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Versicherungen: Eine Versicherung ist eine vertragliche Vereinbarung, bei der eine natürliche oder juristische Person eine Prämie an ein Unternehmen zahlt und im Gegenzug einen finanziellen Schutz gegen potenzielle Verluste oder Risiken erhält, der bei bestimmten Ereignissen wie Unfällen, Krankheiten oder Sachschäden einen Ausgleich bietet. Siehe auch Verträge, Vertragstheorie.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Nicholas Barr über Versicherungen – Lexikon der Argumente

Gaus I 212
Versicherungen/Wohlfahrtsstaat/Adverse Selektion/Moralisches Risiko/Barr/Moon: [in einem Wohlfahrtsstaat] kann freiwillige Sozialfürsorge (...) nicht in der Lage sein, jeden in einer Gesellschaft abzudecken. Viele Menschen in der Blütezeit der Hilfsvereine waren keine Mitglieder, und Nichtmitglieder gehörten oft zu den am wenigsten Begünstigten, zu denen ohne feste Arbeitsplätze und einen sicheren Platz in der Gemeinschaft.
Adverse Selektion: Organisationen, die Schutz anbieten, erkennen, dass diejenigen, die am ehesten Schutz benötigen, über
Gaus I 213
den größten Anreiz verfügen, sie zu aufzusuchen und so einer Hilfsvereinigung beizutreten oder sich zu versichern, während diejenigen mit den geringsten Risiken einen Anreiz haben, sich nicht zu versichern. Infolge dieses Prozesses der "adversen Selektion" werden die Risiken tendenziell auf einen immer kleineren Teil der Bevölkerung verteilt, und die Prämien müssen entsprechend steigen.
Dieser Prozess der adversen Selektion kann sich bis zu dem Punkt fortsetzen, an dem die meisten Schutzbedürftigen sich den Schutz nicht mehr leisten können, weil die Prämien so hoch steigen müssen, dass alle bis auf die Schwächsten aussteigen.
>Adverse Selektion
.
Der Wohlfahrtsstaat kann dem Problem der adversen Selektion entgegenwirken, indem er die Mitgliedschaft obligatorisch macht: "weil Personen mit geringen Risiken nicht aussteigen können, ermöglicht er eine Pooling-Lösung" (Barr, 1992(1): 755).
>Wohlfahrtsstaat.
Moral hazard: Die adverse Selektion wird durch einen zweiten Prozess oder eine zweite Bedingung, das so genannte "moral hazard", verstärkt. Personen, die gegen ein bestimmtes Risiko versichert sind, sind unter Umständen eher bereit, Risiken einzugehen, als sie es ohne Versicherung wären. Das Wissen, dass im Falle einer Erkrankung oder Verletzung meine Arztrechnungen gedeckt sind, kann meine Bereitschaft zu riskantem Verhalten, wie z.B. Skifahren, erhöhen. In dem Maße, in dem dies geschieht, können Organisationen mit höheren Forderungen konfrontiert werden, wodurch sie gezwungen sind, ihre Gebühren zu erhöhen, und andere davon abgehalten werden, Schutz zu erwerben. Noch offensichtlicher ist, dass Arbeitslosenversicherungssysteme einem moralischen Risiko unterliegen. Dies liegt daran, dass ich im Falle der Arbeitslosigkeit abgesichert bin, einen Anreiz habe, zu kündigen (oder mich feuern zu lassen) und/oder keine Arbeit zu suchen oder anzunehmen. Natürlich unterliegen auch staatliche Systeme dem moralischen Risiko, aber der entscheidende Punkt ist, dass das tatsächliche Risiko des Arbeitsplatzverlustes, wenn es überhaupt abgedeckt werden soll, durch ein öffentliches Programm abgedeckt werden muss (siehe Barr, 1998(2): 190-2).
>Moral hazard, >Trittbrettfahrer.
Aus all diesen Gründen werden Organisationen, die Schutz anbieten, versuchen, den Einsatz einzuschränken, um zu verhindern, dass zu viele Menschen mit hohem Risiko beitreten. Zusätzlich wird Menschen mit hohem Risiko mehr berechnet, damit sie an ihren anderen Mitgliedern festhalten können. Im Falle von Freiwilligengruppen, wie z.B. Nachbarschafts-, Arbeits- oder handwerklich orientierten Hilfsvereinen, können informelle Muster der sozialen Überwachung und Affinität funktionieren, um Außenstehende und andere, von denen man annimmt, dass sie besonders wahrscheinlich Leistungen benötigen, auszuschließen. In ähnlicher Weise können Privatunternehmen verschiedene "Underwriting"- Mechanismen einsetzen, um Personen oder Gruppen mit hohem Risiko auszusondern. Das Gesamtergebnis kann durchaus sein, dass bestimmte Gruppen keinen oder nur unzureichenden Versicherungsschutz erhalten, und die Kosten der Leistungen können viel höher sein, als wenn sie im Rahmen eines obligatorischen Plans erbracht würden, der die Risiken breiter streut und die Leistungen rationiert, um eine Überversorgung zu vermeiden.*

* Ein Beispiel dafür, wie ein von privater Vorsorge dominiertes System sowohl teurer ist als auch einem kleineren Teil der Bevölkerung Schutz bietet, könnte die medizinische Versorgung in den USA sein. Die USA geben einen weitaus höheren Anteil ihres BIP (12,9 Prozent im Jahr 1998 im Vergleich zu 10,3 Prozent in Deutschland oder 6,8 Prozent in Großbritannien) für die medizinische Versorgung aus als andere reiche Länder, decken aber über 20 Prozent ihrer Bevölkerung nicht ab. Ironischerweise ist die öffentliche medizinische Versorgung in den USA größer als in Großbritannien (5,8 gegenüber 5,7 Prozent des BIP), wobei die implizite Subventionierung durch die günstige steuerliche Behandlung der vom Arbeitgeber bereitgestellten Krankenversicherung (OECD-Gesundheitsstatistik) noch nicht einmal berücksichtigt ist.

1. Barr, Nicholas (1992) 'Economic theory and the welfare state'. Journal of Economic Literature, 30 (2): 741-803.
2. Barr, Nicholas (1998) The Economics of the Welfare State, 3rd Ed. Stanford, CA: Stanford University Press.

Moon, J. Donald 2004. „The Political Theory of the Welfare State“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Barr, Nicholas

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004

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