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Experimentelle Ökonomik: Die experimentelle Wirtschaftswissenschaft ist eine Forschungsmethode, bei der kontrollierte Experimente eingesetzt werden, um wirtschaftliches Verhalten, Entscheidungsfindung und Marktdynamik zu untersuchen. Sie nutzt menschliche Probanden, um reale Szenarien zu simulieren und Hypothesen und Theorien zu testen, um individuelle und kollektive wirtschaftliche Entscheidungen zu verstehen. Siehe auch Vernon L. Smith, Experimente, Methode, Wirtschaftstheorien, Entscheidungsprozesse, Entscheidungstheorie.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Wirtschaftstheorien über Experimentelle Ökonomik - Lexikon der Argumente

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Experimentelle Ökonomik/Wirtschaftstheorien/Sullivan/Holt: [Es gibt] eine immer häufigere Interaktion zwischen zwei Literaturrichtungen: experimentelle Ökonomik und Recht und Wirtschaft (engl. law and economics). In vielerlei Hinsicht entwickelten sich diese Literaturen als Geschwister während der berauschenden Periode der Wirtschaftsforschung in den 1960er und frühen 1970er Jahren. Etwa zur gleichen Zeit, als Ronald Coase (1960)(1), Guido Calabresi (1961)(2) und Gary Becker (1968)(3) die bahnbrechenden Arbeiten der modernen Law-and-Economics-Bewegung verfassten, wurde die experimentelle Wirtschaftsliteratur durch Vernon Smiths (1962)(12) experimentelle Herausforderung der etablierten Vorstellung, dass Theorien des effizienten, perfekten Wettbewerbs nur in idealisierten Situationen mit einer großen Anzahl gut informierter Händler relevant seien, beschleunigt.
Vernon Smith: Smiths Ansatz zur Untersuchung des Marktgleichgewichts bestand darin, einen Markt für ein künstliches Gut zu schaffen. Anpassungen des experimentellen Ansatzes an andere Gegebenheiten folgten schnell und flossen schließlich in die ebenfalls expandierende Literatur zu "Law and Economics" ein. >Experimentelle Ökonomik/Vernon Smith
, >Law and Economics/Sullivan/Holt.
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Methodik: (... ) die Planung und Durchführung von kontrollierten Experimenten ist so grundlegend für die wissenschaftliche Untersuchung wie nichts anderes.
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Eine weitere intuitive Verwendung von Experimenten ist Teil einer ergebnisoffenen Suche nach praktischen Lösungen für ein neuartiges Problem. Dies ist häufig bei Experimenten der Fall, die für technische Anwendungen entwickelt wurden. Wirtschaftswissenschaftler verwenden Experimente in ähnlicher Weise wie Physiker oder Ingenieure.
Voraussetzungen/Hypothesen: Ökonomische Theorien basieren typischerweise auf starken Annahmen über Rationalität und Voraussicht und werden auf der Basis von Eleganz, Schärfe der Vorhersage und Übereinstimmung mit der grundlegenden Intuition bewertet.
Idealisierung/Kontext: Merkmale des Kontexts, zwischenmenschliche Unstimmigkeiten und institutionelle Details werden häufig weggelassen, um eine größere Nachvollziehbarkeit und Allgemeinheit zu erreichen.
Experimente: Die resultierenden Theorien schreien nach experimentellen Tests, bei denen Unterschiede in individuellen Persönlichkeitsmerkmalen und Neigungen, Einschränkungen in der Aufmerksamkeit und Voraussicht und andere Details, die zu kompliziert sind, um sie formal zu messen oder zu modellieren, durch zufällige Zuordnung und andere experimentelle Kontrollen berücksichtigt werden können.
Beispiel: Betrachten Sie die Frage, ob eine Obergrenze für Schadensersatz die Häufigkeit von Schadensersatzklagen reduziert.*
Randomisierung: Mittels Randomisierung oder sorgfältiger Auswahlalgorithmen könnten die Mitglieder der Gesellschaft in zwei identische (oder zumindest nahezu identische) Gruppen aufgeteilt werden: Eine Gruppe würde unter den Haftungsregeln des Status quo bleiben, während die andere einer Schadensbegrenzung unterworfen würde. Ohne dass sich sonst etwas ändert, würde der Forscher
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Daten für ein paar Monate sammeln und dann die Raten von Schadensersatzklagen in den beiden Gruppen vergleichen, um zu sehen, welchen kausalen Effekt die Obergrenze für Schadensersatz auf das Ergebnis von Interesse hatte.
Vergleich/Kontrolle: Der Forscher nutzt die Kontrolle über die experimentelle Umgebung, um eine Behandlung nur auf eine von zwei ansonsten identischen Gruppen von Probanden anzuwenden. Die Versuchspersonen interagieren dann gemäß ihren normalen Eigeninteressen, aber die Personen in der Behandlungsgruppe handeln nach etwas anderen Regeln als die in der Kontrollgruppe. Der Experimentator misst das beobachtete Verhalten sowohl in der Behandlungs- als auch in der Kontrollgruppe, und jeder Unterschied im Verhalten spiegelt den kausalen Behandlungseffekt von Interesse wider.**
Experimente ohne Kontrollgruppe: (...) ökonomische Experimente werden manchmal einfach dazu entworfen, um zu messen und zu dokumentieren, wie sich Probanden in einer bestimmten Marktstruktur oder einem bestimmten Anreizumfeld verhalten, ohne Bezug auf eine Kontrollgruppe. Beispiele hierfür sind Experimente, die die Effizienz einer Auktionsstruktur testen, wie z. B. ein innovativer Vorschlag, der es erlaubt, Gebote für Kombinationen von Frequenzlizenzen in einer Weise abzugeben, die Firmen davor schützt, zu viel für Teile eines fragmentierten Netzes zu bezahlen.***
Variationen: (...) ökonomische Experimente können auch so strukturiert werden, dass sie eine Reihe von Behandlungseffekten berücksichtigen. Ein Beispiel ist eine experimentelle Untersuchung der Gleichgewichtspreisbildung in einem Oligopol für homogene Güter, wenn die Anzahl der Produzenten von fünf auf vier, drei oder zwei sinkt (z. B. Huck, Normann und Oechssler, 2004(10); Dufwenberg und Gneezy, 2000(11)). In jedem Fall ist der konzeptionelle Rahmen des ökonomischen Experiments derselbe wie der von Experimenten in jedem anderen Wissenschaftsbereich. >Induced Value Theory/Wirtschaftstheorien.
Experimente/Methoden: Siehe >Experimente/Experimentelle Ökonomik, >Außergerichtliche Einigung/Experimentelle Ökonomik.

