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Christopher W. Morris über Nationen – Lexikon der Argumente

Gaus I 205
Nationen/Staat/Morris: Staaten (...) werden auch als 'Nationalstaaten' bezeichnet, vielleicht um sie von griechischen Polis oder Renaissance-Stadtrepubliken zu unterscheiden. Wenn wir Staaten und Nationen als verschiedene Dinge betrachten, ist eine interessante Frage, ob Staaten Nationalstaaten sein müssen. Um diese Frage aufzuwerfen, müssen wir zwischen Staaten und Nationen unterscheiden.
>Staat/Morris
.
Def Nation/Morris: In dem Sinne, der uns hier interessiert, ist eine Nation eine Gesellschaft, deren Mitglieder durch Gefühle der Solidarität und der selbstbewussten Identität verbunden sind, die auf einer Reihe anderer Bindungen (z.B. Geschichte, Territorium, Kultur, Rasse, "Ethnizität", Sprache, Religion, Bräuche) beruhen (...). Eine Gruppe von Menschen bildet in diesem Sinne eine Nation, sofern die Mitglieder bestimmte Eigenschaften gemeinsam haben und sofern sie sich dieses gemeinsamen Zustandes bewusst sind und sich gegenseitig aufgrund dieser gemeinsamen Eigenschaften anerkennen. Nationen werden also Sammlungen von Individuen mit gemeinsamer Geschichte, Kultur, Sprache und dergleichen sein, deren Mitglieder andere Mitglieder aufgrund des Besitzes dieser Eigenschaften anerkennen (siehe Morris, 1998(1): Kap. 8).
(...) Diese Art der Charakterisierung von Nationen wird dazu beitragen, bestimmte signifikante Wege des menschlichen Selbstverständnisses zu erklären und zu bewerten. Sobald Staaten und Nationen unterschieden sind, wird eine Reihe von möglichen Beziehungen offensichtlich werden. Da die gesamte Landmasse der Erde heute das Territorium irgendeines Staates ist, finden wir heute keine Nation, die sich nicht
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mit einem Staat überschneidet. Dann können wir die mögliche Beziehung "eine Nation, kein Staat" eliminieren. Die wichtigsten verbleibenden Möglichkeiten sind:
- eine Nation + ein Staat (z.B. Japan, Deutschland)
- eine Nation + mehrere Staaten (z.B. die Basken, die Kurden)
- mehrere Nationen + ein Staat (z.B. Kanada, Schweiz, Belgien).
Die erste Möglichkeit ist die hervorstechendste, da sie von Nationalisten und Verteidigern wegen der Ansicht angenommen wird, dass die nationalen Völker ein Recht auf einen eigenen Staat haben. Einige haben behauptet, dass der Nationalismus, das Prinzip, "das besagt, dass die politische und die nationale Einheit kongruent sein sollten", "die Norm für die Legitimität der politischen Einheiten in der modernen Welt bestimmt" (Gellner, 1983(2): l, 49). Eine verwandte These ist, dass die Nationalität eine Grundlage für die Legitimität von Staaten ist: Der Nationalismus vertritt die Auffassung, dass die einzige legitime Regierungsform die nationale Selbstbestimmung ist" (Kedourie, 1993(3): l).
>Nationalismus/Morris.
Nationalstaaten: Wenn es nicht so ist, dass jede Nation das Recht hat, ein eigener Staat zu werden oder werden sollte, und wenn folglich nicht jeder Staat der Staat einer einzelnen Nation sein wird, was sind dann Nationalstaaten? Die meisten Staaten sind heute und in den letzten zwei Jahrhunderten multinationale Staaten gewesen - in dieser Hinsicht ist der Multikulturalismus keine neue Erfindung. (...) die Vereinigten Staaten sind multinational, und viele Amerikaner identifizieren sich explizit mit multinationalen "Bindestrichen" (z.B. italienisch-amerikanisch). Diese beiden Länder [Frankreich und die USA] sind interessant, da es sich um vergleichsweise alte Staaten handelt. Darüber hinaus teilen beide eine aufklärerische Tradition, die dem Nationalismus feindlich gesinnt ist; beide sind aus einer Revolution des achtzehnten Jahrhunderts hervorgegangen, die im Namen universeller Prinzipien gekämpft wurde. Auch wenn sie sowohl multinational als auch Nationalismus-feindlich sind, scheinen beide in gewisser Weise Nationalstaaten zu sein. Jeder von ihnen ist ein Staat, der eine "nationale" Kultur entwickelt hat, die für Außenstehende leicht erkennbar ist und deren Mitglieder leicht von Gefühlen patriotischer Gefolgschaft bewegt werden. In Bezug auf die von mir angeführte Charakterisierung der Nation können wir auf eine Art und Weise sagen, dass Frankreich und die USA auf ihre unterschiedliche Art und Weise multinationale Nationen und damit Nationalstaaten geworden sind.

1. Morris, Christopher W. (1998) An Essay on the Modern State. Cambridge: Cambridge University Press.
2. Gellner, Ernest (1983) Nations and Nationalism. Ithaca, NY: Cornell University Press.
3. Kedourie, Elie (1993 119601) Nationalism, 4th Ed. Oxford: Blackwell.

Morris, Christopher W. 2004. „The Modern State“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Morris, hristopher W.

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004

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