Lexikon der Argumente


Philosophische Themen und wissenschaftliche Debatten
 
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Begriff/
Autor/Ismus
Autor
Autor
Eintrag
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Literatur
Literatur
Hermeneutischer Zirkel Gadamer I 296
Hermeneutischer Zirkel/Gadamer: Wie setzt denn die hermeneutische Bemühung ein? Was folgt für das Verstehen aus der hermeneutischen Bedingung der Zugehörigkeit zu einer Tradition?
>Hermeneutik/Gadamer, >Tradition/Gadamer.
Wir erinnern uns hier der hermeneutischen Regel, dass man das Ganze aus dem Einzelnen und das Einzelne aus dem Ganzen verstehen müsse. Sie stammt aus der antiken Rhetorik und ist durch die
neuzeitliche Hermeneutik von der Redekunst auf die Kunst des Verstehens übertragen worden. Es ist ein zirkelhaftes Verhältnis, das hier wie dort vorliegt. Die Antizipation von Sinn, in der das Ganze gemeint ist, kommt dadurch zu explizitem Verständnis, dass die Teile, die sich vom Ganzen her
bestimmen, ihrerseits auch dieses Ganze bestimmen. Die Aufgabe ist, in konzentrischen Kreisen die
Einheit des verstandenen Sinnes zu erweitern. Einstimmung aller Einzelheiten zum Ganzen ist das jeweilige Kriterium für die Richtigkeit des Verstehens.
>Hermeneutischer Zirkel/Schleiermacher.

Gadamer I
Hans-Georg Gadamer
Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik 7. durchgesehene Auflage Tübingen 1960/2010

Gadamer II
H. G. Gadamer
Die Aktualität des Schönen: Kunst als Spiel, Symbol und Fest Stuttgart 1977
Hermeneutischer Zirkel Heidegger Gadamer I 270
Hermeneutischer Zirkel/Heidegger/Gadamer: Heidegger schreibt: »Der Zirkel darf nicht zu einem vitiosum, und sei es auch zu einem geduldeten, herabgezogen werden. In ihm verbirgt sich eine positive
Gadamer I 271
Möglichkeit ursprünglichsten Erkennens, die freilich in echter Weise nur dann ergriffen ist, wenn die Auslegung verstanden hat, dass ihre erste, ständige und letzte Aufgabe bleibt, sich jeweils Vorhabe, Vorsicht und Vorgriff nicht durch Einfälle und Volksbegriffe vorgeben zu lassen, sondern in deren Ausarbeitung aus den Sachen selbst her das wissenschaftliche Thema zu sichern.«(1) Gadamer: Was Heidegger hier sagt, ist zunächst nicht eine Forderung an die Praxis des Verstehens, sondern beschreibt die Vollzugsform des verstehenden Auslegens selbst. Heideggers hermeneutische Reflexion hat ihre Spitze nicht so sehr darin, nachzuweisen, das hier ein Zirkel vorliegt, als vielmehr darin, dass dieser Zirkel einen ontologisch positiven Sinn hat.
Verstehen/Gadamer: Wer einen Text verstehen will, vollzieht immer ein Entwerfen, er wirft sich
einen Sinn des Ganzen voraus, sobald sich ein erster Sinn im Text zeigt. Ein solcher zeigt sich wiederum nur, weil man den Text schon mit gewissen Erwartungen auf einen bestimmten Sinn hin liest. Im Ausarbeiten eines solchen Vorentwurfs, der freilich beständig von dem her revidiert wird, was sich bei weiterem Eindringen in den Sinn ergibt, besteht das Verstehen dessen, was dasteht.
Heidegger/Gadamer: Dass jede Revision des Vorentwurfs in der Möglichkeit steht, einen neuen Entwurf von Sinn voraus zu werfen, dass sich rivalisierende Entwürfe zur Ausarbeitung
Gadamer I 272
nebeneinander herbringen können, bis sich die Einheit des Sinnes eindeutiger festlegt; dass die Auslegung mit Vorbegriffen einsetzt, die durch angemessenere Begriffe ersetzt werden: eben dieses ständige Neu-Entwerfen, das die Sinnbewegung des Verstehens und Auslegens ausmacht, ist der Vorgang, den Heidegger beschreibt. Objektivität: Es gibt hier keine andere „Objektivität“ als die Bewährung, die eine Vormeinung durch ihre Ausarbeitung findet.
Methode: Man muss sich diese grundsätzliche Forderung als die Radikalisierung
eines Verfahrens denken, das wir in Wahrheit immer ausüben, wenn wir verstehen.
Gadamer I 298
Hermeneutischer Zirkel/Heidegger/Gadamer: Schleiermacher (...) gelingt es (...) den Einklang mit dem Objektivitätsideal der Naturwissenschaften herzustellen, aber nur dadurch, dass [er] darauf verzichte[t], die Konkretion des historischen Bewusstseins in der hermeneutischen Theorie zur Geltung zu bringen. >Hermeneutischer Zirkel/Schleiermacher, >Hermeneutik/Schleiermacher. HeideggerVsSchleiermacher/Gadamer: Heideggers Beschreibung und existenziale Begründung des hermeneutischen Zirkels bedeutet demgegenüber eine entscheidende Wendung.
[Schleiermachers Theorie gipfelte in der] Lehre von dem divinatorischen Akt, durch den man sich ganz in den Verfasser versetzt und von da aus alles Fremde und Befremdende des Textes
zur Auflösung bringt.
Heidegger: Demgegenüber beschreibt Heidegger den Zirkel so, dass das Verständnis des Textes von der vorgreifenden Bewegung des Vorverständnisses dauerhaft bestimmt bleibt. Der Zirkel von Ganzem und Teil wird im vollendeten Verstehen nicht zur Auflösung gebracht, sondern im Gegenteil am eigentlichsten vollzogen.
Ontologie/Methode: Der Zirkel ist also nicht formaler Natur. Er ist weder subjektiv noch objektiv, sondern beschreibt das Verstehen als das Ineinanderspiel der Bewegung der Überlieferung und der Bewegung des Interpreten. Die Antizipation von Sinn, die unser Verständnis eines Textes leitet, ist nicht eine Handlung der Subjektivität, sondern bestimmt sich aus der Gemeinsamkeit, die uns mit der Überlieferung verbindet. Diese Gemeinsamkeit aber ist in unserem Verhältnis zur Überlieferung in beständiger Bildung begriffen. Sie ist nicht einfach eine Voraussetzung, unter der wir schon immer stehen, sondern wir erstellen sie selbst, sofern wir verstehen, am Überlieferungsgeschehen teilhaben und es dadurch selber weiter bestimmen. Der Zirkel
Gadamer I 299
Verstehens ist also überhaupt nicht ein „methodischer“ Zirkel, sondern beschreibt ein ontologisches Strukturmoment des Verstehens. >Vollkommenheit/Gadamer.