* Für ökonomische Experimente zur Auswirkung von Schadensersatzobergrenzen auf die Vergleichsrate siehe Babcock und Pogarsky (1999)(4) und Pogarsky und Babcock (2001)(5).

** Für breite Übersichten über verschiedene experimentelle Designs in den Wirtschaftswissenschaften, siehe Davis und Holt (1993)(6), Kagel und Roth (1995)(7) und Holt (2007)(8). Für einen praktischen Ansatz zur Versuchsplanung für Wirtschaftswissenschaftler siehe Friedman und Sunder (1994)(8).

*** Siehe Goeree und Holt (2010)(9) für eine Reihe von Experimenten, die von der U.S. Federal Communications Commission verwendet wurden, um eine große Auktion für Frequenzlizenzen für die Bereitstellung von drahtlosen Kommunikationsdiensten in einem geografischen Netzwerk zu entwerfen und durchzuführen. Selbst diese Arbeit hatte jedoch eine Kontrollbehandlung ohne Paketgebotsmöglichkeiten, die Probleme aufzeigte, die entstehen könnten, wenn Bieter keine "Alles-oder-Nichts"-Gebote für Kombinationen von Lizenzen abgeben dürfen.

1. Coase, R. H. (1960). “The Problem of Social Cost.” Journal of Law and Economics 3: 1–44.
2. Calabresi, G. (1961). “Some Thoughts on Risk Distributions and the Law of Torts.” Yale Law Journal 70(4): 499–553.
3. Becker, G. S. (1968). “Crime and Punishment: An Economic Approach.” Journal of Political Economy 76(2): 169–217.
4. Babcock, L. and G. Pogarsky (1999). “Damage Caps and Settlement: a Behavioral Approach.” Journal of Legal Studies 28(2): 341–370.
5. Pogarsky, G. and L. Babcock (2001). “Damage Caps, Motivated Anchoring, and Bargaining Impasse.” Journal of Legal Studies 30(1): 143–159.
6. Davis, D. D. and C. A. Holt (1993). Experimental Economics. Princeton, NJ: Princeton University Press.
7. Kagel, J. H. and A. E. Roth, eds. (1995). Handbook of Experimental Economics. Princeton, NJ: Princeton University Press.
7. Holt, C. A. (2007). Markets, Games, & Strategic Behavior. Boston, MA: Pearson Education, Inc.
8. Friedman, D. and S. Sunder (1994). Experimental Methods: A Primer for Economists. New York: Cambridge University Press.
9. Goeree, J. K. and C. A. Holt (2010). “Hierarchical Package Bidding: A Paper & Pencil Combinatorial Auction.” Games and Economic Behavior 70: 146–169.
10. Huck, S., H.-T. Normann, and J. Oechssler (2004). “Two Are Few and Four Are Many: Number Effects in Experimental Oligopolies.” Journal of Economic Behavior & Organization 53(4): 435–446.
11.Dufwenberg, M. and U. Gneezy (2000). “Price Competition and Market Concentration: An Experimental Study.” International Journal of Industrial Organization 18: 7–22.
12.Smith, V. L. (1962). “An Experimental Study of Competitive Market Behavior.” Journal of Political Economy 70(2): 111–137.



Sullivan, Sean P. and Charles A. Holt. „Experimental Economics and the Law“ In: Parisi, Francesco (Hrsg.) (2017). The Oxford Handbook of Law and Economics. Bd. 1: Methodology and Concepts. NY: Oxford University Press.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Wirtschaftstheorien

Parisi I
Francesco Parisi (Ed)
The Oxford Handbook of Law and Economics: Volume 1: Methodology and Concepts New York 2017

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