Lexikon der Argumente


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Absolutismus Hobbes Höffe I 228
Absolutismus/Hobbes/Höffe: Der Grund, der in der frühen Neuzeit zum Bürgerkrieg führt, die konkurrierenden Absolutheitsansprüche religiöser Bekenntnisse und politischer Instanzen, tritt seit dem 20. Jahrhundert oft genug als Ausschließlichkeitsanspruch politischer Konfessionen auf. Infolgedessen erweist sich die nähere Gestalt von Hobbes' Staatsphilosophie, ihr Absolutismus, auch heute als kontraproduktiv. HöffeVsHobbes: Damit der Mensch sich seines Lebens sicher sein kann, bedarf es einer staatlichen Ordnung, gewiss. Im Gegensatz zu Hobbes ist die menschliche Existenz aber nicht nur im staatslosen Zustand, der Anarchie, sondern ebenso in der latent oder akut despotischen Situation einer omnipotenten Staatsgewalt bedroht: Der absolutistische Souverän eignet sich nicht zur Leitidee des Politischen.
>Gesellschaft, >Staat, >Freiheit, >Individuen, >Tyrannei, >Liberalismus.

Hobbes I
Thomas Hobbes
Leviathan: With selected variants from the Latin edition of 1668 Cambridge 1994
Autoritarismus Levitsky Levitsky I 31
Autoritarismus/Levitsky/Ziblatt: In The Breakdown of democratic Regimes, 1978 (...) untersuchte [Juan J.] Linz die Rolle von Politikern und zeigte, wie ihr Verhalten die Demokratie stärken oder gefährden kann. Außerdem schlug er einen »Lackmustest« zur Identifizierung antidemokratischer Politiker vor (...).(1) Auf Linz’ Erkenntnissen aufbauend, haben wir vier Verhaltensmerkmale herausgearbeitet, die als Warnzeichen dienen und helfen können, autoritäre Politiker zu erkennen.
Danach sollten wir uns Sorgen machen, wenn ein Politiker
(1) in Wort oder Tat demokratische Spielregeln ablehnt,
(2) politischen Gegnern die Legitimität abspricht,
(3) Gewalt toleriert oder befürwortet oder
(4) bereit ist, bürgerliche Freiheiten von Gegnern, einschließlich der Medien, zu beschneiden.
Levitsky I 72
Ad 1) [Donald] Trump erfüllte dieses Kriterium, als er die Legitimität des Wahlverfahrens in Frage stellte und vor der Wahl die beispiellose Ankündigung machte, er werde das Wahlergebnis möglicherweise nicht anerkennen. >Wahlbetrug/Levitsky.
Levitsky I 73
Ad 2) (Absprechen der Legitimität): Dem Historiker Douglas Brinkley zufolge hat seit 1860 kein wichtiger Präsidentschaftskandidat das demokratische System derart in Zweifel gezogen [wie Donald Trum]. Nur im Vorfeld des Bürgerkriegs hätten bedeutende Politiker der Bundesregierung auf ähnliche Weise die Legitimität abgesprochen. Dies sei ein »sezessionistisches, revolutionäres Motiv« gewesen, das für den Versuch gestanden habe, »gleich das gesamte System über den Haufen zu werfen«.(2)
Levitsky I 74
Ad 3) (Ermutigung zu Gewalt): Von Parteien ausgehende oder politisierte Gewalt ist häufig der Vorbote des Zusammenbruchs der Demokratie. Bekannte Beispiele sind die Schwarzhemden in Italien, die Nationalsozialisten in Deutschland, die linken Guerillas in Uruguay sowie die linken paramilitärischen Gruppen Anfang der 1960er Jahre in Brasilien. Im letzten Jahrhundert hat kein Präsidentschaftskandidat der großen Parteien jemals Gewalt gebilligt (George Wallace tat es 1968, aber er trat für eine dritte Partei an). Trump brach mit dieser Tradition. In seinem Wahlkampf tolerierte er die Gewaltausübung durch seine Anhänger (....).
Levitsky I 76
Ad 4) (Bereitschaft, brügerliche Freiheiten von (...) Kritikern zu beschneiden): Trump offenbarte diese Bereitschaft, als er 2016 ankündigte, nach der Wahl einen Sonderermittler einsetzen zu wollen, der gegen Hillary Clinton ermitteln solle, und erklärte, sie gehöre ins Gefängnis. 30 Außerdem drohte er mehrfach, kritische Medien zu bestrafen. Auf einer Kundgebung in Fort Worth in Texas beispielsweise verkündete er, gegen Jeff Bezos, den Besitzer der Washington Post, gerichtet: »Wenn ich Präsident werde, oh, dann haben sie ein Problem.(3)
Levitsky I 77
Außer Richard Nixon hat kein Präsidentschaftskandidat der beiden großen Parteien im vergangenen Jahrhundert auch nur eines der Kriterien unseres Lackmustests erfüllt.
Levitsky I 93
Zerstörung der Obersten Gerichte und Institutionen: Die Schiedsrichter auf seiner Seite zu haben, ist stets von Vorteil. Moderne Staaten besitzen verschiedene Institutionen, die das Recht haben, das Fehlverhalten sowohl von Beamten als auch von Privatpersonen zu untersuchen und zu bestrafen. Dazu gehören die Justiz, die Strafverfolgungsbehörden sowie Nachrichtendienste, Steuerämter und Aufsichtsbehörden aller Art. In Demokratien sind solche Behörden verpflichtet, als neutrale Schiedsstellen aufzutreten. Für angehende Autokraten stellen Justiz und Strafverfolgungsbehörden daher sowohl eine Herausforderung als auch eine Gelegenheit dar. In Ungarn zum Beispiel besetzte Ministerpräsident Viktor Orbán nominell unabhängige Behörden wie die Staatsanwaltschaft, den Rechnungshof, das Ombudsamt, das Zentrale Amt für Statistik und das Verfassungsgericht nach seiner Rückkehr an die Macht im Jahr 2010 mit seinen Parteigängern.(4) Weitere Beispiele aus Polen, Venezuela, Peru, Malaysia(5-10).

1. Juan J. Linz, The Breakdown of Democratic Regimes. Crisis, Breakdown, and Reequilibration, Baltimore 1978, 27-38.
2. »Donald Trump, Slipping in Polls, Warns of ›Stolen Election‹«, in: The New York Times, 14. Oktober 2016.
3. »Donald Trump Threatens to Rewrite Libel Laws to Make It Easier to Sue the Media«, Business Insider, 26. Februar 2016.
4. János Kornai, »Hungary’s UTurn. Retreating from Democracy«, in: Journal of Democracy 26, Nr. 43 (Juli 2015), S. 35.
5. Joanna Fomina/Jacek Kucharczyk, »Populism and Protest in Poland«, in: Journal of Democracy 27, Nr. 4 (Oktober 2016), S. 62 f. Das Verfassungsgericht erklärte das Reformgesetz Anfang 2016 für verfassungswidrig, was die PIS-Regierung jedoch ignorierte. Seine Partei, verkündete der PIS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczyński, werde »in Polen keine Anarchie zulassen, selbst wenn sie von den Gerichten gefördert wird«; vgl. Bugaric/Ginsburg, »The Assault on Postcommunist Courts«, S. 74.
6. Allan-Randolph Brewer Carías, Dismantling Democracy in Venezuela. The Chávez Authoritarian Experiment, New York 2010, S. 58 f.; Jones, Hugo!, S. 241 f..
7. Brewer Carías, Dismantling Democracy in Venezuela, S. 59.
8. Javier Corrales/Michael Penfold, Dragon in the Tropics: Hugo Chávez and the Political Economy of Revolution in Venezuela, Washington, D. C., 2011, S. 27; Brewer Carías, Dismantling Democracy in Venezuela, S. 236–238.
9. »El chavismo nunca pierde en el Supremo Venezolano«, in: El País, 12. Dezember 2014, http://internacional.elpais.com/internacional/2014/12/12/ actualidad/1418373177_159073.html; Javier Corrales, »Autocratic Legalism in Venezuela«, in: Journal of Democracy 26, Nr. 2 (April 2015), S. 44.
10. Conaghan, Fujimori’s Peru, S. 154–162.
Bibelkritik Spinoza Gadamer I 184
Bibelkritik/Bibel/Hermeneutik/Spinoza/Gadamer: Das eigentliche Problem des Verstehens bricht offenbar auf, wenn sich bei der Bemühung um inhaltliches Verständnis die Reflexions-Frage erhebt: Wie kommt er zu seiner Meinung? Denn es ist klar, dass eine solche Fragestellung eine Fremdheit ganz anderer Art bekundet und letztlich einen Verzicht auf gemeinsamen Sinn bedeutet.
>Verstehen, >Sinn, >Hermeneutik.
Spinozas Bibelkritik ist dafür ein gutes Beispiel (und zugleich eines der frühesten Dokumente) Im 7. Kapitel des „Tractatus theologico-politicus“(1) entwickelt Spinoza seine Interpretationsmethode der Heiligen Schrift in Anlehnung an die Interpretation der Natur. Aus den historischen Daten muss man auf den Sinn (mens) der Autoren schließen - soweit in diesen Büchern Dinge erzählt werden (Geschichte von Wundern sowie Offenbarungen), die nicht aus den der natürlichen Vernunft bekannten Prinzipien ableitbar sind. Auch in diesen Dingen, die an sich unbegreiflich (imperceptibiles) sind, lässt sich, unbeschadet dessen, dass die Schrift unbestrittenermaßen im Ganzen einen moralischen Sinn hat, alles worauf es ankommt verstehen, wenn wir nur den Geist des Autors „historisch“ erkennen, das heißt, unter Überwindung unserer Vorurteile an keine anderen Dinge denken als an die, welche der Autor im Sinne haben konnte.
Gadamer I 185
Euklid werde niemand so interpretieren, dass man Leben, Studien und Sitten (vita, studium et mores) des Verfassers beachtet, und das gelte auch für den Geist der Bibel in moralischen Dingen (circa documenta moralia). Nur weil es unbegreifliche Dinge (res imperceptibiles) in den Erzählungen der Bibel gebe, sei deren Verständnis davon abhängig, dass wir den Sinn des Autors aus dem Ganzen seiner Schrift zu eruieren vermögen (ut mentem auctoris percipiamus). Und da ist es in der Tat gleichgültig, ob das Gemeinte unserer Einsicht entspricht denn wir wollen ja nur den Sinn der Sätze (den sensus orationum) , nicht aber ihre Wahrheit (veritas) erkennen. Dafür bedarf es der Ausschaltung aller Voreingenommenheit, sogar der durch unsere Vernunft (erst recht natürlich der durch unsere Vorurteile). (§ 17).
Gadamer I 185
Gadamer: Die „Natürlichkeit“ des Bibelverständnisses beruht also darauf, dass das Einsichtige einsehbar, das Uneinsichtige „historisch“ verständlich wird.
>Bibel.


