Begriff/ Autor/Ismus |
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Literatur |
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Geschichte | Vico | Gadamer I 226 Geschichte/Natur/Vico/Gadamer: Vico [hat] im Gegenschlag zu dem cartesianischen Zweifel und der durch ihn begründeten Gewissheit mathematischer Erkenntnis der Natur den erkenntnistheoretischen Primat der von den Menschen gemachten Welt der Geschichte behauptet (…). Gadamer I 231 Dilthey: Der alte Vorzug, den schon Vico den geschichtlichen Gegenständen zusprach, begründet nach Dilthey die Universalität, mit der das Verstehen sich der geschichtlichen Welt bemächtigt. Gadamer: Die Frage ist jedoch, ob auf dieser Basis der Übergang vom psychologischen zum hermeneutischen Standpunkt wirklich gelingt oder ob sich Dilthey dabei in Problemzusammenhänge verstrickt, die ihn in eine ungewollte und uneingestandene Nähe zum spekulativen Idealismus bringen. Gadamer I 235 GadamerVsVico: Ist Vicos oft genannte Formel [von der “erkenntnistheoretischen Erleichterung”] (…) überhaupt richtig? Überträgt sie nicht eine Erfahrung des menschlichen Kunstgeistes auf die geschichtliche Welt, in der man von „Machen“ d. h. von Planen und Ausführen angesichts des Laufs der Dinge überhaupt nicht reden kann? Wo soll hier die erkenntnistheoretische Erleichterung herkommen? Ist es nicht in Wahrheit eine Erschwerung? Muss nicht die geschichtliche Bedingtheit des Bewusstseins eine unüberwindliche Schranke dafür darstellen, dass es sich in geschichtlichem Wissen vollendet? Gadamer I 378 Historismus/Gadamer: Es ist die Verführung des Historismus, in [einer] Reduktion die Tugend der Wissenschaftlichkeit zu sehen und im Verstehen eine Art von Rekonstruktion zu erblicken, die die Entstehung des Textes gleichsam wiederholt, Er folgt damit dem uns aus der Naturerkenntnis Gadamer I 379 bekannten Erkenntnisideal, wonach wir einen Vorgang erst dann verstehen, wenn wir ihn künstlich herbeiführen können. GadamervsVico: der Satz von Vico ist [fragwürdig], demzufolge dieses Ideal seine reinste Erfüllung in der Geschichte findet, weil dort der Mensch seiner eigenen menschlich-geschichtlichen Wirklichkeit begegne. Wir haben dagegen betont, dass ein jeder Historiker und Philologe mit der grundsätzlichen Unabschließbarkeit des Sinnhorizontes rechnen muss. >Horizont/Gadamer, >Erfahrung/Gadamer. |
Vico I Giambattista Vico Prinzipien einer neuen Wissenschaft über die gemeinsame Natur der Völker Hamburg 2009 Gadamer I Hans-Georg Gadamer Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik 7. durchgesehene Auflage Tübingen 1960/2010 Gadamer II H. G. Gadamer Die Aktualität des Schönen: Kunst als Spiel, Symbol und Fest Stuttgart 1977 |
Texte | Gadamer | I 363 Text/Überlieferung/Kommunikation/Gadamer: Die hermeneutische Erfahrung hat es mit der Überlieferung zu tun. Sie ist es, die zur Erfahrung kommen soll. Überlieferung ist aber nicht einfach ein Geschehen, das man durch Erfahrung erkennt und beherrschen lernt, son- I 364 dern sie ist Sprache, d. h. sie spricht von sich aus so wie ein Du. Ein Du ist nicht Gegenstand, sondern verhält sich zu einem. Das ist nicht so misszuverstehen, als würde in der Überlieferung das, was da zur Erfahrung kommt, als die Meinung eines anderen, der ein Du ist, verstanden. Wir halten vielmehr fest, dass Verstehen von Überlieferung den überlieferten Text nicht als die Lebensäußerung eines Du versteht, sondern als einen Sinngehalt, der von aller Bindung an die Meinenden, an Ich und Du, abgelöst ist. Gleichwohl muss das Verhalten zum Du und der Sinn von Erfahrung, der dort statthat, der Analyse der hermeneutischen Erfahrung dienen können. Denn ein echter Kommunikationspartner, mit dem wir ebenso zusammengehören wie das Ich mit dem Du, ist auch die Überlieferung. I 376 Text/Gadamer: Collingwood These: In Wahrheit kann man einen Text nur verstehen, wenn man die Frage verstanden hat, auf die er eine Antwort ist. Man wird die geschichtlichen Ereignisse nur verstehen, wenn man die Frage rekonstruiert, auf die das geschichtliche Handeln der Person jeweils die Antwort war. >Geschichte/Collingwood, >Frage/Antwort/Collingwood. I 378 GadamerVsCollingwood: Der Gebrauch, den Collingwood von der Logik von Frage und Antwort für die hermeneutische Theorie macht, wird (...) durch [die] Extrapolation [auf das Ganze der Geschichte] zweideutig. Unser Verständnis schriftlicher Überlieferung als solches ist nicht von der Art, dass wir die Übereinstimmung zwischen dem Sinn, den wir in ihr erkennen, und dem Sinn, den ihr Urheber dabei im Auge hatte, einfach voraussetzen können. Wie das Geschehen der Geschichte im allgemeinen keine Übereinstimmung mit den subjektiven Vorstellungen dessen zeigt, der in der Geschichte steht und handelt, so reichen auch im allgemeinen die Sinntendenzen eines Textes weit über das hinaus, was der Urheber desselben im Sinne hatte. Die Aufgabe des Verstehens geht in erster Linie auf den Sinn des Textes selbst. Vgl. >GadamerVsVico. Verstehen/Gadamer: Es liegt in der geschichtlichen Endlichkeit unseres Daseins, dass wir uns dessen bewusst sind, dass nach uns andere immer anders verstehen werden. GadamerVsCollingwood: Die hermeneutische Reduktion auf die Meinung des Urhebers ist ebenso unangemessen wie bei geschichtlichen Ereignissen die Reduktion auf die Absicht der Handelnden. Vgl. >Plan/Collingwood. I 396 Text/Gadamer: Text will nicht als Lebensausdruck verstanden werden, sondern in dem, was er sagt. Schriftlichkeit ist die abstrakte Idealität der Sprache. Der Sinn einer schriftlichen Aufzeichnung ist daher grundsätzlich identifizierbar und wiederholbar. Das in der Wiederholung Identische allein ist es, das in der schriftlichen Aufzeichnung wirklich niedergelegt war. Damit ist zugleich klar, dass Wiederholen hier nicht im strengen Sinne gemeint sein kann. Es meint nicht die Zurückbeziehung auf ein ursprünglich Erstes, in dem etwas gesagt oder geschrieben ist, als solches. Lesendes Verstehen ist nicht ein Wiederholen von etwas Vergangenem, sondern Teilhabe an einem gegenwärtigen Sinn. >Schrift/Gadamer, >Literatur/Gadamer. |
Gadamer I Hans-Georg Gadamer Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik 7. durchgesehene Auflage Tübingen 1960/2010 Gadamer II H. G. Gadamer Die Aktualität des Schönen: Kunst als Spiel, Symbol und Fest Stuttgart 1977 |