Lexikon der Argumente


Philosophische Themen und wissenschaftliche Debatten
 
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Evolution Vollmer I 51
Evolutionäre Erkenntnistheorie/EE/Vollmer: In der Evolution der Wissenschaft gibt es keine "Mutationen", weil es bei wissenschaftlichen Theorien keine "Nachkommen" gibt. - Evolutionäre Erkenntnistheorie ist nur sinnvoll, soweit subjektive Erkenntnisstrukturen vererbt werden. - Die Evolutionäre Erkenntnistheorie hat nicht den Wahrheitsbegriff des Pragmatismus - sie wird durch Erfolg nicht bewiesen. >Erfolg, >Pragmatismus, >Beweise, >Beweisbarkeit.
I 75
Erfolg/Vollmer: beweist nur, dass die Hypothese nicht ganz falsch war. >Hypothesen.
I 217
VsEvolutionstheorie/VsDarwinismus: Beide seien zirkulär. >Zirkularität.
VollmerVsVs: Das ist falsch: "Fitness" kann ohne Rückgriff auf "Überleben" definiert werden.
>Überleben, >Fitness.
I 260
Fitness wird nicht nach dem Überleben des Individuums bestimmt, sondern durch Fortpflanzungserfolg, mehr Nahrung, mehr Wohnraum, mehr Partner, mehr Nachkommen usw..
I 264
Entropie/Evolution/Leben/Vollmer: entgegen einer verbreiteten Meinung ist Entropie nicht immer ein Maß für Unordnung. >Entropie.
Unter speziellen Bedingungen (niedrige Gesamtenergie und Existenz anhaltender Wechselwirkungen oder Einschluss durch äußere Kräfte) schließt die Zunahme der Entropie sogar eine Zunahme von Ordnung und Struktur ein - somit widerspricht der Zweite Hauptsatz nicht der Entstehung von Lebewesen.
>Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik, >Leben, >Energie, >Ordnung.
I 279
Anpassung/Selektion/VsEvolutionäre Erkenntnistheorie: Selektion ist keine Falsifikation. - Das Urauge wird durch das Adlerauge nicht falsifiziert. - Richtiges Abbilden spielt keine Rolle. Eine Übertragen der Selektionstheorie auf kognitive Fähigkeiten kann nur gelingen, wenn es objektive Wahrheit gibt und wenn Erkenntnis nützlicher ist als Irrtum (Simmel, 1895).
VollmerVsVs: Das ist kein Argument VsEvolution, egal wer sich wem anpasst - Koadaption.
I 298
Evolution/Erfolg/Vollmer: Die Richtigkeit von Erfahrung kann nicht aus evolutionärem Erfolg geschlossen werden. - Sonst ergibt sich der naturalistische Fehlschluss. - Verwechslung von Fakten mit Normen. >Naturalistischer Fehlschluss, >Normen, >Tatsachen.

II 190
Evolution/Zeitrichtung/Vollmer: Wegen der kosmischen Expansion sind keine zwei Momente der Evolution identisch. >Zeitpfeil.

Vollmer I
G. Vollmer
Was können wir wissen? Bd. I Die Natur der Erkenntnis. Beiträge zur Evolutionären Erkenntnistheorie Stuttgart 1988

Vollmer II
G. Vollmer
Was können wir wissen? Bd II Die Erkenntnis der Natur. Beiträge zur modernen Naturphilosophie Stuttgart 1988
Information Wiener II 83
Information/Sprache/Wiener: Es ist theoretisch möglich, die Statistik der semantischen und Verhaltenssprache so zu entwickeln, dass wir ein gutes Maß des Informationsbetrags in jedem System erhalten. >Sprache, >Bedeutung, >Semantik, >Sprachverhalten.
Jedenfalls können wir ganz allgemein zeigen, dass phonetische Sprache im Verhältnis zur Eingabe weniger
II 84
Gesamtinformation enthält oder auf jeden Fall nicht mehr als das zum Ohr führende Übermittlungssystem und dass semantische und Verhaltenssprache noch weniger Information enthalten. Diese Tatsache ist eine Form des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik und gilt nur, wenn wir bei jeder Stufe die übertragene Information als Maximalinformation betrachten, die mit einem entsprechend verschlüsselten Empfangssystem übertragen werden könnte. >Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik.
II 121
Das Eigentumsrecht an Information leidet an dem notwendigen Nachteil, dass eine Information, die zum allgemeinen Informationsstand der Gemeinschaft beitragen soll, etwas vom vorherigen allgemeinen Informationsbesitz der Gemeinschaft wesentlich Verschiedenes aussagen muss. >Innovation, >Mitteilung, >Kommunikation.
II 122
Der Gedanke, dass Information in einer sich ändernden Welt ohne merkbare Minderung ihres Wertes gestapelt werden kann, ist falsch. >Veränderung, >Wissen.
II 123
Information ist eben mehr eine dynamische als eine Angelegenheit der Stapelung.
II 124
Der Zeitfaktor ist in alle Beurteilungen des Informationswertes wesentlich.

