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Begrenzte Rationalität: "Bounded Rationality" ist ein Konzept, das davon ausgeht, dass die Entscheidungsfindung durch kognitive Fähigkeiten, Informationen und Zeitbeschränkungen begrenzt ist. Es erkennt an, dass Individuen Entscheidungen auf der Grundlage verfügbarer Informationen, Heuristiken und vereinfachter Modelle treffen, anstatt eine umfassende Analyse vorzunehmen, was in komplexen Situationen eher zu befriedigenden Ergebnissen als zu stets optimalen Entscheidungen führt. Siehe auch Entscheidungen, Entscheidungstheorie, Rationalität.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Christine M. Jolls über Begrenzte Rationalität – Lexikon der Argumente

Parisi I 60
Begrenzte Rationalität/Jolls: Viele wichtige Fragen des Verhaltensrechts und der Verhaltensökonomie drehen sich heute um konkurrierende Auffassungen von begrenzter Rationalität. Vgl. >Begrenzte Rationalität/Simon
.
Ökonomische Analyse: Die normative Analyse der Rechtspolitik wird tendenziell komplexer, wenn zu Simons ursprünglichem Modell der Nicht-Rationalität nicht-optimierende Entscheidungsregeln hinzugefügt werden. Zum Beispiel könnte eine gesetzliche Regelung wie das inzwischen nicht mehr existierende "Soda-Gesetz" von New York City, das den Verkauf von zuckerhaltigen Getränken in Portionen von mehr als 16 Unzen einschränkte, ein Versuch gewesen sein, die reflexartige Bestellung von übergroßen zuckerhaltigen Getränken anzugehen, einfach weil sie (sagen wir) ein angemessenes "Preis-Leistungs-Verhältnis" pro Unze boten - aber von einem normativen Standpunkt aus ist es schwierig, sicher zu sein, dass ein solcher reflexartiger Kauf wirklich ein "Versagen" ist, das eine gesetzliche "Korrektur" benötigt.
"Nichtwissen"/"Nicht-Allwissenheit" (engl. nonomniscience): Eine einfache Fehleinschätzung des Kaloriengehalts von übergroßen zuckerhaltigen Getränken lässt sich dagegen sowohl empirisch bestätigen - wissen die Leute, die ein Restaurant betreten, ungefähr, wie viele Kalorien ein übergroßes zuckerhaltiges Getränk hat? - als auch für rechtliche Maßnahmen, die einfach den Grad der Unwissenheit reduzieren sollen (obwohl natürlich auch die Kosten einer solchen Maßnahme berücksichtigt werden müssen). Sowohl für die analytische Klarheit als auch für die normative Debatte ist die Unterscheidung zwischen dem Nichtwissen und dem Nicht-Optimierungs-Aspekt von Simons beschränkter Rationalität enorm wertvoll (...).*
Parisi I 62
Nicht-Optimierung: Mit "Nicht-Optimierung" (...) wird eine Entscheidungsfindung bezeichnet, die nicht dem von der Erwartungsnutzentheorie postulierten optimierenden Verhalten entspricht.
"Satisficing"/Herbert Simon/Beispiel: Zur (...) Veranschaulichung des Simon'schen Begriffs, dass ein Individuum "zufriedenstellend" ist [d.h. nach dem "satisficing" die erstbeste Möglichkeit wählt], anstatt die "optimale" Option zu wählen, stellen Sie sich ein Individuum vor, das beurteilt, ob ein für eine Immobilie (...) angebotener Preis auf oder über einem Niveau liegt, das als "akzeptabel" angesehen wird. Das Individuum, schreibt Simon, "mag $15.000 als einen 'akzeptablen' Preis betrachten, alles über diesem Betrag als 'zufriedenstellend', alles darunter als 'unbefriedigend'" und wird dementsprechend das erste erhaltene Angebot von $15.000 oder darüber annehmen, unabhängig davon, ob diese Annahme "optimal" ist (Simon, 1955(4), S. 104). >Optimismus/Bibas, >Verlustaversion/Bibas, >Verständigung im Strafverfahren/Bibas, >Verfügbarkeitsheuristik/Wirtschaftstheorien, >Optimismus/Wirtschaftstheorien.

*Verhaltensökonomie: Die Verhaltensökonomie konzentriert sich neben der begrenzten Rationalität auf den begrenzten Willen und das begrenzte Eigeninteresse (Thaler, 1996(1)). Die begrenzte Rationalität ist jedoch innerhalb der Verhaltensökonomik besonders prominent (...). Für eine Beschreibung der verhaltensökonomischen Arbeiten zu begrenzter Willenskraft und begrenztem Eigeninteresse siehe Jolls (2007(2), 2011(3)). >Begrenzte Rationalität/Simon, >Begrenzte Rationalität/Wirtschaftstheorien.

1. Thaler, Richard H. (1996). “Doing Economics Without Homo Economicus,” in Steven G. Medema and Warren J. Samuels, Hrsg., Foundations of Research in Economics: How Do Economists Do Economics?, 227–237. Cheltenham: Edward Elgar Publishing.
2. Jolls, Christine (2007). “Behavioral Law and Economics,” available at (previously published in Peter Diamond and Hannu Vartiainen, eds., Behavioral Economics and Its Applications. Princeton, NJ: Princeton University Press).
3. Jolls, Christine (2011). Behavioral Economics and the Law. Boston, MA and Delft: now Publishers.
4. Simon, Herbert A. (1955). “A Behavioral Model of Rational Choice.” Quarterly Journal of Economics 69: 99–118.

Jolls, Christine, „Bounded Rationality, Behavioral Economics, and the Law“. In: Parisi, Francesco (Hrsg.) (2017). The Oxford Handbook of Law and Economics. Bd. 1: Methodology and Concepts. NY: Oxford University Press.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Jolls, Christine M.

Parisi I
Francesco Parisi (Ed)
The Oxford Handbook of Law and Economics: Volume 1: Methodology and Concepts New York 2017

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