1. Spinoza: Theologisch-politische Abhandlung. Berlin 1870



Höffe I 238
Bibelkritik/Spinoza/Höffe: Aufklärer ist Spinoza auch mit der kritischen Analyse der Heiligen Schrift. >Aufklärung.
Die historisch-kritische Bibelwissenschaft ist damals zwar schon weit fortgeschritten, sodass Spinozas Methode, etwa mit der Calvins verglichen, nicht neu ist. Neu, vielleicht sogar revolutionär neu ist der politische Auftrag, den die Hermeneutik der Bibel erhält: Sie muss Sich dem politischen Leitziel, dem Frieden, unterwerfen, der wiederum im Dienst der Freiheit zu philosophieren steht. Zu diesem Zweck untergräbt Spinoza die Autorität der gelehrten Theologen und erklärt jeden Menschen für frei, die Heilige Schrift selbst auszulegen - sofern er eine politische Bedingung erfüllt: dass seine Auslegung den Gehorsam gegen das (weltliche) Gesetz stärkt. Andernfalls lassen sich nämlich weder Aufstände noch Bürgerkriege verrneiden.
VsOffenbarung: Soweit sich Spinoza auf den Inhalt der Heiligen Schrift einlässt, nimmt er ihrem Grundgedanken den Rang einer zeitlos gültigen Offenbarung. Die Schrift bestehe vielmehr vor allem aus Bildreden, die sich an die Einbildungskraft der damaligen Zeitgenossen und deren Fassungskraft richten. Sofern die Texte lediglich Bildreden sind, sucht eine weitergehende Hermeneutik, eine Exegese zweiter Stufe, ihren versteckten Subtext, den vernünftigen Kern, auf. Laut Spinoza ist er moralischer und lediglich nur moralischer Natur: Die Gebote der Schrift sollen zur Rechtschaffenheit, nämlich zu Gerechtigkeit und Nächstenliebe, anleiten.
Religion/Spinoza: Hier erscheint die Religion als ein Mittel zur moralischen Kultivierung der Menschen, was eine sich vollendende Toleranz zur Folge hat: Wer wie Spinoza die Religion auf die moralische Kultivierung des Menschen verpflichtet, der kann seiner eigenen Religion und Konfession treu bleiben, zugleich die der anderen anerkennen, denn deren Unterschiede sind ihm unerheblich geworden.
>Religion, >Theologie, >Moral, Ethik, >Kultur.

Spinoza I
B. Spinoza
Spinoza: Complete Works Indianapolis 2002

Gadamer I
Hans-Georg Gadamer
Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik 7. durchgesehene Auflage Tübingen 1960/2010

Gadamer II
H. G. Gadamer
Die Aktualität des Schönen: Kunst als Spiel, Symbol und Fest Stuttgart 1977
Bürgerrechte Diskurstheorien Gaus I 163
Bürgerrechte/Diskurstheorien/Bohman: Bürgerrechte können beispielsweise rechtlich so interpretiert werden, dass sie eine Mindestschwelle und den fairen Wert der kommunikativen Freiheiten festlegen und garantieren. Sie können z.B. dahingehend ausgelegt werden, dass sie eine gerechtere Verteilung der Stimmrechte gewährleisten, was einen besseren Zugang zu repräsentativen Foren ermöglicht, oder sie können Regelungen der politischen Rede öffnen, um die Auswirkungen von Diskrepanzen bei der Finanzierung von Wahlkampagnen zu verringern. Das Entstehen neuer Normen oder die Neuinterpretation alter Normen kann eine Periode dessen erfordern, was Ackerman (1991(1)) als "Verfassungspolitik" innerhalb einer bestehenden Demokratie bezeichnet. Ackerman sieht die Verfassung somit als ein offenes diskursives Projekt, das an historischen Wendepunkten wie dem Wiederaufbau nach dem Bürgerkrieg und der Großen Depression Paradigmenwechseln unterworfen ist. Diese Veränderungen spiegeln "Diskursmomente" wider; nach Gamson (1992(2)) ist dies: Teil I), in dem das Volk, die Gerichte oder die Exekutive auf historische Umstände reagieren, indem sie die Verfassung neu interpretieren und neu erschaffen.

1. Ackerman, Bruce (1991) We the People, Bd. I. Cambridge: Harvard University Press.
2. Gamson, William (1992) Talking Politics. Cambridge: Cambridge University Press.

Bohman, James 2004. „Discourse Theory“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004
Institutionen Acemoglu Acemoglu I 74
Institutionen/Acemoglu/Robinson: A. Def integrative Institutionen: (...) wie z.B. in Südkorea oder in den Vereinigten Staaten, sind diese diejenigen, die der Mehrheit der Menschen die Teilnahme an wirtschaftlichen Aktivitäten ermöglichen und fördern, die ihre Talente und Fähigkeiten am besten nutzen und die den Einzelnen in die Lage versetzen, die von ihm gewünschten Entscheidungen zu treffen. Um integrativ zu sein, müssen die Wirtschaftsinstitutionen über sicheres Privateigentum, ein unparteiisches Rechtssystem und ein Angebot an öffentlichen Dienstleistungen verfügen, das gleiche Wettbewerbsbedingungen für Austausch und Vertragsabschlüsse bietet; es muss auch den Eintritt neuer Unternehmen ermöglichen und den Menschen die Wahl ihrer Laufbahn ermöglichen.
Eigentum: Sichere private Eigentumsrechte sind von zentraler Bedeutung, da nur diejenigen mit solchen Rechten bereit sein werden, zu investieren und die Produktivität zu steigern.
Acemoglu I 75
Die Sicherung der Eigentumsrechte, des Rechts, der öffentlichen Dienstleistungen und der Vertrags- und Tauschfreiheit hängt vom Staat ab. Dieser ist eine Institution mit der Zwangsbefugnis, Ordnung zu schaffen, Diebstahl und Betrug zu verhindern und Verträge zwischen privaten Parteien durchzusetzen. Die Infrastruktur: Um gut zu funktionieren, braucht die Gesellschaft auch andere öffentliche Dienste: Straßen und ein Verkehrsnetz, damit Güter transportiert werden können; eine öffentliche Infrastruktur, damit die Wirtschaftstätigkeit florieren kann; und eine Art Basisregelung, um Betrug und Fehlverhalten zu verhindern.
Staat: Der Staat ist somit als Vollstrecker von Recht und Ordnung, Privateigentum und Verträgen und oft auch als wichtiger Anbieter öffentlicher Dienstleistungen untrennbar mit den wirtschaftlichen Institutionen verflochten. Integrative Wirtschaftsinstitutionen brauchen und nutzen den Staat.
B. Def extraktive Institutionen/Acemoglu/Robinson: (...) Solche Institutionen sind dazu bestimmt, Einkommen und Reichtum aus einer Teilmenge der Gesellschaft zu extrahieren, um einer anderen Teilmenge zugute zu kommen.
Vgl. >Pluralismus/Acemoglu.
Acemoglu I 80
Es besteht eine starke Synergie zwischen wirtschaftlichen und politischen Institutionen. Extraktive politische Institutionen konzentrieren die Macht in den Händen einer schmalen Elite und setzen der Ausübung dieser Macht wenig Grenzen. Wirtschaftliche Institutionen werden dann oft von dieser Elite strukturiert, um dem Rest der Gesellschaft Ressourcen zu entziehen.
Acemoglu I 81
[Die] synergistische Beziehung zwischen extraktiven wirtschaftlichen und politischen Institutionen führt eine starke Rückkopplungsschleife ein: Politische Institutionen ermöglichen es den Eliten, die die politische Macht kontrollieren, wirtschaftliche Institutionen mit wenigen Einschränkungen oder Gegenkräften zu wählen. Wenn die bestehenden Eliten unter extraktiven politischen Institutionen herausgefordert werden und die Neuankömmlinge Erfolge erzielen, sind auch die Neuankömmlinge nur wenigen Zwängen unterworfen.
Institutionen der Integration: integrative Wirtschaftsinstitutionen wiederum werden auf dem Fundament integrativer politischer Institutionen geschmiedet, die die Macht in der Gesellschaft breit streuen und ihre willkürliche Ausübung einschränken. Solche politischen Institutionen erschweren es auch anderen, die Macht an sich zu reißen, und untergraben die Grundlagen integrativer Institutionen. Diejenigen, die die politische Macht kontrollieren, können sie nicht ohne weiteres dazu nutzen, extraktive wirtschaftliche Institutionen zu ihrem eigenen Vorteil zu errichten. Integrative Wirtschaftsinstitutionen wiederum schaffen eine gerechtere Verteilung der Ressourcen und erleichtern das Fortbestehen integrativer politischer Institutionen.
Acemoglu I 82
(...) integrative Wirtschaftsinstitutionen werden weder extraktive politische Institutionen unterstützen noch von ihnen unterstützt werden. Entweder werden sie zum Nutzen der engen Interessen, die an der Macht sind, in extraktive Wirtschaftsinstitutionen umgewandelt, oder die wirtschaftliche Dynamik, die sie schaffen, wird die extraktiven politischen Institutionen destabilisieren und den Weg für die Entstehung integrativer politischer Institutionen öffnen.
Acemoglu I 92
Extraktive Institutionen: Es gibt zwei verschiedene, aber komplementäre Wege, auf denen Wachstum ((e) sogar) unter extraktiven politischen Institutionen entstehen kann. Vgl. >Wirtschaftswachstum/Acemoglu.
Acemoglu I 328
Integrative Institutionen/Acemoglu/Robinson: Integrative politische Institutionen kontrollieren nicht nur größere Abweichungen von integrativen wirtschaftlichen Institutionen, sondern wehren sich auch gegen Versuche, ihren eigenen Fortbestand zu untergraben. So lag es z.B. im unmittelbaren Interesse des Demokratischen Kongresses und des Senats, das Gericht zu "packen" und sicherzustellen, dass alle Gesetze des New Deal überlebten. Auf die gleiche Weise verstanden britische Eliten im frühen 18. Jahrhundert, dass die Aussetzung der Rechtsstaatlichkeit ihre Errungenschaften, die sie der Monarchie abgerungen hatten, gefährden würde. Die Kongressabgeordneten und Senatoren verstanden auch, dass, wenn der Präsident die Unabhängigkeit der Justiz untergraben könnte, dies das Kräftegleichgewicht im System untergraben würde, das sie vor dem Präsidenten schützte und die Kontinuität pluralistischer politischer Institutionen sicherte.
Acemoglu I 365
Extraktive Institutionen/Teufelskreis: Politische extraktive Institutionen schaffen wenig Einschränkungen bei der Machtausübung, so dass es im Wesentlichen keine Institutionen gibt, die den Gebrauch und Missbrauch von Macht durch diejenigen einschränken, die frühere Diktatoren stürzen und die Kontrolle über den Staat übernehmen. Extraktive Institutionen implizieren, dass allein durch die Kontrolle der Macht, die Enteignung des Vermögens anderer und die Errichtung von Monopolen große Gewinne und Reichtümer erzielt werden können.
Acemoglu I 366
Reproduktion von extraktiven Institutionen: Wenn mineralgewinnende Institutionen enorme Ungleichheiten in der Gesellschaft und großen Reichtum und unkontrollierte Macht für die Herrschenden schaffen, wird es viele geben, die um die Kontrolle des Staates und der Institutionen kämpfen. Extraktive Institutionen ebnen dann nicht nur den Weg für das nächste Regime, das noch extraktiver sein wird, sondern sie führen auch zu ständigen Machtkämpfen und Bürgerkriegen.
Acemogu I 372
Nationen scheitern heute, weil ihre extraktiven Wirtschaftsinstitutionen nicht die Anreize schaffen, die die Menschen brauchen, um zu sparen, zu investieren und innovativ zu sein. Die politischen extraktiven Institutionen unterstützen diese wirtschaftlichen Institutionen, indem sie die Macht derer zementieren, die von der Förderung profitieren.
Acemoglu I 463
Literatur: Der Begriff der extraktiven Institutionen geht auf Acemoglu, Johnson und Robinson (2001)(1) zurück. Die Terminologie der inklusiven Institutionen wurde uns von Tim Besley vorgeschlagen. Die Terminologie der wirtschaftlichen Verlierer und die Unterscheidung zwischen ihnen und politischen Verlierern stammt von Acemoglu und Robinson (2000b)(2). In der sozialwissenschaftlichen Literatur gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen zu unserer Theorie und unserer Argumentation. Siehe Acemoglu, Johnson, and Robinson (2005b)(3) für einen Überblick über diese Literatur und unseren Beitrag zu ihr. Die institutionelle Sicht der vergleichenden Entwicklung baut auf einer Reihe wichtiger Werke auf. Besonders hervorzuheben ist die Arbeit von North; siehe North und Thomas (1973)(4), North (1982)(5), North und Weingast (1989)(6) und North, Wallis und Weingast (2009)(7).
1. Acemoglu, Daron, Simon Johnson, and James A. Robinson (2001). “The Colonial Origins of Comparative Develo
2.Acemoglu, Daron and Robinson, James A. (2000b). “Political Losers as Barriers to Economic Development.” American Economic Review 90: 126–30.
3.Acemoglu, Daron, Simon Johnson, and James A. Robinson (2005b). “Institutions as the Fundamental Cause of Long-Run Growth.” In Philippe Aghion and Steven Durlauf, eds. Handbook of Economic Growth. Amsterdam: North-Holland.
4. North, Douglass C. and Robert P. Thomas (1973). The Rise of the Western World: A New Economic History. New York: Cambridge University Press.
5.North, Douglass C. (1982). Structure and Change in Economic History. New York: W. W. Norton and Co.
6.North, Douglass C., and Barry R. Weingast (1989). “Constitutions and Commitment: Evolution of Institutions Governing Public Choice in 17th Century England.” Journal of Economic History 49: 803–32.
7.North, Douglass C., John J. Wallis, and Barry R. Weingast (1989). Violence and Social Orders: A Conceptual Framework for Interpreting Recorded Human History. Princeton, N.J.: Princeton University Press.


