>Gerechtigkeit/Platon
.
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Republik/heutige Diskussion: Die Republik ist das umstrittenste Werk der griechischen Philosophie. Es gibt keine einheitliche Interpretation des Dialogs als Ganzes, eines seiner Teile oder auch nur seiner Charaktere. Von den aktuellen Kontroversen um ihre politischen Ideen betreffen die wichtigsten ihren Kommunismus, ihre Sicht der Frauen, ihre Feindseligkeit gegenüber der athenischen Demokratie und ihren Utopismus.
>Platon.
Aristoteles/VsPlaton: Platons Ablehnung von privaten oder getrennten Familien und von Privateigentum (zumindest für die Herrscher und Krieger seiner idealen Polis) wird gewöhnlich durch die Linse von Aristoteles' Kritik am platonischen Kommunismus in Politik II.1-5 untersucht.
>Aristoteles.
Literatur: T. H. Irwin (1991)(11) und Robert Mayhew (1997)(12) kommen zu gegensätzlichen Schlussfolgerungen über die Stichhaltigkeit der Kritik des Aristoteles.
Feminismus: Ob Platon ein Feminist war und ob er Frauen männlich gemacht hat, wird vor allem unter feministischen Philosophen heiß diskutiert. Tuana (1994)(13) ist eine Sammlung verschiedener Essays zu diesem Thema.
(Neue Bücher über die Republik erscheinen regelmäßig. Zu den bemerkenswertesten gehören Cross und Woozley, 1964(14); Annas, 1981(15); White, 1979(16); und Reeve, 1988(17). Drei neuere Aufsatzsammlungen sind besonders hilfreich: Fine, 1999(18): Bd. II; Kraut, 1997b(19); und Höffe, 1997(20)).
Staatsmann/Politikos: (Nach langer Vernachlässigung ist der Staatsmann in letzter Zeit ins Rampenlicht gerückt. Lane, 1998(21), schrieb eine Studie über seine politische Philosophie; und Rowe, 1995(22), bietet eine umfangreiche Sammlung von Arbeiten zu allen Aspekten des Dialogs).

1. Strauss, Leo (1964) The City and Man. Chicago: Rand McNally.
2. Griswold, Charles L. (1988) Platonic Writings/Platonic Readings. New York: Routledge.
3. Smith, Nicholas D., Hrsg. (1998) Plato: Critical Assessments. Vol. l, General Issues of Interpetation. London: Routledge.
4. Tarrant, Harold (2000) Plato 's First Interpreters. London: Duckworth.
5. Owen, G. E. L. (1953) 'The place of the Timaeus in Plato's dialogues'. Classical Quarterly, 3: 79-95.
6. Klosko, George (1986) The Development of Plato 's Political Theory. New York: Methuen.
7. Laks, André (1990) 'Legislation and demiurgy: on the relationship between Plato's Republic and Laws'. Classical Antiquity, 9: 209-29.
8. Gill, Christopher (1995) 'Rethinking constitutionalism in Statesman 291—303'. In C. J. Rowe, ed., Reading the Statesman: Proceedings of the 111 Symposium Platonicum. Sankt Augustin: Academia.
9. Kahn, Charles H. (1995) 'The place of the Statesman in Plato's later work'. In C. J. Rowe, ed., Reading the Statesman: Proceedings of the 111 Symposium Platonicum. Sankt Augustin: Academia.
10. Kahn, Charles H. (1996) Plato and the Socratic Dialogue: The Philosophical Use of a Literary Form. Cambridge: Cambridge University Press.
11. Irwin, T. H. (1991) 'Aristotle's defense of private property'. In David Keyt and Fred D. Miller, eds, A Companion to Aristotle Politics. Oxford: Blackwell.
12. Mayhew, Robert (1997) Aristotle's Criticism of Plato's Republic. Lanham, MD: Rowman and Littlefield.
14. Cross, R. C. and A. D. Wooziey (1964) Plato's Republic: A Philosophical Commentary. New York: St Martin's.
15. Annas, Julia (1981) An Intmduction to Plato's Republic. Oxford: Clarendon.
16. White, Nicholas P. (1979) A Companion to Plato's Republic. Indianapolis: Hackett.
17. Reeve, C. D. C. (1988) Philosopher-Kings: The Argument of Plato 's Republic. Princeton, NJ: Princeton University Press.
18. Fine, Gail (1999) Plato 2: Ethics, Politics, Religion, and the Soul. Oxford: Oxford University Press.
19. Kraut, Richard, ed. (1997b) Plato's Republic: Critical Essays. Lanham, MD: Rowman and Littlefield.
20. Höffe, Otfried, ed. (1997) Platon Politeia. Berlin: Akademie.
21. Lane, M. S. (1998) Method and Politics in Plato's Statesman. Cambridge: Cambridge University Press.
22. Rowe, C. J. (1995) Reading the Statesman: Proceedings of the 111 Symposium Platonicum. Sankt Augustin: Academia.

Keyt, David and Miller, Fred D. jr. 2004. „Ancient Greek Political Thought“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Politische Theorien

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004

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