Lexikon der Argumente


Philosophische Themen und wissenschaftliche Debatten
 
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Berlin, Isaiah Politische Theorien Gaus I 418
Berlin/Politische Philosophie/Weinstein: Das Gute ist für Isaiah Berlin bekanntlich pluralistisch (...). In seinem Fall schließt der Wertepluralismus jedoch eine Systematisierung der Gerechtigkeit aus, weil die Werte so eindeutig unvereinbar sind, was es schwierig macht, Berlins Liberalismus einzuordnen. >Liberalismus.
BarryVsBerlin: Berlin ist in letzter Zeit zu einer akademischen Industrie geworden, was Barry dazu veranlasst, Berlins literarischen Nachlassverwalter zu kritisieren, der jedes bisschen Triviales, das Berlin geschrieben hat, so veröffentlicht, als wäre es seriöse Philosophie (vgl. Barry, 2001(1): 7).
Freiheit: Berlins Ruf beruhte zunächst auf seiner Analyse von negativer versus positiver Freiheit, die seither viele Theorien überdeterminiert hat. Berlin verteidigt die negative Freiheit und verurteilt die positive Freiheit als historisch, wenn auch nicht logisch, antiliberal.
>Freiheit/Berlin, >Isaiah Berlin als Autor, >Freiheit.
Für Berlin geht das Problem auf Greens unglückliche Aneignung von Hegel zurück (für Berlins Fehlinterpretation von Green, siehe Simhony, 1991(2)). Aber Berlins Verteidigung der negativen Freiheit, und damit sein Liberalismus, ist insofern problematisch, als je mehr er klärt, was er mit negativer Freiheit meint,
Gaus I 419
desto mehr ähnelt die negative Freiheit der positiven Freiheit. In den ursprünglichen "Zwei Begriffen der Freiheit" von 1958 beispielsweise rekonzeptualisiert Berlin in einer vielbeachteten Fußnote die negative Freiheit. Frei zu sein bedeutet nicht einfach, Optionen zu haben und zu tun, was man will. Vielmehr scheint das Ausmaß meiner Freiheit davon abzuhängen...
(a) wie viele Möglichkeiten mir offen stehen,
(b) wie leicht oder schwer jede dieser Möglichkeiten zu verwirklichen ist,
(c) wie wichtig in meinem Lebensplan ... diese Möglichkeiten sind,
(d) inwieweit sie durch bewusste menschliche Handlungen geschlossen und geöffnet werden,
(e) welchen Wert nicht bloß der Handelnde, sondern die allgemeine Stimmung der Gesellschaft, in der er lebt, den verschiedenen Möglichkeiten beimißt. (Berlin, 1969(4): 130)
Frei zu sein bedeutet also auch, befähigt zu sein, erstrebenswerte Ziele zu verwirklichen. (Siehe aber Berlins 1969 erschienene Einleitung zu den Vier Aufsätzen über die Freiheit, wo er (b) und (e) auslässt).
Politikwissenschaft/Berlin: In "Politische Urteilskraft" behauptet Berlin unmissverständlich, dass es "keine Naturwissenschaft der Politik" oder "Naturwissenschaft der Ethik" gibt, sondern nur politische Urteilskraft (1996(5): 49, 52). Versuche, die erstere durch die letztere zu ersetzen, können allzu oft in einer Katastrophe enden, vor allem dort, wo Politikwissenschaft und Revolutionstheorie konvergieren. Solchem Theoretisieren mangelt es an "Realitätssinn", wenn man naiv annimmt, Politik sei wissenschaftlich verallgemeinerbar und daher vorhersehbar. Für Berlin ist eine solche wissenschaftliche Einbildung das unglücklichste Erbe der Aufklärung.
>Aufklärung.
Wir können einfach nicht alle wichtigen Konsequenzen der öffentlichen Politik vorhersehen. Gerechtigkeit, ob utilitaristisch, vertragstheoretisch oder sozialistisch, ist in der Praxis immer anfechtbar.
Gray hat kürzlich Berlin verteidigt, indem er zustimmte, dass Freiheit privilegiert werden sollte, weil sie uns erlaubt, unseren Weg zwischen inkommensurablen Werten zu "verhandeln". Negative Freiheit ist besonders wertvoll, weil sie die unvermeidliche radikale Wahl zwischen inkommensurablen Werten "erleichtert" (Gray, 1996(6): 143-4). Für Gray legt Berlins "historistische Wende" nahe, dass es "keine universelle Rechtfertigung für den Liberalismus geben kann und muss". Stattdessen sei Liberalismus "am besten als eine bestimmte Lebensform zu verstehen, die von Menschen mit einem bestimmten Selbstverständnis praktiziert wird und in der die Aktivität der freien Wahl zentral ist" (1996(6): 161).

1. Barry, Brian (2001) 'Isaiah, Israel and tribal realism'. Times Literary Supplement (London), 9 November: 7-8.
2. Simhony, Avital (1991) 'On forcing individuals to be free'. Political Studies, 49: 303-20.
3.Berlin 1958
4. Berlin, Isaiah (1969) Four Essays on Liberty. Oxford: Oxford University Press. 5. Berlin, Isaiah (1996) The Sense of Reality. New York: Farrar, Straus and Giroux.
6. Gray, John (1996) Isaiah Berlin. Princeton, NJ: Princeton University Press.

Weinstein, David 2004. „English Political Theory in the Nineteenth and Twentieth Century“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004
Neoliberalismus Sen Brocker I 886
Neoliberalismus/SenVsNeoliberalismus/SenVsBerlin, Sen: Theorien negativer Freiheit missverstehen, so Sen, dass es oft weniger auf die private Kontrolle über Handlungsräume ankommt als auf deren Ausgestaltung. >Freiheit, >Freiheit/Berlin, >I. Berlin.
Statt dessen: Freiheit manifestiert sich nicht bloß durch eine Wahl zwischen (vorgegebenen) Alternativen, sondern immer auch in der Wahl von (potentiell besseren) Alternativen und in der Suche nach ihnen. Deswegen schätzt Sen die Tradition der Theorien »positiver Freiheit«.(1)
In Sens Augen fällt daher die primär freiheitsrelevante Unterscheidung nicht quantitativ aus (als ein Plus oder Minus an
Brocker I 887
Staatsgewalt), sondern qualitativ: Es kommt darauf an, wie und wofür jene Gewalt eingesetzt wird. Erst sekundär zu diesen Erwägungen lässt sich plausibel deren quantitatives Maß erörtern. Allerdings koaliert Sen insofern also mit Verteidigern negativer Freiheit, als er wie diese jedwede Beglückungsdiktatur ablehnt, die Menschen Lebenschancen auf Kosten ihrer staatsbürgerlichen staatsbürgerlichen Freiheiten verspricht.

1. A.Sen, Rationality and Freedom, Cambridge, Mass./London 2002, S. 509

Claus Dierksmeier, „Amartya Sen, Ökonomie für den Menschen (1999)“ in: Manfred Brocker (Hg.) Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert. Frankfurt/M. 2018

EconSen I
Amartya Sen
Collective Choice and Social Welfare: Expanded Edition London 2017

Brocker I
Manfred Brocker
Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert Frankfurt/M. 2018