Begriff/ Autor/Ismus |
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Marxismus | Habermas | III 216 Marxismus/Habermas: Hegel ist auf dem Wege einer unkritischen Aneignung des dialektischen Begriffsapparates wirksam geworden; in die Grundbegriffe der Kritik der Politischen Ökonomie ist die Einheit von theoretischer und praktischer Vernunft so eingebaut, dass die normativen Grundlagen der Marxschen Theorie III 217 bis heute verdunkelt worden sind. >Reine Vernunft, >Praktische Vernunft, >Ethik, >Erkenntnistheorie, >G.W.F. Hegel. Diese Unklarheit ist im Marxismus teils umgangen, teils verdeckt, aber nicht eigentlich ausgeräumt worden: umgangen durch die Aufspaltung der Marxschen Gesellschaftstheorie in Sozialforschung und ethischen Sozialismus (M. Adler); und verdeckt sowohl durch eine orthodoxe Bindung an Hegel (Lukács, Korsch) wie durch eine Assimilation an die stärker naturalistischen Entwicklungstheorien des 19. Jahrhunderts (Engels, Kautsky). Diese Theorien bilden die Brücke, über die zunächst die geschichtsphilosophisch behandelte Rationalisierungsthematik auf die Soziologie übergegangen ist. (1) >Soziologie. IV 222 Lebenswelt/Marxismus/Habermas: Die marxistische Kritik der bürgerlichen Gesellschaft setzt an den Produktionsverhältnissen an, weil sie die Rationalisierung der Lebenswelt akzeptiert, aber die Verformungen der rationalisierten Lebenswelt aus Bedingungen der materiellen Reproduktion erklären will. >Lebenswelt/Habermas. Dieser Ansatz verlangt eine Theorie, die auf einer breiteren grundbegrifflichen Basis als der der „Lebenswelt“ operiert. Sie darf die Lebenswelt weder mit der Gesellschaft im Ganzen identifizieren, noch darf sie sie auf systemische Zusammenhänge reduzieren. >Gesellschaft, >Systeme, >Systemtheorie. IV 399 Marxismus/VsKapitalismus/Habermas: Ausgangspunkt der gesamten Kapitalismuskritik war die Frage, ob die Umstellung vorbürgerlich normativ organisierter Arbeitsbeziehungen auf das Medium Geld, ob also die Monetarisierung der Arbeitskraft IV 400 einen Eingriff in Lebensverhältnisse und Interaktionsbereiche bedeutet, die selber nicht medienförmig integriert sind und auch nicht schmerzlos, d. h. ohne sozialpathologische Auswirkungen, von Strukturen verständigungsorientierten Handelns abgehängt werden können. >Geld/Habermas, Geld/Parsons. IV 504 Marxismus/HabermasVsMarxismus/Habermas: Der Marxsche Ansatz fordert eine ökonomistisch verkürzte Interpretation der entwickelten kapitalistischen Gesellschaften. Für diese hat Marx mit Recht einen evolutionären Primat der Wirtschaft behauptet. Dieser Primat darf aber nicht dazu verleiten, das komplementäre Verhältnis von Ökonomie und Staatsapparat auf eine triviale Überbau-Basis-Vorstellung zuzuschneiden. Lösung/Habermas: Im Unterschied zum Monismus der Werttheorie müssen wir mit zwei Steuerungsmedien und vier Kanälen rechnen, über die zwei einander ergänzende Subsysteme die Lebenswelt ihren Imperativen unterwerfen. Verdinglichungseffekte können sich gleichermaßen aus der Bürokratisierung und der Monetarisierung von öffentlichen wie von privaten Lebensbereichen ergeben. IV 505 Der ökonomistische Ansatz versagt angesichts der Pazifizierung des Klassenkonflikts und des langfristigen Erfolges, den der Reformismus in den europäischen Ländern seit dem zweiten Weltkrieg im Zeichen einer im weiteren Sinne sozialdemokratischen Programmatik errungen hat. >Interventionismus/Habermas. 1. J. Habermas Zur Rekonstruktion des Historischen Materialismus, Frankfurt, 1976. |
Ha I J. Habermas Der philosophische Diskurs der Moderne Frankfurt 1988 Ha III Jürgen Habermas Theorie des kommunikativen Handelns Bd. I Frankfurt/M. 1981 Ha IV Jürgen Habermas Theorie des kommunikativen Handelns Bd. II Frankfurt/M. 1981 |