Brockman I 155
Information/Wiener/Kaiser: [Wiener borgte sich Shannons Einsicht]: Wenn Information wie Entropie war, dann konnte sie nicht konserviert oder eingedämmt werden. >Information/Shannon, >Entropie.
Fazit/Wiener: Es war Wahnsinn, dass die Militärführer versuchten, das "wissenschaftliche Know-how der Nation in statischen Bibliotheken und Laboren" zu sammeln.(1)
Brockman I 156
Da "Information und Entropie nicht konserviert werden", sind sie "ebenso ungeeignet, Waren zu sein"(2).
Brockman I 157
KaiserVsWiener: Was Wiener im Sinn hatte, war nicht das, was Shannon mit "Information" meinte. Wieners Umgang mit "Information" klang 1869 eher wie Matthew Arnold(3) als Claude Shannon 1948 - mehr "Körper und Geist" als "Bit". >Körper, >Geist.
Brockman I 158
In vielerlei Hinsicht hat sich Wieners Ansicht als richtig erwiesen. Seine Vision von vernetzten Rückkopplungsschleifen, die durch Machine-to-Machine-Kommunikation gesteuert werden, ist zu einem alltäglichen Bestandteil des Lebens geworden. >Maschinenlernen, >Mensch-Maschine-Kommunikation, >Roboter, >Künstliche Intelligenz.

1. Wiener, N. (1950) The Human Use of Human Beings. Boston: Houghton Mifflin.
2. ibid.
3. Matthew Arnold, Culture and Anarchy, ed. Jane Garnett (Oxford, UK: Oxford University
Press, 2006).

Kaiser, David “”information” for Wiener, for Shannon, and for Us” in: Brockman, John (ed.) 2019. Twenty-Five Ways of Looking at AI. New York: Penguin Press.


Brockman I 179
Information/Wiener/Hillis: "Information ist eine Bezeichnung für den Inhalt dessen, was mit der Außenwelt ausgetauscht wird, während wir uns an sie anpassen und sie
Brockman I 179
unsere Anpassung spüren lassen." Mit seinen Worten ist Information das, was wir benutzen, um "effektiv in dieser Umgebung zu leben."(1) Für Wiener ist Information ein Weg für die Schwachen, effektiv mit den Starken umzugehen. >Außenwelt, >Innenwelt, >Verhalten, >Anpassung, >Nischen.

1. Wiener, N. (1950) The Human Use of Human Beings. Boston: Houghton Mifflin. 17-18.

Hillis, D. W. “The First Machine Intelligences” in: Brockman, John (ed.) 2019. Twenty-Five Ways of Looking at AI. New York: Penguin Press.

WienerN I
Norbert Wiener
Cybernetics, Second Edition: or the Control and Communication in the Animal and the Machine Cambridge, MA 1965

WienerN II
N. Wiener
Mensch und Menschmaschine Frankfurt/M. 1952

Brockman I
John Brockman
Possible Minds: Twenty-Five Ways of Looking at AI New York 2019
Kybernetik Wiener II 13
Kybernetik/Wiener: Hier geht es um Maschinen für den Nachrichtenverkehr, von denen einige die unheimliche Fähigkeit erkennen lassen, menschliches Verhalten nachzuahmen und dadurch möglicherweise das Vorhandensein gewaltiger Möglichkeiten aufzeigen, den Menschen in solchen Fällen zu ersetzen, in denen er verhältnismäßig langsam und unvollkommen reagiert so stehen wir vor der Notwendigkeit, die Kräfte dieser Maschinen, soweit sie den Menschen angehen, und die Folgerungen aus dieser neuen und grundlegenden technischen Revolution zu erörtern. >Maschinenlernen, >Künstliche Intelligenz, >Künstliches Bewusstsein, >Mensch-Maschine-Kommunikation.
II 20
In der Kybernetik geht es um Nachrichten und insbesondere Regelungsnachrichten. >Feedback, >Kommunikation.
II 26
These: Die Arbeitsweisen des lebenden Individuums und die einiger neuerer Kommunikationsmaschinen verlaufen völlig parallel. Bei beiden, dem Lebewesen und der Maschine, dient die Informationsverarbeitung dazu, auf die Außenwelt zu wirken. >Informationsverarbeitung.
In beiden wird die auf die Außenwelt ausgeübte und nicht nur die beabsichtigte Tätigkeit zurückgemeldet zum zentralen Regulationsapparat.
II 81
Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik/Kybernetik: Die kybernetische Form des Zweiten Hauptsatzes lautet, dass Information verloren, aber nicht gewonnen werden kann. >Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik.