1. Heidegger, Sein und Zeit, 312ff

Hei III
Martin Heidegger
Sein und Zeit Tübingen 1993

Gadamer I
Hans-Georg Gadamer
Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik 7. durchgesehene Auflage Tübingen 1960/2010

Gadamer II
H. G. Gadamer
Die Aktualität des Schönen: Kunst als Spiel, Symbol und Fest Stuttgart 1977
Hermeneutischer Zirkel Schleiermacher Gadamer I 193
Hermeneutischer Zirkel/Schleiermacher/Gadamer: Schleiermacher folgt Friedrich Ast und der gesamten hermeneutisch—rhetorischen Tradition, wenn er als einen wesentlichen Grundzug des Verstehens anerkennt, dass der Sinn des einzelnen sich immer nur aus dem Zusammenhang, mithin letztlich dem
Gadamer I 194
Ganzen ergibt. Dieser Satz gilt in selbstverständlicher Weise für das grammatische Verständnis jeden Satzes bis zu der Einordnung desselben in den Zusammenhang des Ganzen eines Literatur-Werkes ja, bis zum Ganzen der Literatur bzw. der betreffenden literarischen Gattung Schleiermacher wendet ihn nun aber auf das psychologische Verständnis an, das ein jedes Gedankengebilde als einen Lebensmoment im Totalzusammenhang dieses Menschen verstehen muss. Dabei war von jeher klar, dass logisch gesehen hier ein Zirkel vorliegt, sofern das Ganze, von dem aus das einzelne verstanden werden soll, ja nicht vor dem einzelnen gegeben ist - es sei denn in der Weise eines dogmatischen Kanons (wie ihn das katholische und wie wir sahen, in gewissem Grade
auch das reformatorische Schriftverständnjs leitet), oder eines ihm analogen Vorbegriffs vom Geiste einer Zeit (wie Ast den Geist des Altertums in der Weise der Ahndung voraussetzt).
Lösung: Schleiermacher aber erklärt, dass solche dogmatische Leitfäden keine vorgängige Geltung beanspruchen können und daher nur relative Beschränkungen des Zirkels sind. Grundsätzlich gesehen ist Verstehen immer ein Sichbewegen in solchem Kreise, weshalb die wiederholte Rückkehr von dem Ganzen zu den Teilen und umgekehrt wesentlich ist. Dazu kommt, dass dieser Kreis sich ständig erweitert, indem der Begriff des Ganzen ein relativer ist und die Einordnung in immer größere Zusammenhänge immer auch das Verständnis des einzelnen berührt.