Mause I 107f
Institutionen/Robinson/Acemoglu: ab der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre hat sich eine ökonomische Denkrichtung etabliert, die sich aus einer Makroperspektive mit Institutionen als Determinanten von Wachstum und Entwicklung beschäftigt. Robinson und Acemoglu unterscheiden zwischen „extraktiven“ und „integrativen“ Ordnungen. Der entscheidende Punkt lautet dabei: Dort, wo politische Herrschaft monopolisiert ist, liegt es regelmäßig im Interesse der Herrscher, Innovationen gezielt zu unterdrücken, weil die damit verbundene „kreative Zerstörung“ (Schumpeter) nicht nur wirtschaftliche Pfründe, sondern auch die Herrschaft der politischen Elite destabilisieren könnte. (1)

1. Acemoglu, James A. und James A. Robinson, Why nations fail. The origins of power, prosperity, and poverty. New York 2012.

Acemoglu II
James A. Acemoglu
James A. Robinson
Economic origins of dictatorship and democracy Cambridge 2006

Acemoglu I
James A. Acemoglu
James A. Robinson
Why nations fail. The origins of power, prosperity, and poverty New York 2012

Mause I
Karsten Mause
Christian Müller
Klaus Schubert,
Politik und Wirtschaft: Ein integratives Kompendium Wiesbaden 2018
Institutionen Robinson Acemoglu I 74
Institutionen/Acemoglu/Robinson: A. Def integrative Institutionen: (...) wie z.B. in Südkorea oder in den Vereinigten Staaten, sind diese diejenigen, die der Mehrheit der Menschen die Teilnahme an wirtschaftlichen Aktivitäten ermöglichen und fördern, die ihre Talente und Fähigkeiten am besten nutzen und die den Einzelnen in die Lage versetzen, die von ihm gewünschten Entscheidungen zu treffen. Um integrativ zu sein, müssen die Wirtschaftsinstitutionen über sicheres Privateigentum, ein unparteiisches Rechtssystem und ein Angebot an öffentlichen Dienstleistungen verfügen, das gleiche Wettbewerbsbedingungen für Austausch und Vertragsabschlüsse bietet; es muss auch den Eintritt neuer Unternehmen ermöglichen und den Menschen die Wahl ihrer Laufbahn ermöglichen.
Eigentum: Sichere private Eigentumsrechte sind von zentraler Bedeutung, da nur diejenigen mit solchen Rechten bereit sein werden, zu investieren und die Produktivität zu steigern.
Acemoglu I 75
Die Sicherung der Eigentumsrechte, des Rechts, der öffentlichen Dienstleistungen und der Vertrags- und Tauschfreiheit hängt vom Staat ab. Dieser ist eine Institution mit der Zwangsbefugnis, Ordnung zu schaffen, Diebstahl und Betrug zu verhindern und Verträge zwischen privaten Parteien durchzusetzen. Die Infrastruktur: Um gut zu funktionieren, braucht die Gesellschaft auch andere öffentliche Dienste: Straßen und ein Verkehrsnetz, damit Güter transportiert werden können; eine öffentliche Infrastruktur, damit die Wirtschaftstätigkeit florieren kann; und eine Art Basisregelung, um Betrug und Fehlverhalten zu verhindern.
Staat: Der Staat ist somit als Vollstrecker von Recht und Ordnung, Privateigentum und Verträgen und oft auch als wichtiger Anbieter öffentlicher Dienstleistungen untrennbar mit den wirtschaftlichen Institutionen verflochten. Integrative Wirtschaftsinstitutionen brauchen und nutzen den Staat.
B. Def extraktive Institutionen/Acemoglu/Robinson: (...) Solche Institutionen sind dazu bestimmt, Einkommen und Reichtum aus einer Teilmenge der Gesellschaft zu extrahieren, um einer anderen Teilmenge zugute zu kommen. Vgl. >Pluralismus/Acemoglu.
Acemoglu I 80
Es besteht eine starke Synergie zwischen wirtschaftlichen und politischen Institutionen. Extraktive politische Institutionen konzentrieren die Macht in den Händen einer schmalen Elite und setzen der Ausübung dieser Macht wenig Grenzen. Wirtschaftliche Institutionen werden dann oft von dieser Elite strukturiert, um dem Rest der Gesellschaft Ressourcen zu entziehen.
Acemoglu I 81
[Die] synergistische Beziehung zwischen extraktiven wirtschaftlichen und politischen Institutionen führt eine starke Rückkopplungsschleife ein: Politische Institutionen ermöglichen es den Eliten, die die politische Macht kontrollieren, wirtschaftliche Institutionen mit wenigen Einschränkungen oder Gegenkräften zu wählen. Wenn die bestehenden Eliten unter extraktiven politischen Institutionen herausgefordert werden und die Neuankömmlinge Erfolge erzielen, sind auch die Neuankömmlinge nur wenigen Zwängen unterworfen.
Institutionen der Integration: integrative Wirtschaftsinstitutionen wiederum werden auf dem Fundament integrativer politischer Institutionen geschmiedet, die die Macht in der Gesellschaft breit streuen und ihre willkürliche Ausübung einschränken. Solche politischen Institutionen erschweren es auch anderen, die Macht an sich zu reißen, und untergraben die Grundlagen integrativer Institutionen. Diejenigen, die die politische Macht kontrollieren, können sie nicht ohne weiteres dazu nutzen, extraktive wirtschaftliche Institutionen zu ihrem eigenen Vorteil zu errichten. Integrative Wirtschaftsinstitutionen wiederum schaffen eine gerechtere Verteilung der Ressourcen und erleichtern das Fortbestehen integrativer politischer Institutionen.
Acemoglu I 82
(...) integrative Wirtschaftsinstitutionen werden weder extraktive politische Institutionen unterstützen noch von ihnen unterstützt werden. Entweder werden sie zum Nutzen der engen Interessen, die an der Macht sind, in extraktive Wirtschaftsinstitutionen umgewandelt, oder die wirtschaftliche Dynamik, die sie schaffen, wird die extraktiven politischen Institutionen destabilisieren und den Weg für die Entstehung integrativer politischer Institutionen öffnen.
Acemoglu I 92
Extraktive Institutionen: Es gibt zwei verschiedene, aber komplementäre Wege, auf denen Wachstum ((e) sogar) unter extraktiven politischen Institutionen entstehen kann vgl. >Wirtschaftswachstum/Acemoglu.
Acemoglu I 328
Integrative Institutionen/Acemoglu/Robinson: Integrative politische Institutionen kontrollieren nicht nur größere Abweichungen von integrativen wirtschaftlichen Institutionen, sondern wehren sich auch gegen Versuche, ihren eigenen Fortbestand zu untergraben. So lag es z.B. im unmittelbaren Interesse des Demokratischen Kongresses und des Senats, das Gericht zu "packen" und sicherzustellen, dass alle Gesetze des New Deal überlebten. Auf die gleiche Weise verstanden britische Eliten im frühen 18. Jahrhundert, dass die Aussetzung der Rechtsstaatlichkeit ihre Errungenschaften, die sie der Monarchie abgerungen hatten, gefährden würde. Die Kongressabgeordneten und Senatoren verstanden auch, dass, wenn der Präsident die Unabhängigkeit der Justiz untergraben könnte, dies das Kräftegleichgewicht im System untergraben würde, das sie vor dem Präsidenten schützte und die Kontinuität pluralistischer politischer Institutionen sicherte.
Acemoglu I 365
Extraktive Institutionen/Teufelskreis: Politische extraktive Institutionen schaffen wenig Einschränkungen bei der Machtausübung, so dass es im Wesentlichen keine Institutionen gibt, die den Gebrauch und Missbrauch von Macht durch diejenigen einschränken, die frühere Diktatoren stürzen und die Kontrolle über den Staat übernehmen. Extraktive Institutionen implizieren, dass allein durch die Kontrolle der Macht, die Enteignung des Vermögens anderer und die Errichtung von Monopolen große Gewinne und Reichtümer erzielt werden können.
Acemoglu I 366
Reproduktion von extraktiven Institutionen: Wenn mineralgewinnende Institutionen enorme Ungleichheiten in der Gesellschaft und großen Reichtum und unkontrollierte Macht für die Herrschenden schaffen, wird es viele geben, die um die Kontrolle des Staates und der Institutionen kämpfen. Extraktive Institutionen ebnen dann nicht nur den Weg für das nächste Regime, das noch extraktiver sein wird, sondern sie führen auch zu ständigen Machtkämpfen und Bürgerkriegen.
Acemogu I 372
Nationen scheitern heute, weil ihre extraktiven Wirtschaftsinstitutionen nicht die Anreize schaffen, die die Menschen brauchen, um zu sparen, zu investieren und innovativ zu sein. Die politischen extraktiven Institutionen unterstützen diese wirtschaftlichen Institutionen, indem sie die Macht derer zementieren, die von der Förderung profitieren.
Acemoglu I 463
Literatur: Der Begriff der extraktiven Institutionen geht auf Acemoglu, Johnson und Robinson (2001)(1) zurück. Die Terminologie der inklusiven Institutionen wurde uns von Tim Besley vorgeschlagen. Die Terminologie der wirtschaftlichen Verlierer und die Unterscheidung zwischen ihnen und politischen Verlierern stammt von Acemoglu und Robinson (2000b)(2). In der sozialwissenschaftlichen Literatur gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen zu unserer Theorie und unserer Argumentation. Siehe Acemoglu, Johnson, and Robinson (2005b)(3) für einen Überblick über diese Literatur und unseren Beitrag zu ihr. Die institutionelle Sicht der vergleichenden Entwicklung baut auf einer Reihe wichtiger Werke auf. Besonders hervorzuheben ist die Arbeit von North; siehe North und Thomas (1973)(4), North (1982)(5), North und Weingast (1989)(6) und North, Wallis und Weingast (2009)(7).
1. Acemoglu, Daron, Simon Johnson, and James A. Robinson (2001). “The Colonial Origins of Comparative Develo
2.Acemoglu, Daron and Robinson, James A. (2000b). “Political Losers as Barriers to Economic Development.” American Economic Review 90: 126–30.
3.Acemoglu, Daron, Simon Johnson, and James A. Robinson (2005b). “Institutions as the Fundamental Cause of Long-Run Growth.” In Philippe Aghion and Steven Durlauf, eds. Handbook of Economic Growth. Amsterdam: North-Holland.
4. North, Douglass C. and Robert P. Thomas (1973). The Rise of the Western World: A New Economic History. New York: Cambridge University Press.
5.North, Douglass C. (1982). Structure and Change in Economic History. New York: W. W. Norton and Co.
6.North, Douglass C., and Barry R. Weingast (1989). “Constitutions and Commitment: Evolution of Institutions Governing Public Choice in 17th Century England.” Journal of Economic History 49: 803–32.
7.North, Douglass C., John J. Wallis, and Barry R. Weingast (1989). Violence and Social Orders: A Conceptual Framework for Interpreting Recorded Human History. Princeton, N.J.: Princeton University Press.