WienerN I
Norbert Wiener
Cybernetics, Second Edition: or the Control and Communication in the Animal and the Machine Cambridge, MA 1965

WienerN II
N. Wiener
Mensch und Menschmaschine Frankfurt/M. 1952
Leben Mayr I 21
Leben/Mayr: Leben ist in Wirklichkeit bloß der zum Ding gemachte Vorgang des Lebendseins (im Gegensatz zum Tod) und existiert nicht als selbständige Entität! Man kann sogar versuchen zu erklären, dass das Lebendsein als Vorgang das Produkt von Molekülen sein kann, die ihrerseits unbelebt sind.
Leben: Was dagegen "Leben" sei, ist seit dem 16. Jahrhundert heftig umstritten. Ein Lager behauptete stets, dass sich lebende Organismen nicht wirklich von unbelebter Materie unterscheiden: die Physikalisten.
Vitalisten: lebende Organismen besitzen Eigenschaften, die der unbelebten Materie fehlen, weshalb man biologische Theorien und Konzepte nicht auf die Gesetze der Physik und Chemie reduzieren könne.
>Physikalismus, >Vitalismus.
Heute ist deutlich, dass beide Lager in gewisser Weise Recht und Unrecht hatten.
Heute: "Organizismus": Der Organizismus vereint das brauchbarste aus beiden und verwirft die Extreme.
I 46
Leben/Mayr: Leben lässt sich prinzipiell im Labor synthetisieren. Es handelt sich um prinzipiell offene Systeme, daher dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik unterworfen. Vgl. >St. Kauffman, >Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik.
I 349
Def Leben/Mayr: Aktivitäten selbstgebildeter Systeme, die von einem genetischen Programm gesteuert werden. >Selbstorganisation.
Def Leben/Rensch(1): Lebewesen sind hierarchisch geordnete, offene Systeme, von vorwiegend organischen Verbindungen, die normalerweise als umgrenzte, zellig strukturierte Individuen von zeitlich begrenzter Konstanz in Erscheinung treten.
Def Leben/Sattler 1986(2): offenes System, das sich selbst repliziert und reguliert, Individualität zeigt, und sich von Energie aus der Umwelt ernährt.
MayrVs: Alle diese Definitionen enthalten Überflüssiges und gehen nicht auf das genetische Programm ein, das vielleicht das wichtigste ist. Sie sind mehr Beschreibung als Definition.


1. R. Sattler (1986). Biophilosophy. Berlin: Springer. S. 228.
2. B. Rensch (1968). Biophilosophie. Stuttgart: G. Fischer. S. 54.

Mayr I
Ernst Mayr
Das ist Biologie Heidelberg 1998
Universum Teilhard de Chardin Kanitscheider II 177
Teilhard de Chardin/Kanitscheider: Vorläufer der Prozesstheologie. These: Immanenz Gottes in einer unvollständigen und immer sich weiter entwickelnden Welt. Omegapunkt. Teilhard unterscheidet zwei Energiearten, "tangential" (physikalisch), "radial" (geistig).
Die geistige Energie wird mit der Evolution immer dichter und konzentrierter, was sich in der Entstehung intelligenter Lebewesen ausprägt.
Am Ende beherrscht die radiale die tangentiale Energie.
>Energie, >Prozess-Philosophie.
KanitscheiderVsTeilhard de Chardin: Verdoppelungstechnik! Die Motivation zu seiner Theorie liegt in der zu seiner Zeit üblichen Überzeugung, dass der Zweite Hauptsatz das Wachstum von Komplexität verbiete.
>Komplexität, >Entropie, >Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik.
Lösung: Selbstorganisation ermöglicht, dass mit dem evolutionären Wachstum komplexer Systeme nur die Information zunimmt, was der Thermodynamik nicht widerspricht.
>Selbstorganisation.
II 178
Kanitscheider: Der substantielle Vergeistigungsvorgang ist inkompatibel mit dem heutigen Verständnis von Komplexitätswachstum.

Teilhard I
Pierre Teilhard de Chardin
The Phenomenon of Man New York 1976

Kanitsch I
B. Kanitscheider
Kosmologie Stuttgart 1991

Kanitsch II
B. Kanitscheider
Im Innern der Natur Darmstadt 1996