Gadamer I 296
Hermeneutischer Zirkel/Schleiermacher/Gadamer: [Schleiermacher hat den] hermeneutischen Zirkel von Teil und Ganzem sowohl nach seiner objektiven wie nach seiner subjektiven Seite hin differenziert. Wie das einzelne Wort in den Zusammenhang des Satzes, so gehört der einzelne Text in den Zusammenhang des Werkes seines Schriftstellers und dieses in das Ganze der betreffenden literarischen Gattung bzw. der Literatur.
Auf der anderen Seite gehört aber der gleiche Text als Manifestation eins schöpferischen Augenblicks in das Ganze des Seelenlebens seines Autors. Jeweils erst in solchem Ganzem objektiver und subjektiver Art kann sich Verstehen vollenden.
Dilthey: Im Anschluss an diese Theorie spricht dann Dilthey von „Struktur“ und von der „Zentrierung in einem Mittelpunkt“, aus der sich das Verständnis des Ganzen ergibt. Er überträgt damit auf die geschichtliche Welt, was von jeher ein Grundsatz
Gadamer I 297
aller Interpretation von Texten ist: dass man einen Text aus sich selbst verstehen muss. GadamerVsSchleiermacher: Es fragt sich aber, ob die Zirkelbewegung des Verstehens so angemessen verstanden ist. Hier ist auf das Ergebnis unserer Analyse der Schleiermacherschen Hermeneutik zurückzugreifen. (>Hermeneutik/Schleiermacher).
Was Schleiermacher als subjektive Interpretation entwickelt hat, darf wohl ganz beiseite gesetzt werden.
1. GadamerVsSchleiermacher: Wenn wir einen Text zu verstehen suchen, versetzen wir uns nicht in die seelische Verfassung des Autors, sondern wenn man schon von Sichversetzen sprechen will, so versetzen wir uns in die Perspektive, unter der der andere seine Meinung gewonnen hat. Das heißt aber nichts anderes, als dass wir das sachliche Recht dessen, was der andere sagt, gelten zu lassen suchen. Wir werden sogar, wenn wir verstehen wollen, seine Argumente noch zu verstärken trachten.
2. GadamerVsSchleiermacher: (...) auch die objektive Seite dieses Zirkels, wie sie Schleiermacher
beschreibt, trifft nicht den Kern der Sache (..): Das Ziel aller Verständigung und alles Verstehens ist das Einverständnis in der Sache. So hat die Hermeneutik von jeher die Aufgabe, ausbleibendes oder gestörtes Einverständnis herzustellen. Die Geschichte der Hermeneutik kann das
bestätigen, wenn man z. B. an Augustin denkt, wo das Alte Testament mit der christlichen Botschaft vermittelt werden soll(1), oder an den frühen Protestantismus, dem das gleiche Problem gestellt war(2) oder endlich an das Zeitalter der Aufklärung, wo es freilich einem Verzicht auf Einverständnis nahe kommt, wenn der "vollkommene Verstand" eines Textes nur auf dem Wege historischer Interpretation erreicht werden soll. Es ist nun etwas qualitativ Neues, wenn die Romantik und Schleiermacher ein geschichtliches Bewusstsein von universalem Umfang begründen, indem sie die verbindliche Gestalt der Tradition, aus der sie kommen und in der sie stehen, nicht mehr als feste Grundlage für alle hermeneutische Bemühung gelten lassen.
Gadamer I 298
Schleiermacher (...) gelingt es (...) den Einklang mit dem Objektivitätsideal der Naturwissenschaften herzustellen, aber nur dadurch, dass [er] darauf verzichte[t], die Konkretion des historischen Bewusstseins in der hermeneutischen Theorie zur Geltung zu bringen. HeideggerVsSchleiermacher/Gadamer: Heideggers Beschreibung und existenziale Begründung des hermeneutischen Zirkels bedeutet demgegenüber eine entscheidende Wendung. >Hermeneutischer Zirkel/Heidegger.

1. Vgl. dazu G. Ripanti, Agostino teoretico del' interpretazione. Brescia 1980
2. Vgl. M. Flacius; Clavis Scripturae sacrae seu de Sermone sacrarum literarum, lib.II, 1676

Gadamer I
Hans-Georg Gadamer
Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik 7. durchgesehene Auflage Tübingen 1960/2010

Gadamer II
H. G. Gadamer
Die Aktualität des Schönen: Kunst als Spiel, Symbol und Fest Stuttgart 1977

Der gesuchte Begriff oder Autor findet sich in folgenden Thesen von Autoren angrenzender Fachgebiete:
Begriff/
Autor/Ismus
Autor
Eintrag
Literatur
Sprache/Denken Brentano, F. Chisholm II 217
Sprache/Denken/Brentano: These: Die Untersuchung der Sprache ist der Untersuchung des Denkens untergeordnet. Die Sprache ist es, die von unseren Einsichten über das Denken beurteilt wird.
II 253
Wissenschaft/Sprache/Brentano/Hedwig: These: Wir denken zwar mit Kopernikus, sprechen jedoch mit Ptolemäus. Bsp Das Aufgehen der Sonne.
II 263
Sprache/Denken/Brentano: Frage: Ob Worte durch Worte zu erklären sind (> hermeneutischer Zirkel). These: Weder die Klärung von Äquivokationen noch das Ziel sprachlicher Präzision ist durch die Sprache selbst zu erreichen. "Sondern in Erklärungen der Gegenstände selbst, die sich zum Vergleich bieten und einen gemeinsamen allgemeinen Begriff erfassen lassen, wird die Grundlage für das Verständnis aller Reden gewonnen".

Chisholm I
R. Chisholm
Die erste Person Frankfurt 1992

Chisholm II
Roderick Chisholm

In
Philosophische Aufsäze zu Ehren von Roderick M. Ch, Marian David/Leopold Stubenberg Amsterdam 1986

Chisholm III
Roderick M. Chisholm
Erkenntnistheorie Graz 2004