Mause I 107f
Institutionen/Robinson/Acemoglu: ab der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre hat sich eine ökonomische Denkrichtung etabliert, die sich aus einer Makroperspektive mit Institutionen als Determinanten von Wachstum und Entwicklung beschäftigt. Robinson und Acemoglu unterscheiden zwischen „extraktiven“ und „integrativen“ Ordnungen. Der entscheidende Punkt lautet dabei: Dort, wo politische Herrschaft monopolisiert ist, liegt es regelmäßig im Interesse der Herrscher, Innovationen gezielt zu unterdrücken, weil die damit verbundene „kreative Zerstörung“ (Schumpeter) nicht nur wirtschaftliche Pfründe, sondern auch die Herrschaft der politischen Elite destabilisieren könnte.(1)

1. Acemoglu, James A. und James A. Robinson, Why nations fail. The origins of power, prosperity, and poverty. New York 2012.

EconRobin I
James A. Robinson
James A. Acemoglu
Why nations fail. The origins of power, prosperity, and poverty New York 2012

Acemoglu II
James A. Acemoglu
James A. Robinson
Economic origins of dictatorship and democracy Cambridge 2006

Acemoglu I
James A. Acemoglu
James A. Robinson
Why nations fail. The origins of power, prosperity, and poverty New York 2012

Mause I
Karsten Mause
Christian Müller
Klaus Schubert,
Politik und Wirtschaft: Ein integratives Kompendium Wiesbaden 2018
Konflikte Huntington Brocker I 843
Konflikte/Huntington: These: Der »Kampf der Kulturen ist ein Stammeskonflikt im Weltmaßstab« (1) Dieser Konflikt lässt sich nicht mit friedlichen Mitteln lösen. Def Bruchlinienkonflikt/Terminologie/Huntington: findet auf lokaler Ebene statt.
Def Kernstaatenkonflikt: ist ein Konflikt globalen Ausmaßes. Bsp Gegnerschaft Christentum-Islam. Bsp Gegnerschaft China-Japan. Diese Konflikte überdauern z.T. mehr als tausend Jahre.
Brocker I 844
Neue Koalitionen/Huntington: könnten sich ergeben zwischen Russland und dem Westen; Japan dürfte sich stärker dem asiatischen Kulturraum zuwenden; dagegen könnte sich Indien gegen China positionieren. Bruchlinienkonflikte: können zwischen Gruppen, Verbänden und Staaten ausbrechen. Ihre Hartnäckigkeit steht im Zusammenhang mit ungeklärten Identitätsfragen, die sich meist um religiöse Streitigkeiten drehen.
Problem: Die Gefährlichkeit solcher Konflikte bestehe in dem Umstand, dass sich Drittstaaten aufgrund der kulturellen Nähe zu einer der Konfliktparteien hingezogen und zum Eingreifen gezwungen sehen könnten.
Bürgerkrieg/Huntington. These: dass rund die Hälfte aller Bürgerkriege der 1940er und 1950er Jahre – und etwa drei Viertel solcher Kämpfe in den folgenden Jahrzehnten – sind als Konflikte um kulturelle Identität ausgetragen worden. (2)
Brocker I 845
Bruchlinienkonflikte: typischer Verlauf: drei Phasen: Intensivierung, Ausweitung, Eindämmung, Unterbrechung und – selten – der Beilegung«. (3) Gemäßigte Kräfte radikalisierten sich im Laufe dieser Konflikte, während die Gruppenidentität – in den meisten Fällen die religiöse Zugehörigkeit – zum dominierenden Merkmal werde. Gemeinschafts- oder Mehrfachidentitäten spielen mit zunehmendem Radikalisierungsgrad kaum mehr eine Rolle, und die Gefahr der Eskalation nähme zu. Sowohl benachbarte, eigentlich unbetroffene Gruppierungen als auch mächtigere Drittstaaten schlagen sich auf die eine oder andere Seite des Bruchlinienkrieges. Bruchlinienkonflikte: tendieren zum Wiederaufflammen und werden nur dann eingestellt, wenn es den Interessen von Nachbarstaaten oder interessierten Drittstaaten (siehe „Kin-Länder“, Terminologie/Huntington) entspricht.(4)

Samuel P. Huntington, The Clash of Civilizations and the Remaking of World Order, New York 1996. Dt.: Samuel P. Huntington, Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert, München/Wien 1998 (zuerst 1996).S. 331
2. Ebenda S. 415
3. Ebenda S. 434 4. Ebenda S. 480

Philipp Klüfers/Carlo Masala, „Samuel P. Huntington, Kampf der Kulturen“, in: Manfred Brocker (Hg.) Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert. Frankfurt/M. 2018

PolHunt I
Samuel P. Huntington
The Clash of Civilizations and the Remaking of World Order New York 1996

Brocker I
Manfred Brocker
Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert Frankfurt/M. 2018
Krieg Hobbes Höffe I 218
Krieg/Bürgerkrieg/Hobbes/Höffe: (...) das für den Menschen natürliche Glücksverlangen [läuft] Gefahr, dass sich die Menschen gegenseitig ins Elend stürzen. Krieg aller gegen alle/Hobbes: Das Elend geht vielmehr auf ein Zusammenleben ohne ein Gemeinwesen zurück: Ohne Staatlichkeit leben die Menschen in einem Zustand des Krieges aller gegen alle. Unter diesem Zustand versteht Hobbes ausdrücklich keinen ins Ewige perpetuierten Bürgerkrieg.
Er nimmt vielmehr einen Zustand an, in dem man sich wegen der Gleichheit der Schwäche und aufgrund mangelnder Staatsgewalt prinzipiell seines Leibes und Lebens nicht sicher sein kann. Damit gibt er seiner historischen Situation, dem englischen Bürgerkrieg, eine grundsätzlichere, sowohl über die wirtschaftlichen Gegebenheiten, den Vor- und Frühkapitalismus, als auch über die Zeit der europäischen Konfessionskriege hinaus gültige Beschreibung und Erklärung.
Religion: Religionsfragen spielen zwar noch eine wichtige Rolle, der staatliche Souverän ist aber nur für die öffentliche Seite der Religion zuständig, während der persönliche Glaube, ohnehin ein inneres Phänomen, den Bürgern freisteht.
>Naturzustand, >Bürgerkrieg, >Religion.