Sprache | Flusser | I 129 Sprache/Flusser: Erst nach der obigen Analyse (siehe Texte/Flusser, Vorstellung/Flusser, Code/Flusser) leuchtet ein, dass die gesprochene Sprache nicht die Bedeutung von alphabetischen Texten ist, sondern sie ist der Code, mit dessen Hilfe alphabetische Texte Bilder bedeuten. Bsp Abb I 107 dazu gesprochene Sprache: "zwei Menschen und ein Hund gehen mittags spazieren. Daraus geht hervor, dass die gesprochene Sprache für den alphabetischen Text einen "Prä-Text" bildet. >Sprechen, >Schrift. Daraus zwei Schlüsse: 1. Das Besprechen von Bildern ist eine ganz andere Kommunikationsform als ihr Beschreiben. 2. Das Verhältnis zwischen dem alphabetischen und dem sprachlichen Code ist viel komplizierter, als man gemeinhin glaubt. Vgl. >Medien. Der Abgrund zwischen Text und Bild wird übersprungen indem man "begrifflich" zu denken beginnt. >Begriffe/Flusser. Für Kant gähnt der Abgrund dort wo er die "reine Vernunft" der "praktischen Vernunft" entgegensetzt. >Reine Vernunft, >Praktische Vernunft. I 130 "Lesen" kommt von "klauben"; Imagination kommt von "Betasten", sie ist ein Komponieren. Konzeption dagegen ist ein Zerstückeln ("Rationalisieren"). >Synthese, >Analyse, >Rationalität, >Rationalismus. |
Fl I V. Flusser Kommunikologie Mannheim 1996 |
Vernunft | Dilthey | Gadamer I 223 Vernunft/Dilthey/Gadamer: [Dilthey hatte die Absicht], Kants Kritik der reinen Vernunft durch eine Kritik der historischen Vernunft zu ergänzen. Schon diese Aufgabenstellung zeigt die Abkehr vom spekulativen Idealismus. Sie stellt eine Analogie auf, die ganz wörtlich zu verstehen ist. Dilthey will sagen: Die historische Vernunft bedarf genau so einer Rechtfertigung wie die reine Vernunft. Das epochemachende Ergebnis der Kritik der reinen Vernunft war nicht nur, dass die Metaphysik als reine Vernunftwissenschaft von Welt, Seele und Gott zerstört wurde, sondern dass zugleich ein Bereich aufgewiesen wurde, innerhalb dessen der Gebrauch apriorischer Begriffe gerechtfertigt ist und Erkenntnis ermöglicht. Gadamer: Diese Kritik der reinen Vernunft zerstörte nicht nur die Träume eines Geistersehers, sie beantwortete zugleich die Frage, wie reine Naturwissenschaft möglich ist. Nun hatte inzwischen der spekulative Idealismus die Welt der Geschichte in die Selbstexplikation der Vernunft mit hinein genommen und überdies, insbesondere durch Hegel, gerade auf historischem Gebiet geniale Leistungen vollbracht. Damit war der Anspruch der reinen Vernunftwissenschaft prinzipiell auf die Gadamer I 224 geschichtliche Erkenntnis ausgedehnt worden. Sie war ein Teil der Enzyklopädie des Geistes. Aber in den Augen der historischen Schule war die spekulative Geschichtsphilosophie ein ebenso krasser Dogmatismus, wie es die rationale Metaphysik gewesen war. Vgl. >Kant/Gadamer, >Erkenntnistheorie/Gadamer. Gadamer I 225 Hegel: Indem Hegel die Vernunft in allem, sogar in der Geschichte lehrte, war er der letzte und universalste Vertreter der antiken Logos-Philosophie gewesen. Problem: Jetzt sah man sich angesichts der Kritik an der apriorischen Geschichtsphilosophie erneut in den Bannkreis der kantischen Kritik geschlagen, deren Problem sich nun auch für die geschichtliche Welt stellte, nachdem der Anspruch einer reinen Vernunftkonstruktion der Weltgeschichte zurückgewiesen und die geschichtliche Erkenntnis ebenfalls auf Erfahrung beschränkt war. Wenn die Geschichte so wenig wie die Natur als eine Erscheinungsweise des Geistes gedacht wird, dann ist es ebenso ein Problem, auf welche Weise der menschliche Geist die