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Naturzustand: In der Philosophie ist der Naturzustand ein hypothetischer Zustand, in dem die Menschen ohne Regierung oder soziale Ordnung leben. Er wird häufig als Ausgangspunkt für Überlegungen über die Ursprünge der Gesellschaft und die Rolle der Regierung verwendet. Siehe auch Staat, Regierung, Gesellschaft, Gemeinschaft._____________Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente. | |||
Autor | Begriff | Zusammenfassung/Zitate | Quellen |
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Thomas Hobbes über Naturzustand – Lexikon der Argumente
Höffe I 216 Naturzustand/Hobbes/Höffe: In dem für den ersten, anthropologischen Teil zentralen Kapitel 13 des Leviathan stellt Hobbes unter dem Titel des Naturzustandes eine seitdem berühmte Überlegung auf. Sie hat den methodischen Status eines Gedankenexperiments. Höffe I 217 Mit dem Naturzustand skizziert Hobbes keine geschichtlich oder vorschichtliche Phase der Menschheit. Vielmehr untersucht er das Konfliktpotenzial, das einem Zusammenleben vernunftbegabter Sinneswesen innewohnt, sofern unter ihnen keine verbindlichen Regeln und keine öffentlichen Gewalten herrschen. HobbesVsAristoteles: Im radikalen Gegensatz zu der von Aristoteles ausgehenden Bestimmung des Menschen als eines von Natur aus politischen Wesens wird der Staat (...) nicht durch Natur, sondern durch Kunst (art) geschaffen. „Homo homini lupus“: Hobbes' Antwort auf seine neuartige Frage ist als Formel sprichwörtlich geworden: «Der Mensch ist des Menschen Wolf» (homo homini lupus: Vom Bürger, Widmung). Die Formel stammt freilich aus der vorchristlichen Antike und wird in der Generation vor Hobbes schon von Bacon zitiert. (s.u. „Der Mensch ist dem Menschen ein Gott“). Naturzustand: Weil nun mangels einer Staatsgewalt, wie das Gedankenexperiment voraussetzt, die Mitstreiter in voller Freiheit agieren, werden sie im Fall, dass sie um dieselben Mittel streiten, zu Gegnern: Die Menschen haben voreinander Angst. [Diese hat] (...) drei Ursachen. 1) Konkurrenz, 2) Misstrauen, 3) Ruhmsucht. Bürgerkrieg: Erstaunlicherweise fehlt hier die für die Bürgerkriege mitentscheidende Ursache, der Streit über die religiöse Wahrheit. Denn dieser Streit fällt nicht unter eine der drei genannten Konfliktursachen: Am Seelenheil orientiert, entspringt er weder der Gewinnsucht noch dem Sicherheitsinteresse oder der Ruhmsucht. Höffe I 219 Positive Leidenschaften/Hobbes: Höffe: Glücklicherweise herrschen im Naturzustand außer den drei Konfliktursachen noch weitere Leidenschaften. Wer sie wie viele Interpreten unterschlägt, nimmt nicht nur eine erhebliche Kürzung vor, da er nur die erste Hälfte von Hobbes' Naturzustand berücksichtigt. Er versteht auch nicht, wie der Naturzustand überwunden werden kann. Hobbes beruft sich auf drei den Frieden suchende Motivationskräfte: auf die Todesfurcht, das Verlangen nach Dingen, die es zu einem angenehmen Leben braucht, und die Hoffnung, sie durch eigene Anstrengung zu erreichen (ebd.). >Frieden/Hobbes. Das im Naturzustand herrschende Recht auf alles erweist sich bei näherer Betrachtung als ein Recht auf nichts. Weil dieser Einsicht für sich genommen jede Antriebskraft fehlt, braucht sie einen anderen, sowohl energetischen als auch zielgerichteten Faktor, eben die drei friedensförderlichen Leidenschaften. >Herrschaft/Hobbes. Herrscher: Wegen [seiner] Allgewalt nennt ihn Hobbes einen Gott, Höffe I 221 wegen seiner Vergänglichkeit aber nur «sterblichen» Gott. Ihn einzurichten, behauptet er, gebietet das aufgeklärte Selbstinteresse, die >Vernunft im Sinne von Lebensklugheit. „Der Mensch ist dem Mensch ein Gott“: In diesem Zusammenhang führt Hobbes - was viele Interpreten unterschlagen - die Konkurrenzformel zur Wolfs-Formel ein. Auch sie stammt aus der Antike und wird ebenfalls schon von Bacon zitiert: «der Mensch ist dem Menschen ein Gott» (homo homini deus), so heißt es schon in der Widmung der Schrift Vom Bürger. - - - Danto III 229 Naturzustand/Hobbes/Danto: Laut Hobbes gab es im Naturzustand kein Anzeichen von Zivilisation und die Geschichte (story) des bloßen Lebens müsste eine monotone Wiederholung von Prügeleien und Vergewaltigungen sein: Wenn es eine Geschichte ans sich (history) gegeben hat, dann ist sie der Religion zu verdanken, und laut Nietzsche damit auch dem „Geist, der von den Ohnmächtigen (Danto: den Priestern) her in sie gekommen ist. (F. Nietzsche(1)). Sinn/Leben/Nietzsche/Danto: Von hier aus lässt sich die Bedeutung der Religion erst richtig abschätzen: „Es hatte der Mensch, das Tier Mensch bisher keinen Sinn. Sein Dasein auf Erden enthielt kein Ziel; Er wusste sich selbst nicht zu rechtfertigen, zu erklären, zu bejahen.“(2). 1. F. Nietzsche Jenseits von Gut und Böse, VI. 2, S 281. 2. Ebenda S. 429._____________ Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der ArgumenteDer Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente. |
Hobbes I Thomas Hobbes Leviathan: With selected variants from the Latin edition of 1668 Cambridge 1994 Höffe I Otfried Höffe Geschichte des politischen Denkens München 2016 Danto I A. C. Danto Wege zur Welt München 1999 Danto III Arthur C. Danto Nietzsche als Philosoph München 1998 Danto VII A. C. Danto The Philosophical Disenfranchisement of Art (Columbia Classics in Philosophy) New York 2005 |