Hobbes I
Thomas Hobbes
Leviathan: With selected variants from the Latin edition of 1668 Cambridge 1994
Liberalismus Kommunitarismus Gaus I 172
Liberalismus/Kommunitarismus/Dagger: Diejenigen, die sich für die kommunitaristische Seite der Debatte [zwischen Liberalen und Kommunitaristen] gemeldet haben, haben vier Haupteinwände gegen ihre "liberalen" oder "individualistischen" Gegner erhoben. 1) Der erste ist der bereits bei Walzer angemerkte Vorwurf, dass die abstrakte Vernunft nicht das Gewicht tragen wird, das die Philosophen ihr bei ihren Versuchen, Gerechtigkeit und Moral zu begründen, beigemessen haben. Dieses "Aufklärungsprojekt" (MacIntyre, 1981(1)) ist dem Untergang geweiht, weil es nicht erkennt, dass die Argumentation in diesen Fragen nicht losgelöst von gemeinsamen Traditionen und Praktiken erfolgen kann, von denen jede ihre eigenen Rollen, Verantwortlichkeiten und Tugenden hat.
>M. Walzer, >A. MacIntyre.
2) Zweitens geht die liberale Betonung der individuellen Rechte und der Gerechtigkeit auf Kosten der Bürgerpflicht und des Gemeinwohls. In Sandels Worten: "Gerechtigkeit findet ihre Grenzen in jenen Formen der Gemeinschaft, die sowohl die Identität als auch die Interessen der Beteiligten betreffen. Einigen schulde ich mehr, als die Gerechtigkeit erfordert oder sogar erlaubt, aufgrund dieser mehr oder weniger dauerhaften Bindungen und Verpflichtungen, die zusammengenommen die Person, die ich bin, teilweise definieren" (1982(2): 179, 182).
>M. Sandel, >Liberalismus als Autor.
3) Gegenwärtige Liberale sind laut dem dritten Vorwurf blind für diese dauerhaften Bindungen und Verpflichtungen, weil sie sich zu oft auf ein atomistisches Selbstverständnis - ein "unbelastetes Selbst" im Sinne Sandels - verlassen, das angeblich vor seinen Zielen und Bindungen liegt. Eine solche Auffassung ist sowohl falsch als auch schädlich, denn das individuelle Selbst wird weitgehend von den Gemeinschaften gebildet, die es nähren und erhalten. Wenn Rawls und andere "deontologische Liberale" Individuen lehren, sich selbst als irgendwie vor und getrennt von diesen Gemeinschaften zu sehen, dann sind sie im wahrsten Sinne des Wortes in einem sich selbst zerstörenden Unternehmen engagiert.
>J. Rawls, >Deontologie.
4) Der vierte Einwand ist also, dass diese abstrakten und universalistischen Theorien von Gerechtigkeit und Rechten zum Rückzug ins Privatleben und zum unnachgiebigen Beharren auf den eigenen Rechten gegenüber anderen beigetragen haben, die moderne Gesellschaften bedrohen. Es gibt wenig Sinn für ein gemeinsames Gut oder gar eine gemeinsame Basis, auf der sich die Bürgerinnen und Bürger treffen können. In MacIntyres Worten hat der Konflikt zwischen den Verfechtern inkommensurabler moralischer Positionen die modernen Gesellschaften so zerrissen, dass Politik heute "Bürgerkrieg ist, der mit anderen Mitteln geführt wird" (1981(1): 253).
Für einen wertvollen, ausführlichen Überblick über diese Debatte siehe Mulhall und Swift, 1996(3).
>Öffentliche Güter.

1. MacIntyre, Alasdair (1981 ) After Virtue: A Study in Moral Theory. Notre Dame, IN: University of Notre Dame Press.
2. Sandel, Michael (1982) Liberalism and the Limits of Justice. Cambridge: Cambridge University Press.
3. Mulhall, Stephen and Adam Swift (1996) Liberals and Communitarians, 2nd Ed. Oxford: Blackwell.

Dagger, Richard 2004. „Communitarianism and Republicanism“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004
Macht Locke öffe I 255
Macht/Locke/Höffe: Hobbes' Grundfrage lautete: «Wie schützt man den Einzelnen vor der Gewalt der Mitmenschen, dem potentiellen Bürgerkriegsfeind?» Locke stellt die Anschlussfrage zur Gefahr des Machtmissbrauchs: «Wie schützt man den Beschützten vor seinem Beschützer?» Darauf gibt er drei Antworten:
1) (...) Gewaltentrennung: Die oberste, aber nicht souveräne Gewalt, die Legislative, ist von der exekutiven, für den Gesetzesvollzug verantwortlichen Staatsgewalt zu trennen.
2) Hinzu kommt eine dritte Gewalt, die aber nicht wie heute üblich in der Judikative besteht, sondern der Exekutive zugeordnet wird.
3) Die dritte, «föderativ» genannte Gewalt entscheidet über Krieg und Frieden, über Bündnisse und
alle anderen außenpolitischen Fragen. Weil sie für die Außenperspektive zuständig ist, ist sie zwar ihrem Wesen nach von der exekutiven Gewalt verschieden, kann jedoch, räumt Locke ein, von ihr personell schwerlich getrennt werden.
Ad 2): Die zweite Antwort unterwirft die beiden nichtlegislativen Gewalten dem Recht (Prinzip der Legalität). Wird dagegen verstoßen, so handelt man tyrannisch. Ohne hier den «Erzphilosophen» (§74, FN)(1), also Aristoteles, zu erwähnen übernimmt Locke die auf ihn zurückgehende Unterscheidung einer entweder dem Gemeinwohl oder dem Herrscherwohl dienenden Macht.
>Gewalt, >Herrschaft, >Gesetzgebung.

1. J. Locke, Second treatise of Government

Loc III
J. Locke
An Essay Concerning Human Understanding
Meme Dawkins I 307
Mem/Dawkins: These: Angesichts der großen kulturellen Unterschiede müssen wir uns von der Vorstellung frei machen, dass Gene die einzige Grundlage der Evolution sind. ((s)Vs: Dawkins beruft sich auf Margaret Meads Schilderung von sanften Arapesh-Indianern, die heute umstritten ist.)
Dawkins These: Der Darwinismus ist eine zu gewaltige Theorie, als dass er auf den engen Rahmen des Gens beschränkt werden könnte. Das Gen werde ich als Analogon in meine These einbeziehen, nicht mehr.
I 308
Mem/Dawkins: Seit kurzer Zeit gibt es auf unserem Planeten eine neue Art von Replikator. Die neue "Ursuppe" für seine Entstehung ist die menschliche Kultur.
I 309
Findet ein Gedanke neue Anhänger, so vermehrt er sich, indem er sich von einem Gehirn zum anderen ausbreitet. N. K. Humphrey: Meme sollten als lebendige Strukturen verstanden werden, nicht nur im übertragenen, sondern im technischen Sinne.
Dawkins: Meme sind Parasiten in menschlichen Gehirnen. Bsp Das Mem für den Glauben an das Leben nach dem Tod.
Meme sind Vehikel für ihre eigene Verbreitung.
I 313
Mem/Überlieferung/Replikation/Gen/Dawkins: Jeder wird doch die Idee ein wenig verändern, wenn er sie weiterträgt und in den seltensten Fällen die gleiche Wortwahl benutzen. Also scheinen Meme nicht die Partikelförmigkeit von Genen zu haben.
I 314
Mem/Dawkins: Bsp Wenn ein Teil einer Melodie einem Rundfunksender als Pausenzeichen dient, verdient er die Bezeichnung Mem.
I 318
Mem/Dawkins: Bestandteil des Gott-Mems ist der Glaube, der auf Beweise verzichtet. Nichts ist für manche Meme so tödlich wie die Suche nach Beweisen.
Blinder Glaube ist ein starker Partner für die Verbreitung von Memen: Bsp Bürgerkrieg, religiöser Hass, Vergeltung, sich gegenseitig verstärkende Skrupellosigkeit.
I 320
Gen/Vererbung/Dawkins: Königin Elisabeth II. ist ein direkter Nachfahre von Wilhelm dem Eroberer. Doch es ist ziemlich wahrscheinlich, dass sie nicht ein einziges Gen von ihm in sich trägt. Mem/Dawkins: dagegen sind noch viele Meme von Sokrates existent. Und zwar ungeschwächt! Vielleicht auch noch ein oder zwei Gene, aber wen interessieren in diesem Zusammenhang die Gene?
Meme verbreiten sich, weil es für sie selbst von Nutzen ist!
Dafür ist nichts weiter nötig, als Gehirne, die zur Imitation fähig sind. Dann werden sich Meme herausbilden, die diese Fähigkeit bis zum Äußersten ausnutzen werden.
Vgl. >Gene/Dawkins.

Da I
R. Dawkins
Das egoistische Gen, Hamburg 1996

Da II
M. St. Dawkins
Die Entdeckung des tierischen Bewusstseins Hamburg 1993
Menschen Hobbes I 218
Mensch/Hobbes/Höffe: Auch wenn Hobbes einem Absolutismus das Wort redet, wird schon bei ihm der Mensch als Mensch zum Subjekt und Maß der politischen Ordnung. Es ist allerdings nicht das Wesen gleicher Würde, weder in deren säkularen Bestimmung als Sprach- und Vernunftbegabung noch in der religiösen Bestimmung als Gottebenbildlichkeit. Menschenrechte: Ohnehin kann im Naturzustand von Menschenrechten oder Grundrechten keine Rede sein. Entscheidend ist die gleiche Schwäche und Verletzlichkeit. Durch List oder durch Verbindung mit anderen können nämlich die Schwächeren selbst den Stärksten töten.
Infolgedessen läuft das für den Menschen natürliche Glücksverlangen Gefahr, dass sich die Menschen gegenseitig ins Elend stürzen.
>Naturzustand, >Bürgerkrieg.
Hobbes/VsMachiavelli: Diese Gefahr entspringt nicht wie bei Machiavelli einem (aus politischem Realismus gespeisten) pessimistischen Menschenbild. Nach Hobbes sind die Menschen nicht, wie Machiavelli im Fürst sagt, «undankbar, wankelmütig, verlogen, heuchlerisch und raffgierig» (1).
Krieg aller gegen alle/Hobbes: Das Elend geht vielmehr auf ein Zusammenleben ohne ein Gemeinwesen zurück: Ohne Staatlichkeit leben die Menschen in einem Zustand des Krieges aller gegen alle.
Aggression/Bürgerkrieg/Hobbes/Höffe: (...) mit der latenten, nicht notwendig aktuellen Gewalttätigkeit im Naturzustand behauptet Hobbes nicht, der Mensch sei von Natur aus aggressiv und destruktiv. >Krieg/Hobbes.
Die menschlichen Leidenschaften sind für ihn wertfreie Antriebskräfte, die man realistischerweise so hinnimmt, wie sie sind. Der Mensch ist nicht in einem moralischen Sinn antisozial, sprich böse; er ist nicht einmal unschuldig böse. Seine Grundleidenschaft, das Streben nach freier Selbsterhaltung un
d nach Glück (...) führt zu der (...) unvermeidlich asozialen Tendenz, der Neigung zur Gewalt.
>Machiavelli.