Geschichte erkennen soll, wie die Naturerkenntnis durch die Konstruktionen der mathematischen Methode für ihn ein Problem geworden war. Dilthey: So musste Dilthey neben Kants Antwort auf die Frage, wie reine Naturwissenschaft möglich sei, eine Antwort auf die Frage suchen, wie die geschichtliche Erfahrung zur Wissenschaft zu werden vermag. In klarer Analogie zu der kantischen Frage fragte er daher nach den Kategorien der geschichtlichen Welt, die die Geisteswissenschaften zu tragen vermöchten. Er vergisst nicht, dass Erfahrung hier etwas grundsätzlich anderes ist als im Bereich der Naturerkenntnis. Neukantianismus: Die kategoriale Analyse [des] “Gegenstandes der Erkenntnis” war in den Augen des Neukantianismus die positive Leistung der Transzendentalphilosophie gewesen(1). DiltheyVsNeukantianismus: [Dilthey] empfand den neukantianischen Kritizismus selber als dogmatisch, und er hatte damit ebenso recht, wie wenn er den englischen Empirismus dogmatisch nannte. Denn was den Aufbau der geschichtlichen Welt trägt, sind nicht aus der Erfahrung genommene Tatsachen, die dann unter einen Wertbezug treten, vielmehr ist ihre Basis die innere Geschichtlichkeit , die der Erfahrung selbst eignet. Sie ist ein lebensgeschichtlicher Vorgang und hat ihren Modellfall nicht im Feststellen von Tatsachen, sondern Gadamer I 226 in jener eigentümlichen Verschmelzung von Erinnerung und Erwartung zu einem Ganzen, die wir Erfahrung nennen und die man erwirbt, indem man Erfahrungen macht. So ist es insbesondere das Leiden und die Belehrung, die durch die schmerzhafte Erfahrung der Wirklichkeit dem zur Einsicht Reifenden bereitet wird, was die Erkenntnisweise der geschichtlichen Wissenschaften präformiert. Sie denken nur weiter, was in der Lebenserfahrung schon gedacht wird. 1. Vgl. H. Rickerts gleichnamiges Buch: Der Gegenstand der Erkenntnis. Freiburg 1892. |
Dilth I W. Dilthey Gesammelte Schriften, Bd.1, Einleitung in die Geisteswissenschaften Göttingen 1990 Gadamer I Hans-Georg Gadamer Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik 7. durchgesehene Auflage Tübingen 1960/2010 Gadamer II H. G. Gadamer Die Aktualität des Schönen: Kunst als Spiel, Symbol und Fest Stuttgart 1977 |
Zivilisation | Habermas | III 216 Marxismus/Habermas: Hegel ist auf dem Wege einer unkritischen Aneignung des dialektischen Begriffsapparates wirksam geworden; in die Grundbegriffe der Kritik der Politischen Ökonomie ist die Einheit von theoretischer und praktischer Vernunft so eingebaut, dass die normativen Grundlagen der Marxschen Theorie III 217 bis heute verdunkelt worden sind. >Reine Vernunft, >Praktische Vernunft, >Marxismus, >G.W.F. Hegel. Diese Unklarheit ist im Marxismus teils umgangen, teils verdeckt, aber nicht eigentlich ausgeräumt worden: umgangen durch die Aufspaltung der Marxschen Gesellschaftstheorie in Sozialforschung und ethischen Sozialismus (M. Adler); und verdeckt sowohl durch eine orthodoxe Bindung an Hegel (Lukács, Korsch) wie durch eine Assimilation an die stärker naturalistischen Entwicklungstheorien des 19. Jahrhunderts (Engels, Kautsky). Diese Theorien bilden die Brücke, über die zunächst die geschichtsphilosophisch behandelte Rationalisierungsthematik auf die Soziologie übergegangen ist.(1) >Soziologie, >G. Lukács. 1.J. Habermas Zur Rekonstruktion des Historischen Materialismus, Frankfurt, 1976. |
Ha I J. Habermas Der philosophische Diskurs der Moderne Frankfurt 1988 Ha III Jürgen Habermas Theorie des kommunikativen Handelns Bd. I Frankfurt/M. 1981 Ha IV Jürgen Habermas Theorie des kommunikativen Handelns Bd. II Frankfurt/M. 1981 |
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