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Perfektionismus: Der Perfektionismus in der politischen Philosophie setzt sich für gesellschaftliche Ziele oder Werte ein, die darauf abzielen, eine ideale Vorstellung von menschlicher Vortrefflichkeit oder Wohlstand zu erreichen. Er behauptet, dass Regierungen bestimmte Vorstellungen vom guten Leben aktiv fördern sollten, indem sie Bedingungen schaffen, die es dem Einzelnen ermöglichen, sein höchstes Potenzial zu erreichen. Siehe auch Gesellschaft, Perfektion, Politik.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Gerald F. Gaus über Perfektionismus – Lexikon der Argumente

Gaus I 102
Perfektionismus/Gaus: Die perfektionistische Theorie des guten Lebens - das gute Leben schließt die Perfektion der Menschen in der Gesellschaft ein - ist in der zeitgenössischen Politik sehr attraktiv.
Gaus I 103
Theorie: Sie stand im Mittelpunkt von William Galstons früheren Arbeiten (1980(1); 1991(2)) und wurde von Douglas B. Rasmussen und Douglas J. Den Uyl (1991)(3) als Grundlage für die Verteidigung des klassischen Liberalismus verwendet. Obwohl die Leser von Ayn Rands Beschreibung ihrer Position zum "Egoismus" oft verwirrt werden, scheint eine gewisse Vorstellung von menschlicher Perfektion auch für den von Rand inspirierten Liberalismus grundlegend zu sein (Machan, 1989(4); Smith, 1995(5) 62ff). Solche perfektionistischen Darstellungen des guten Lebens sind in zweierlei Hinsicht ausgesprochen liberal. Erstens, und das ist am offensichtlichsten, liefern sie die Grundlage für ein Argument für Freiheit. Menschen brauchen Raum, um zu wachsen, Raum, um herauszufinden, welche Lebensformen zu ihrer einzigartigen Natur passen und welche nicht.
>Individuen/Mill
, >Liberalismus/Gaus, >Liberalismus/Waldron.
Wie Mill es ausdrückt, brauchen die Menschen die Freiheit, sich auf "Experimente im Leben" einzulassen. Der Mangel an Freiheit wird das Wachstum hemmen, wodurch menschliche Impulse blockiert und passive Persönlichkeiten hervorgebracht werden. Zweitens tendieren solche Theorien dazu, das Individuum und seine Entscheidungen in den Mittelpunkt des ethischen Lebens zu stellen: Liberalismus wird als eine Theorie des ethischen Individualismus verstanden. Das heißt nicht, dass solche Theorien die Entwicklung als asozial betrachten; in der Tat betonen sie oft die Art und Weise, wie das soziale Leben für eine vollständige Entwicklung notwendig ist (Gaus, 1983a(6), Kap. 2 und 3; Kymlicka, 1991(7)). Dennoch ist es das Individuum und seine Selbstverwirklichung oder sein Aufblühen, das den letztendlichen Wert hat. Außerdem sind Individuen nicht so tief in die Gesellschaft eingebettet, dass ihre Entscheidungen ein Spiegelbild der Sozialgeschichte oder Kultur sind (Sher, 1997(8): Kap. 7). >Mill/Gaus.
Individuuen/Mill: Der Großteil der Gesellschaft ist laut Mill eine "kollektive Mittelmäßigkeit": Sie neigt dazu, sich anzupassen und ist nicht an neuen Ideen interessiert. Die wenigen, die denken und erfinden, sind "das Salz der Erde: ohne sie würde das menschliche Leben zu einem stagnierenden Teich werden" (1963a(9): Kap. 3, Abs. 10).
Bevormundung: (...) Daraus folgt, dass solche perfektionistischen Theorien das Schreckgespenst einer weit verbreiteten Bevormundung aufkommen lassen. Obwohl Mill für eine stark anti-paternalistische Moral plädierte, scheint das Ideal so spezifisch und anspruchsvoll zu sein, dass es die Tore für Eingriffe in die Freiheit öffnet und versucht, die mittelmäßige Masse zu einer reicheren Persönlichkeit zu treiben. Es wird auch weniger offensichtlich, warum ihnen eine Freiheit gewährt werden sollte, die der sich vervollkommnenden Elite gleichkommt.
>Autonomie/Gaus.

1. Galston, William (1980) Justice and the Human Good. Chicago: Chicago University Press.
2. Galston, William (1991) Liberal Purposes: Goods, Virtues and Diversity in the Liberal State. Cambridge: Cambridge University Press.
3. Rasmussen, Douglas B. and Douglas J. Den Uyl (1992) Liberty and Nature: An Aristotelian Defense of Liberal Order. La Salle, IL: Open Court.
4. Machan, Tibor (1989) Individuals and Their Rights. La Salle, IL: Open Court.
5. Smith, Tara (1995) Moral Rights and Political Freedom. Lanham, MD: Rowman and Littlefield.
6. Gaus, Gerald F. (1983a) The Modern Liberal Theory of Man. New York: St Martin’s.
7. Kymlicka, Will (1991) Liberalism, Community and Culture. Oxford: Clarendon.
8. Sher, George (1997) Beyond Neutrality: Perfectionism and Politics. Cambridge: Cambridge University Press.
9. Mill, John Stuart (1963a) On Liberty. In J. M. Robson, ed., The Collected Works of John Stuart Mill. Toronto: University of Toronto Press, vol. XVIII, 213–301.

Gaus, Gerald F. 2004. „The Diversity of Comprehensive Liberalisms.“ In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004

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