1. Machiavelli, Il Principe Kap. XVII

Hobbes I
Thomas Hobbes
Leviathan: With selected variants from the Latin edition of 1668 Cambridge 1994
Moderne MacIntyre Brocker I 660
Moderne/Moral/MacIntyre: These: Es fehlt trotz der Bemühungen von drei Jahrhunderten noch immer jede einheitliche, rational vertretbare Darlegung eines liberalen, individualistischen Standpunktes(1). Dilemma: Entweder man folgt den Bestrebungen und dem Zusammenbruch der Aufklärung (Siehe Aufklärung/MacIntyre) bis nur noch die Diagnose Nietzsches übrigbleibt, oder man muss sagen, dass das Vorhaben der Aufklärung niemals hätte in Angriff genommen werden dürfen. (2)
Siehe auch Moral/MacIntyre, Aufklärung/MacIntyre, Nietzsche/MacIntyre.
Brocker I 661
Moderne Politik/MacIntyre: sei nichts anderes als ein „Bürgerkrieg mit anderen Mitteln“. (3) Lösung/MacIntyre: als letzte Zuflucht schlägt MacIntyre vor, lokale Formen der Gemeinschaft zu entwickeln, „in denen die Zivilisation und das intellektuelle und moralische Leben über das neue finstere Zeitalter hinaus aufrechterhalten werden können, das bereits über uns gekommen ist.“ (4)
Brocker I 664
Moderne/MacIntyre: die Moderne versteht sich selbst nicht. Die moderne Scheinmoral ist die Folge einer Katastrophe, die nicht als Katastrophe (…) erkennbar wurde. (5) Lösung/MacIntyre: Gegen den epochalen Verblendungszusammenhang mobilisiert MacIntyre keine rationalen Argumente, sondern die Kraft der rettenden Erzählung.
Brocker I 665
Für MacIntyre ist der Mensch ein „erzählendes Tier“. (6) Wir sind die Erzählung, die wir leben. Lösung/MacIntyre: eine affirmative Bestätigung der eigenen Traditionsabhängigkeit.
Brocker I 666
Dies wäre eine neue Tugend; die nicht mit einer Form konservativer Begeisterung für das Alte verwechselt werden dürfe. Stattdessen manifestiert sich ein adäquates Gefühl für Tradition im Zugriff auf jene Zukunftsmöglichkeiten, die die Vergangenheit für die Gegenwart verfügbar gemacht hat. (7) MacIntyre hat keine Hoffnung auf eine Erlösung aus dem Unbehagen an der Moderne. Ein Gefühl der Sentimentalität oder sogar Trauer ist intendiert. (8)

1. Alasdair MacIntyre, After Virtue. A Study in Moral Theory, Notre Dame, Ind. 1981. Dt: Alasdair MacIntyre, Der Verlust der Tugend. Zur moralischen Krise der Gegenwart. Erweiterte Neuausgabe, Frankfurt/M. 2006 (zuerst 1987), S. 345
2. Ebenda S. 160
3. Ebenda S. 337. 4. Ebenda S. 350.
5. Ebenda S. 16
6. Ebenda S. 288 7. Ebenda S. 297f.
8. Ebenda S. 201.
Jürgen Goldstein, „Alasdair MacIntyre, Der Verlust der Tugend“ in: Manfred Brocker (Hg.) Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert. Frankfurt/M. 2018

Brocker I
Manfred Brocker
Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert Frankfurt/M. 2018
Montesquieu Höffe Höffe I 260
Montesquieu/Höffe: Zwei Generationen nach Lockes Abhandlungen über die Regierung erscheint aus der Feder eines französischen Aufklärers und brillanten Vertreters der Moralistik das Grundwerk eines neuartigen politischen Denkens: Vom Geist der Gesetze (De l'Esprit des lois, 1748). Soziologie: Das staatstheoretische Interesse an der Rechtfertigung politischer Herrschaft und mit ihr die Legitimationsfigur des Gesellschaftsvertrags verlieren ihre Bedeutung zugunsten einer politischen Soziologie und vergleichenden Rechtsethnologie (Völkerkunde des Rechts). MontesquieuVsAbsolutismus: Montesquieu leugnet freilich nicht seine eigene politische Einstellung, die Vorliebe für eine freiheitliche Ordnung und die Ablehnung jedes despotischen Absolutismus.
>Absolutismus.
MontesquieuVsEurozentrismus: Gegen eine europäische Selbstüberschätzung, einen Eurozentrismus, stellt [Montesquieu] die Mitglieder einer außereuropäischen Kultur, die Perser, als tolerant und weltoffen dar, fähig, wo erforderlich, sich und andere zu kritisieren. Während sie von Europa insbesondere deren freiere Stellung der Frau schätzen, kritisieren sie europäische Sitten, die vielen Bürgerkriege, auch die Inquisition und das Papsttum.(1)

1. Montesquieu, Perserbriefe 1721, anonym.

Höffe I
Otfried Höffe
Geschichte des politischen Denkens München 2016
Naturzustand Hobbes Höffe I 216
Naturzustand/Hobbes/Höffe: In dem für den ersten, anthropologischen Teil zentralen Kapitel 13 des Leviathan stellt Hobbes unter dem Titel des Naturzustandes eine seitdem berühmte Überlegung auf. Sie hat den methodischen Status eines Gedankenexperiments.
Höffe I 217
Mit dem Naturzustand skizziert Hobbes keine geschichtlich oder vorschichtliche Phase der Menschheit. Vielmehr untersucht er das Konfliktpotenzial, das einem Zusammenleben vernunftbegabter Sinneswesen innewohnt, sofern unter ihnen keine verbindlichen Regeln und keine öffentlichen Gewalten herrschen. HobbesVsAristoteles: Im radikalen Gegensatz zu der von Aristoteles ausgehenden Bestimmung des Menschen als eines von Natur aus politischen Wesens wird der Staat (...) nicht durch Natur, sondern durch Kunst (art) geschaffen.
„Homo homini lupus“: Hobbes' Antwort auf seine neuartige Frage ist als Formel sprichwörtlich geworden: «Der Mensch ist des Menschen Wolf» (homo homini lupus: Vom Bürger, Widmung). Die Formel stammt freilich aus der vorchristlichen Antike und wird in der Generation vor Hobbes schon von Bacon zitiert. (s.u. „Der Mensch ist dem Menschen ein Gott“).
Naturzustand: Weil nun mangels einer Staatsgewalt, wie das Gedankenexperiment voraussetzt, die Mitstreiter in voller Freiheit agieren, werden sie im Fall, dass sie um dieselben Mittel streiten, zu Gegnern: Die Menschen haben voreinander Angst. [Diese hat] (...) drei Ursachen. 1) Konkurrenz, 2) Misstrauen, 3) Ruhmsucht.
Bürgerkrieg: Erstaunlicherweise fehlt hier die für die Bürgerkriege mitentscheidende Ursache, der Streit über die religiöse Wahrheit. Denn dieser Streit fällt nicht unter eine der drei genannten Konfliktursachen: Am Seelenheil orientiert, entspringt er weder der Gewinnsucht noch dem Sicherheitsinteresse oder der Ruhmsucht.
Höffe I 219
Positive Leidenschaften/Hobbes: Höffe: Glücklicherweise herrschen im Naturzustand außer den drei Konfliktursachen noch weitere Leidenschaften. Wer sie wie viele Interpreten unterschlägt, nimmt nicht nur eine erhebliche Kürzung vor, da er nur die erste Hälfte von Hobbes' Naturzustand berücksichtigt. Er versteht auch nicht, wie der Naturzustand überwunden werden kann. Hobbes beruft sich auf drei den Frieden suchende Motivationskräfte: auf die Todesfurcht, das Verlangen nach Dingen, die es zu einem angenehmen Leben braucht, und die Hoffnung, sie durch eigene Anstrengung zu erreichen (ebd.). >Frieden/Hobbes. Das im Naturzustand herrschende Recht auf alles erweist sich bei näherer Betrachtung als ein Recht auf nichts. Weil dieser Einsicht für sich genommen jede Antriebskraft fehlt, braucht sie einen anderen, sowohl energetischen als auch zielgerichteten Faktor, eben die drei friedensförderlichen Leidenschaften. >Herrschaft/Hobbes.
Herrscher: Wegen [seiner] Allgewalt nennt ihn Hobbes einen Gott,
Höffe I 221
wegen seiner Vergänglichkeit aber nur «sterblichen» Gott. Ihn einzurichten, behauptet er, gebietet das aufgeklärte Selbstinteresse, die >Vernunft im Sinne von Lebensklugheit. „Der Mensch ist dem Mensch ein Gott“: In diesem Zusammenhang führt Hobbes - was viele Interpreten unterschlagen - die Konkurrenzformel zur Wolfs-Formel ein. Auch sie stammt aus der Antike und wird ebenfalls schon von Bacon zitiert: «der Mensch ist dem Menschen ein Gott» (homo homini deus), so heißt es schon in der Widmung der Schrift Vom Bürger.


Danto III 229
Naturzustand/Hobbes/Danto: Laut Hobbes gab es im Naturzustand kein Anzeichen von Zivilisation und die Geschichte (story) des bloßen Lebens müsste eine monotone Wiederholung von Prügeleien und Vergewaltigungen sein: Wenn es eine Geschichte ans sich (history) gegeben hat, dann ist sie der Religion zu verdanken, und laut Nietzsche damit auch dem „Geist, der von den Ohnmächtigen (Danto: den Priestern) her in sie gekommen ist. (F. Nietzsche(1)). Sinn/Leben/Nietzsche/Danto: Von hier aus lässt sich die Bedeutung der Religion erst richtig abschätzen: „Es hatte der Mensch, das Tier Mensch bisher keinen Sinn. Sein Dasein auf Erden enthielt kein Ziel; Er wusste sich selbst nicht zu rechtfertigen, zu erklären, zu bejahen.“(2).

1. F. Nietzsche Jenseits von Gut und Böse, VI. 2, S 281.
2. Ebenda S. 429.

Hobbes I
Thomas Hobbes
Leviathan: With selected variants from the Latin edition of 1668 Cambridge 1994

Danto I
A. C. Danto
Wege zur Welt München 1999

Danto III
Arthur C. Danto
Nietzsche als Philosoph München 1998

Danto VII
A. C. Danto
The Philosophical Disenfranchisement of Art (Columbia Classics in Philosophy) New York 2005
Ordnung Hobbes Habermas IV 314
Ordnung/Hobbes/Habermas: wie später der Utilitarismus, so geht auch Hobbes von vereinzelten Subjekten aus, die mit dem Vermögen zweckrationalen Handelns ausgestattet sind. Die rationalen Fähigkeiten sollen im Dienst von Leidenschaften stehen, die die Handlungszwecke diktieren. Die Verfolgung der jeweils eigenen Interessen führt zu einem Kampf um Sicherheit und knappe Güter. Wenn man nur die naturwüchsige Ausstattung interessierter und zweckrational handelnder Individuen berücksichtigt, können soziale Beziehungen nicht die Form friedlicher Konkurrenz annehmen.
Habermas IV 315
Die Handlungen anderer Individuen können nur als Mittel oder Bedingung für die Realisierung jeweils eigener Zwecke verstanden werden. Deshalb ist allen artifiziellen Regelungen die natürliche Maxime vorgeordnet, dass jeder auf jeden Einfluss auszuüben und generalisierten Einfluss, d.h. Macht zu gewinnen trachtet. >>Ordnung/Parsons.
Lösung/Hobbes: ein Herrschaftsvertrag mit unbedingter Unterwerfung aller unter die absolute Gewalt eines einzigen. Das setzt allerdings eine Situation voraus, in der die zweckrational handelnden Subjekte schon bereit sind, die für einen Vertragsabschluss notwendigen Bedingungen zu erfüllen.(1)
ParsonsVsHobbes.
1.Talcott Parsons, The Structure of Social Action, NY, 1949, S. 93f.


Höffe I 228
Ordnung/Staat/Gesellschaft/Hobbes/Höffe: Hobbes formuliert die charakteristische Herausforderung seiner Epoche als ein allgemeingültiges Grundproblem: «Warum überhaupt und in welcher Form braucht es eine institutionelle politische Ordnung, warum einen zwangsbefugten Staat?» Da auch die Antwort aus allgemeinen Grundsätzen, aus wirklichen Prinzipien, insbesondere aus dem Gedanken des Naturzustandes, erfolgt, übersteigen sowohl Hobbes' Fragestellung als auch sein Lösungsvorschlag den historischen Kontext, also, noch einmal gesagt, den britischen Bürgerkrieg und die frühbürgerliche Marktgesellschaft. ((s) Zu Problemen in Zusammenhang damit siehe >Absolutismus/Hobbes.) Vgl. >Staat/Hobbes, >Herrschaft/Hobbes.

Hobbes I
Thomas Hobbes
Leviathan: With selected variants from the Latin edition of 1668 Cambridge 1994

Ha I
J. Habermas
Der philosophische Diskurs der Moderne Frankfurt 1988

Ha III
Jürgen Habermas
Theorie des kommunikativen Handelns Bd. I Frankfurt/M. 1981

Ha IV
Jürgen Habermas
Theorie des kommunikativen Handelns Bd. II Frankfurt/M. 1981
Politik Hobbes Adorno XIII 239
Politik/Hobbes/Adorno: die Machtkämpfe innerhalb deren der Hobbessche Materialismus zu verstehen ist, waren im Wesentlichen die Machtkämpfe zwischen dem Staat als einer Organisation, die das reale Zusammenleben der Menschen betrifft, gegenüber der Macht der Kirchen. Das innere Pathos des ganzen Hobbesschen Denkens geht eigentlich, das ist ganz renaissanceistisch, und darin ist er Macchiavelli ganz ähnlich, dahin, die Staatsmacht gegenüber den Eingriffen der Kirche zu kräftigen. >Staat, >Kirche, >Gesellschaft, >Macht, >Vertragstheorie.
Wie verbindet sich Hobbes‘ extrem autoritäre Staatsphilosophie mit einer bestimmten materialistischen Grundkonzeption in der Metaphysik oder der Naturphilosophie?
Adorno XIII 249
Politik/Macht/Hobbes/Adorno: Die Idee der Naturbeherrschung wird von Hobbes ausgedehnt auch auf die innermenschliche Natur. Er setzt die menschliche Natur eigentlich der Tierwelt gleich, wie in seinem berühmten Gleichnis, dass ein Mensch dem anderen Menschen wie ein Wolf sei - homo homini lupus - deutlich wird.
XIII 250
HobbesVsAristoteles: Der Aristotelische Begriff des zoon politikon, des Menschen als politischem Tier, wird von Hobbes geleugnet. Für den nominalistischen Hobbes gibt es nur die reinen, naturwüchsigen, sich selbst erhaltenden Einzelwesen. Von dieser Auffassung sind gewisse Momente in der Ethik des Spinoza - z.B. der Grundsatz, dass ein jedes Seiende zunächst bestimmt werde von dem Bedürfnis, sich selbst zu erhalten - gar nicht so verschieden. >B. Spinoza.
XIII 251
Staatsvertrag/Hobbes/Adorno: nach Hobbes ist die Freiheit zu nichts Gutem nütz. Die bösen Tiere - die Menschen - übertragen sie auf den Souverän, der sie soweit behält, wie er ihnen die Möglichkeit der Selbsterhaltung weiter garantiert. Materialistisch daran ist, dass die Menschen als Naturwesen nur durch das nackte Bedürfnis konstituiert sind und die einzige Chance, über die Möglichkeit des Konfliktes herauszukommen ist, dass die Erfüllung der Bedürfnisse davon abhängig gemacht wird, dass auf den ursprünglichen Krieg aller einzelnen gegen alle einzelne - das ursprüngliche bellum omnium contra omnes - verzichtet wird. >Bürgerkrieg.

Hobbes I
Thomas Hobbes
Leviathan: With selected variants from the Latin edition of 1668 Cambridge 1994

A I
Th. W. Adorno
Max Horkheimer
Dialektik der Aufklärung Frankfurt 1978

A II
Theodor W. Adorno
Negative Dialektik Frankfurt/M. 2000

A III
Theodor W. Adorno
Ästhetische Theorie Frankfurt/M. 1973

A IV
Theodor W. Adorno
Minima Moralia Frankfurt/M. 2003

A V
Theodor W. Adorno
Philosophie der neuen Musik Frankfurt/M. 1995

A VI
Theodor W. Adorno
Gesammelte Schriften, Band 5: Zur Metakritik der Erkenntnistheorie. Drei Studien zu Hegel Frankfurt/M. 1071

A VII
Theodor W. Adorno
Noten zur Literatur (I - IV) Frankfurt/M. 2002

A VIII
Theodor W. Adorno
Gesammelte Schriften in 20 Bänden: Band 2: Kierkegaard. Konstruktion des Ästhetischen Frankfurt/M. 2003

A IX
Theodor W. Adorno
Gesammelte Schriften in 20 Bänden: Band 8: Soziologische Schriften I Frankfurt/M. 2003

A XI
Theodor W. Adorno
Über Walter Benjamin Frankfurt/M. 1990

A XII
Theodor W. Adorno
Philosophische Terminologie Bd. 1 Frankfurt/M. 1973

A XIII
Theodor W. Adorno
Philosophische Terminologie Bd. 2 Frankfurt/M. 1974
Revolution Trotzki Brocker I 206
Revolution/Trotzki: These: Wenn die Revolutionäre Dynamik nicht auf andere höher entwickelte Länger ((s) als Russland) übergreife, sei das Experiment der Übernahme der Kontrolle über die Produktion und die Verteilung von Reichtum durch die Arbeiterklasse zum Scheitern verurteilt. (1) (TrotzkiVsStalin). Trotzki entwickelte ein Zwei-Stufen-Schema der russischen Revolution: Zuerst sollte durch eine umfassende Bodenreform der grundbesitzende Adel als soziale Klasse überwunden werden, daran anschließend sollte durch die Überführung der Industrie und der Banken in Gemeineigentum sowie durch ein staatliches Außenhandelsmonopol die ökonomische Herrschaft der Kapitalistenklasse gebrochen werden. Als politisches Instrument zur Verwirklichung dieser Aufgaben dienten Arbeiterräte, die Sowjets, die von den Bauern unterstützt werden sollten. Seit der faktischen Parteispaltung der russischen Sozialdemokratie im Jahre 1903 hielten die Menschewiki daran fest, dass zunächst die Bourgeoisie das Zarenregime stürzen und die Aufgaben der bürgerlichen Revolution zu Ende führen müsse.
>Sozialismus/Trotzki.
Brocker I 210
Permanente Revolution/Trotzki: Innerhalb [der] Entwicklung ergebe sich eine Wandlungsetappe der Gesellschaft aus der anderen. »Ausbrüche von Bürgerkriegen und äußeren Kriegen wechseln ab mit Perioden ›friedlicher‹ Reformen. Revolutionen der Wirtschaft, der Technik, der Wissenschaft, der Familie, der Sitten und Gebräuche entwickeln sich in komplizierten Wechselwirkungen und lassen die Gesellschaft nicht ins Gleichgewicht kommen. Darin besteht der permanente Charakter der sozialistischen Revolution als solcher«.(2) Dieser revolutionäre Prozess sprenge den nationalen Rahmen auch des größten Landes. Wie der Kapitalismus könne der Sozialismus nur als Weltsystem existieren, und die Theorie der permanenten Revolution gehe notwendig mit dem sozialistischen Internationalismus einher.
1.Leo Trotzki, »Ergebnisse und Perspektiven. Die treibenden Kräfte der Revolution« [1906], in: ders., Die permanente Revolution. Ergebnisse und Perspektiven, Essen 2016, 15-107.
2. Ebenda S. 133.
Mario Keßler, „Leo Trotzki, Die permanente Revolution (1930)“ in: Manfred Brocker (Hg.) Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert. Frankfurt/M. 2018.

PolTrotz I
Leo Trotzki
Unsere politischen Aufgaben
In
Schriften zur revolutionären Organisation, Hartmut Mehringer Reinbek 1970

Brocker I
Manfred Brocker
Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert Frankfurt/M. 2018
Staat Hobbes Höffe I 209
Staat/Rechtfertigung/Legitimation/Hobbes/Höffe: Hobbes rechtfertigt den Herrschaftscharakter des Staates mit dem
Höffe I 210
Gedanken des Gesellschaftsvertrages: dass sich eine Herrschaft nur von jedem Betroffenen her legitimiert. In seinem politischen Denken sucht er die zivilisatorisch-politische Hoffnung der Epoche, den Staat als Garanten des inneren Friedens, zu erfüllen. Als dessen innere Gestalt des Staates glaubt er eine absolute Souveränität rechtfertigen zu sollen. Problem: Eine weder auf Gewaltenteilung noch Grundrechte verpflichtete Staatsmacht kann jedoch weder argumentativ noch politisch überzeugen.
>Legitimität, >Gesellschaftsvertrag, >Recht, >Herrschaft.
VsHobbes: Folgerichtig ruft Hobbes bei seinen Zeitgenossen scharfe Kritik hervor.
Höffe I 212
Philosophen-Herrschaft: Der Philosoph Hobbes will zwar nicht selbst die Herrschaft übernehmen. Er erwartet aber vom Herrscher, dass dieser seine politischen Ansichten übernimmt. Problem: [Das] politisch hochambitionierte Vorhaben entpuppt sich (...) als ein grandioser Fehlschlag. Hobbes' erste politische Schrift, die Anfangsgründe, schüren vorhersehbar den Krieg. Denn sie schlägt sich, statt als
Höffe I 213
Philosophie über den Parteien zu stehen, auf die Seite der Krone und gegen das opponierende Parlament. Zusätzlich verteidigt Hobbes die anglikanische Staatskirche sowohl gegen die Katholiken als auch gegen die eine Staatskirche ablehnenden Protestanten. [Verantwortlich für das Scheitern] ist (...) eine «parteiliche» Diagnose, die die Ursachen des Bürgerkrieges nicht in
der Verletzung angestammter Rechte sieht. [Hobbes] geht nach Paris, wo er ab November 1640 elf Jahre im Exil verbringt. >Gesellschaftsvertrag/Hobbes, >Herrschaft/Hobbes.

Hobbes I
Thomas Hobbes
Leviathan: With selected variants from the Latin edition of 1668 Cambridge 1994
Verfassung Ackerman Gaus I 163
Verfassung/Ackerman/deliberative Demokratie/Bohman: Bürgerrechte können beispielsweise rechtlich so ausgelegt werden, dass sie eine Mindestschwelle und den fairen Wert der kommunikativen Freiheiten festlegen und garantieren. Sie können z.B. dahingehend ausgelegt werden, dass sie eine gerechtere Verteilung der Stimmrechte gewährleisten, was einen größeren Zugang zu repräsentativen Foren ermöglicht, oder sie können Regelungen der politischen Rede öffnen, um die Auswirkungen von Diskrepanzen bei der Wahlkampffinanzierung zu mindern. Das Entstehen neuer Normen oder die Neuinterpretation alter Normen kann eine Periode dessen erfordern, was Ackerman (1991(1)) als "Verfassungspolitik" innerhalb einer bestehenden Demokratie bezeichnet. Ackerman sieht die Verfassung somit als ein offenes diskursives Projekt, das an historischen Wendepunkten wie dem Wiederaufbau nach dem Bürgerkrieg und der Großen Depression Paradigmenwechseln unterworfen ist. Diese Veränderungen spiegeln "Diskursmomente" wider; nach Gamson (1992(2) ist dies: Teil I), in dem das Volk, die Gerichte oder die Exekutive auf historische Umstände reagieren, indem sie die Verfassung neu interpretieren und neu erschaffen. >Bürgerrechte/Diskurstheorien.

1. Ackerman, Bruce (1991) We the People, vol. I. Cambridge: Harvard University Press.
2. Gamson, William (1992) Talking Politics. Cambridge: Cambridge University Press.

Bohman, James 2004. „Discourse Theory“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004
Verfassung Levitsky Levitsky I 115
Verfassung/demokratie/Levitsky/Ziblatt: reichen verfassungsmäßige Sicherheitsvorkehrungen allein aus, um die Demokratie zu schützen? Wir meinen: nein. Selbst gut durchdachte Verfassungen versagen manchmal. Die Weimarer Reichsverfassung von 1919 war von einigen der besten Rechtsgelehrten des Landes verfasst worden. Nach Ansicht vieler genügte der in ihr festgeschriebene, traditionsreiche und hochgeachtete Rechtsstaat, um Machtmissbrauch zu verhindern. Aber sowohl die Verfassung als auch der Rechtsstaat brachen nach Hitlers Machtübernahme im Jahr 1933 rasch zusammen.(1)
Levitsky I 116
Lateinamerika: Viele der unabhängig gewordenen Republiken orientierten sich am Vorbild der Vereinigten Staaten und übernahmen das Präsidialsystem, das Zweikammerparlament und den Obersten Gerichtshof sowie in einigen Fällen auch das Wahlmännerkollegium und den bundesstaatlichen Aufbau des Landes. Manche gaben sich eine Verfassung, die nahezu eine Kopie derjenigen der USA waren.(2) Dennoch glitten fast alle der jungen Republiken in Bürgerkriege und Diktaturen ab. Levitsky/Ziblatt: Zunächst einmal sind Verfassungen stets unvollständig. Wie jedes Regelwerk enthalten sie zahlreiche Lücken und Zweideutigkeiten.
Levitsky I 118
Alle erfolgreichen Demokratien stützen sich auf informelle Regeln, die zwar nicht in der Verfassung festgeschrieben sind, aber weithin bekannt sind und beachtet werden.(3) Im Fall der amerikanischen Demokratie ist dies ein entscheidender Faktor.
1. Kenneth F. Ledford, »German Lawyers and the State in the Weimar Republic«, in: Law and History Review 13, Nr. 2 (1995), S. 317–349.
2. George Athan Billias, American Constitutionalism Heard Round the World, 1776–1989, New York 2009, S. 124–125; Zackary Elkins/Tom Ginsburg/James Melton, The Endurance of National Constitutions, New York 2009, S. 26.
3. Siehe Gretchen Helmke/Steven Levitsky (Hg.), Informal Institutions and Democracy. Lessons from Latin America, Baltimore 2006.
Wirtschaftliche Entwicklung Acemoglu Acemogu I 83
Wirtschaftliche Entwicklung/Acemoglu/Robinson: Politische und wirtschaftliche Institutionen, die letztlich die Wahl der Gesellschaft sind, können integrativ sein und wirtschaftliches Wachstum fördern. Oder sie können extraktiv sein und zu Hindernissen für das Wirtschaftswachstum werden. Nationen scheitern, wenn sie über extraktive Wirtschaftsinstitutionen verfügen, die von extraktiven politischen Institutionen unterstützt werden, die das Wirtschaftswachstum behindern oder sogar blockieren. Dies bedeutet jedoch, dass die Wahl der Institutionen - d.h. die Politik der Institutionen - von zentraler Bedeutung für unser Bemühen ist, die Gründe für den Erfolg und das Scheitern von Nationen zu verstehen. >Institutionen/Acemoglu, >Wohlstand/Acemoglu, >Politische Institutionen/Acemoglu.
Acemogu I 106
Die divergierenden Pfade der englischen, französischen und spanischen Gesellschaften im siebzehnten Jahrhundert veranschaulichen die Bedeutung des Zusammenspiels kleiner institutioneller Unterschiede mit kritischen Zeitpunkten. >Institutionen/Acemoglu. Während kritischer Verzweigungspunkte stört ein größeres Ereignis oder der Zusammenfluss von Faktoren das bestehende politische oder wirtschaftliche Machtgleichgewicht in einer Nation. Diese können nur ein einzelnes Land betreffen, wie z.B. der Tod des Vorsitzenden Mao Zedong 1976, der zunächst nur für das kommunistische China eine kritische Phase schuf.
Häufig betreffen kritische Verzweigungspunkte jedoch eine ganze Reihe von Gesellschaften, so wie z.B. die Kolonisierung und dann die Dekolonisierung den größten Teil der Welt betraf. Solche kritischen Punkte sind wichtig, weil es gewaltige Barrieren gegen allmähliche Verbesserungen gibt, die sich aus der Synergie zwischen extraktiven politischen und wirtschaftlichen Institutionen und der Unterstützung, die sie einander geben, ergeben.
Zur wirtschaftlichen Entwicklung siehe auch >Wirtschaftliches Wachstum/Acemoglu, >Technologie/Acemoglu, >Wirtschaftliche Institutionen/Acemoglu, >Politische Institutionen/Acemoglu.
Acemoglu I 109
Die stark divergierenden Muster der wirtschaftlichen Entwicklung auf der ganzen Welt hängen vom Zusammenspiel von kritischen Momenten und institutioneller Drift ab. Die bestehenden politischen und wirtschaftlichen Institutionen - manchmal durch einen langen Prozess der >institutionellen Drift geprägt und manchmal das Ergebnis divergierender Reaktionen auf frühere >kritische Verzweigungspunkte - bilden den Amboss, auf dem zukünftige Veränderungen geschmiedet werden. So waren z.B. der Schwarze Tod und die Ausweitung des Welthandels nach 1600 beides wichtige kritische Wendepunkte für die europäischen Mächte, die in Wechselwirkung mit den verschiedenen ursprünglichen Institutionen zu einer großen Divergenz führten.

Acemoglu I 272
Umgekehrte Entwicklung in den Entwicklungsländern: Z.B. Indien: Die Ostindische Kompanie plünderte lokale Reichtümer und übernahm, vielleicht sogar verstärkt, die Einrichtungen der Moghul-Herrscher Indiens zur Besteuerung der Rohstoffvorkommen. Diese Expansion fiel mit dem massiven Schrumpfen der indischen Textilindustrie zusammen, denn schließlich gab es in Großbritannien keinen Markt mehr für diese Waren. Die Verkleinerung ging einher mit der Enturbanisierung und der zunehmenden Armut. Sie leitete eine lange Periode umgekehrter Entwicklung in Indien ein. Bald schon kauften die Inder, anstatt Textilien zu produzieren, diese von Großbritannien und bauten Opium an, das die East India Company in China verkaufen konnte. >Entwicklungsländer/Acemoglu. Afrika: Der atlantische Sklavenhandel wiederholte das gleiche Muster in Afrika, auch wenn er von weniger entwickelten Bedingungen ausging als in Südostasien und Indien. Viele afrikanische Staaten wurden in Kriegsmaschinen verwandelt, die darauf abzielten, Sklaven zu fangen und an Europäer zu verkaufen.
Der südafrikanische Staat schuf eine duale Wirtschaft, die 80 Prozent der Bevölkerung daran hinderte, sich in qualifizierten Berufen, in der kommerziellen Landwirtschaft und im Unternehmertum zu betätigen. All dies erklärt nicht nur, warum die Industrialisierung an großen Teilen der Welt vorbeigegangen ist, sondern zeigt auch, wie die wirtschaftliche Entwicklung manchmal von der Unterentwicklung in einem anderen Teil der Binnen- oder Weltwirtschaft zehrt und diese sogar hervorruft.
Acemoglu I 282
Entwicklung in einzelnen Ländern: Australien hat, wie die Vereinigten Staaten, einen anderen Weg zu integrativen Institutionen eingeschlagen als England. ((s) Für "integrative Institutionen" siehe >Terminologie/Acemoglu) Dieselben Revolutionen, die England während des Bürgerkriegs und dann der Glorreichen Revolution erschütterten, waren in den Vereinigten Staaten oder Australien aufgrund der sehr unterschiedlichen Umstände, unter denen diese Länder gegründet wurden, nicht nötig - obwohl dies natürlich nicht bedeutet, dass inklusive Institutionen konfliktfrei geschaffen wurden und die Vereinigten Staaten dabei den britischen Kolonialismus abwerfen mussten. In England gab es eine lange Geschichte absolutistischer Herrschaft, die tief verwurzelt war und eine Revolution erforderte, um sie zu beseitigen. In den Vereinigten Staaten und Australien gab es so etwas nicht. Die in den Vereinigten Staaten und Australien geschaffenen integrativen Institutionen bedeuteten, dass sich die industrielle Revolution schnell auf diese Länder ausbreitete und sie reich werden ließ. Dem Weg, den diese Länder einschlugen, folgten Kolonien wie Kanada und Neuseeland.

Literatur: Die Vorstellung, dass die Entwicklung der reichen Länder des Westens das Spiegelbild der Unterentwicklung des Rests der Welt ist, wurde ursprünglich von Wallertsein (1974-2011)(1) entwickelt, obwohl er ganz andere Mechanismen als wir hervorhebt.

1. Wallerstein, Immanuel (1974–2011). The Modern World System. 4 Vol. New York: Academic Press.

Acemoglu II
James A. Acemoglu
James A. Robinson
Economic origins of dictatorship and democracy Cambridge 2006

Acemoglu I
James A. Acemoglu
James A. Robinson
Why nations fail. The origins of power, prosperity, and poverty New York 2012